Walter Scheuch lehnt sich an das Küchenfenster seines Hauses in Frauenfeld. Sein Blick schweift über das nahe Industriequartier, wo in Kürze 45 neue Wohnungen entstehen sollen. «Es wird alles überbaut, was noch Bauland ist», sagt er und deutet auf die Baustelle, die sich bis an die Grenze seines Landes erstreckt. Der Druck auf die Landwirtschaft ist hier greifbar – nicht nur durch die steigenden Anforderungen an die Produktion und den sich wandelnden Markt, sondern – an Orten wie Frauenfeld – eben auch durch die Überbauung.
An zwei Standorten
Walter Scheuch führt seinen Betrieb von Frauenfeld aus, doch seine Wurzeln liegen in Pfyn, das rund 10 km entfernt liegt. Hier bewirtschaftet er ebenfalls Flächen, sodass der Betrieb auf insgesamt 30 Hektaren verteilt ist. In Frauenfeld und Pfyn wachsen Mais, Bohnen, Zuckerrüben, Weizen und Kartoffeln – alles jeweils auf Schlägen mit je 5 ha Fläche. Dazu kommen zusätzlich Ökoflächen und als Vorkultur Kunstwiese und Gründüngungen. Die Böden sind unterschiedlich: Während die Flächen in Frauenfeld tiefgründig seien und vom Betrieb weg in Richtung Thur immer sandiger würden, seien die Böden in Pfyn am Seerücken eher flachgründig, erklärt Scheuch.
Seine Frau Ursula wuchs auf dem Betrieb in Frauenfeld auf. Walter selbst stammt aus Pfyn. Seit ihrer Heirat bewirtschaften sie beide Standorte gemeinsam. Mehrere Versuche, auf andere Betriebe auszuweichen oder umzusiedeln, scheiterten. Und trotzdem gelingt die Arbeitsteilung heute gut – das auch mithilfe von Kooperationen.
Klares Nein zum Stallbau
Gemolken wird auf dem Betrieb schon länger nicht mehr. «Wir hätten bauen sollen», sagt Walter Scheuch. Sehr rasch einmal sei klar gewesen: «Nein, einen neuen Stall bauen wir nicht mehr. Wir haben auch gespürt, dass das Interesse der Kinder nicht da war.» Der Umstand, dass ein sehr grosser Teil der Flächen ackerfähig ist, half, diesen Entscheid zu tragen. «Mir liegt der Ackerbau – ich mache das lieber als zu melken», sagt Scheuch und lacht. «Wenn ich der absolute ‹Kuhbauer› gewesen wäre, dann hätten wir sicher auf Milch gesetzt.»
Eine wichtige Stütze des Ackerbaubetriebs ist die Maschinenkooperation Zumako, die vor Jahren ursprünglich für den Anbau von Zuckerrüben ins Leben gerufen wurde. «Wir besitzen nur wenige eigene Maschinen», sagt Walter Scheuch. Die Gemeinschaft ermöglicht es den Mitgliedern, grosse Geräte gemeinsam zu nutzen und Neuanschaffungen effizient zu planen. «Wir haben sogar eine Trennung der Kooperation vornehmen müssen, weil sie so gross geworden ist», erklärt er. Diese Struktur entstand, als die Mehrwertsteuerregelungen Änderungen erforderlich machten.
Neben dem Maschinenpark organisiert die Zumako auch den gemeinsamen Einkauf von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, um grössere Mengenrabatte zu erhalten. «Das spart uns viel Geld und Zeit», sagt Scheuch. Solche Gemeinschaften sind für ihn ein essenzieller Bestandteil moderner Landwirtschaft.
«Die Krautfäule hatten wir gut im Griff.»
Walter Scheuch, Ackerbauer im Kanton Thurgau.
Schwieriges Kartoffeljahr
Die letzten zwei Jahre waren besonders für den Kartoffelbau schwierig. Walter Scheuch baut sowohl Speisekartoffeln für den Hofverkauf sowie Industriekartoffeln, und davon hauptsächlich Chipssorten, an. «2024 waren Saat und Ernte aufgrund der Wetterverhältnisse derart spät, dass wir die Folienkartoffeln besser nicht mehr gedeckt hätten», erinnert er sich und blättert am Küchentisch in seinem Ackerbautagebuch. Bereits der Start war holprig: «Die Folienkartoffeln wurden Anfang April gesetzt, die restlichen Kartoffeln erst im Mai – deutlich später als üblich.»
Eine Hangparzelle in Pfyn, die keine festen Fahrgassen hat, brachte noch zusätzliche Probleme. «Von drei Hektaren hatten rund 80 Aren viel zu nass», berichtet der Landwirt. Die restlichen Flächen hätten sich das ganze Jahr über nicht erholt. Wo es jedoch gelang, die Felder zu bewirtschaften, war die Qualität der Ernte gut. «Die Krautfäule hatten wir trotz schwieriger Bedingungen gut im Griff», sagt er. Die Erträge blieben jedoch uneinheitlich: Bei den Folienkartoffeln erntete er ca. 300 Kilogramm pro Are, auf den andern Flächen 250–400 Kilogramm, abhängig von den Bedingungen auf den einzelnen Parzellen.
Früher baute Scheuch auch Spinat vor Bohnen an, doch das konnte man mit der Zeit nicht mehr. Sollte es noch zu Neuerungen kommen auf seinem Acker, dann fasst er den Anbau von Sonnenblumen ins Auge. «Das könnte ich mir sehr gut vorstellen.»
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Gegen Digiflux
Der Ackerbauer setzt auf detaillierte Dokumentation, um die Übersicht zu behalten. Seit fünf Jahren führt er seine Aufzeichnungen digital. «Das erleichtert die Arbeit enorm», betont er. Die elektronischen Programme erlauben ihm, Flächen spezifisch und Spritz- sowie Düngemittel präzise zu erfassen. «Die Mittel sind schon hinterlegt, Wartefristen werden automatisch angezeigt – das spart viel Zeit und reduziert Fehler», erklärt er. Als Vorstandsmitglied von IP-Suisse möchte er möglichst bald auf den Feldkalender der Labelorganisation (Smartfarm) umsatteln.
Obwohl Walter Scheuch die Digitalisierung schätzt, ist er nicht mit allen Neuerungen einverstanden. Ein Reizthema scheint das Programm Digiflux. «Ich war dagegen», gibt er offen zu. Die Vorschriften, insbesondere beim Einsatz von Düngemitteln, empfindet er oft als realitätsfremd. «Man muss die Kulturen an die Realität anpassen können», fordert er.
Dennoch sieht Scheuch auch die Vorteile der neuen Systeme. «Die Programme helfen bei der Planung und Dokumentation», sagt er. Abdriftpunkte und Abschwemmungspunkte könnten damit besser berücksichtigt werden, ist er sicher. «Das ist eine Wissenschaft für sich, und da sind die Programme tatsächlich eine Unterstützung.»
Sektorengesteuert via GPS
Im alten Anbindestall, wo 17 Kühe Platz fanden, steht eine gezogene Spritze, sektorengesteuert via GPS. Sie ist seit sechs Jahren im Einsatz. Angehängt am Traktor, braucht sie die halbe Länge der ehemaligen Tenne. «Wenn ich nach Pfyn fahren würde mit einer aufgesattelten Spritze, dann hätte ich nicht selten überladen – zudem ist die Pflegebereifung mit den aufgesattelten Spitzen bei solchen Strecken sehr rasch heruntergefahren», ergänzt er. Die grosse Spritze sei vermutlich die letzte Investition in den Maschinenpark gewesen, meint er.
Gefragt nach der Zukunft des Betriebs, sagt Walter Scheuch nüchtern: «Der Hof ist ein Auslaufmodell. Keines unserer drei Kinder will im Moment den Hof übernehmen.» Auch wenn der Betrieb nicht mehr in der Familie Scheuch weitergeführt wird, bleibt das Land um Frauenfeld wertvollster Boden – ein Gebiet, das mit seinem Ackerbau massgeblich zur Ernährungssicherheit der Schweiz beiträgt und dessen Erhalt angesichts wachsender Überbauung von zentraler Bedeutung ist.
Betriebsspiegel
Name: Walter Scheuch
Ort: Frauenfeld und Pfyn TG
Ackerfläche: 30 ha
Kulturen: Mais, Bohnen, Zuckerrüben, Weizen, Kartoffeln und Kunstwiese
Viehbestand: viehlos
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