Nüssler, Nüsslisalat, Rapunzelsalat, Feldsalat, Vogerlsalat oder Ackersalat – der klassische Wintersalat hat viele Namen. Auf dem Gemüsebaubetrieb «Les Bottés Toqués» unweit von Yverdon VD, wo er im grossen Stil angebaut wird, heisst er allerdings «Rampon». Die Übersetzungssoftware der Journalistin übersetzt die welsche Bezeichnung zwar konsequent mit «kriechenden Sorten», da sie sich offenbar nicht mit agronomischen Bezeichnungen auskennt.

Den Rücken schonen

Kriechen muss bei der Ernte auf dem Betrieb in Essert-sous-Champvent VD niemand, der Nüssler wird rückenschonend im Stehen mit einer speziellen Erntehilfe geerntet, die einem Rechen ähnelt. Bei optimalen Bedingungen, wenn die Tunnel sauber sind, können so bis zu 50 kg pro Stunde geerntet werden. 

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Das passiert nicht nur in den Wintermonaten, sondern das ganze Jahr über: «Selbst bei 30 Grad schaffen wir es, Nüssler zu produzieren. Man muss einfach den richtigen Erntezeitpunkt erwischen», erklärt Christian Hülsmann. Der gebürtige Deutsche ist seit zwei Jahren Betriebsleiter auf dem Betrieb, wo bereits seit fünf Generationen Gemüse gepflanzt wird. Hülsmann ist Gartenbauingenieur mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung und absolviert nebenberuflich einen MBA-Masterstudiengang. Er leitet den Betrieb in enger Zusammenarbeit mit Sylvain Agassis, dem Besitzer des Betriebs in fünfter Generation. 

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Nüssler hat es eilig

«Letztes Jahr, als es so heiss war, haben wir einen Tunnel verloren, das gehört dazu», erinnert sich Hülsmann. Im Sommer seien es fünf Wochen vom Säen bis zur Ernte, im Winter zweieinhalb Monate. «Das hängt vom Wetter ab.» Dieses Jahr erntet das Team zu Weihnachten Nüsslisalat, der eigentlich für Januar vorgesehen gewesen wäre. Der Betrieb verfügt über 6,5 Hektaren Gewächshäuser, davon 5000 m2 beheizt. Dazu kommen 15 Hektaren Freiland. Dafür arbeiten fix zwölf Leute auf dem Betrieb, im Sommer sind es bis 25. «Wir sind nicht riesig, aber für Schweizer Verhältnisse gross genug.»

Nicht nur die Erntetechnik ist auf dem Betrieb speziell, sondern auch die Saat. Gesät wird der Nüssler nämlich in Direktsaat. Ein Grund dafür ist, dass die Samen günstiger als Setzlinge sind. Für einen optimalen Kulturstart müssen zunächst feinkrümelige Gemüsebeete gefräst werden. Anschliessend erfolgt die maschinelle Aussaat und in einem weiteren Arbeitsschritt wird die Saat mit Sand abgestreut sowie kurz vor dem Keimen mit Gas abgeflammt gegen Unkraut. Auf dem Betrieb werde schon seit 20 Jahren Sand eingesetzt, erklärt Christian Hülsmann. Dieser erleichtert die Ernte, weil die Erntehilfe einfach darüber rutscht.

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Hat wegen des jahrelangen Einsatzes von Sand die organische Substanz im Boden nicht abgenommen? «Der Gehalt ist okay, aber natürlich mache ich mir Gedanken, ob wir das noch 50 Jahre lang so machen können», sagt Christian Hülsmann. Obwohl die Bodenstruktur besser sein könnte, hätten sie nicht viele Probleme mit Krankheiten oder Ähnlichem. «Ich behandle fast nichts», sagt der Leiter des Betriebs, der nach Demeter- und Bio-Richtlinien bewirtschaftet wird. «Vielleicht liegt es daran, dass wir biodynamische Präparate verwenden oder Glück haben, ich weiss es nicht, auf jeden Fall sind wir zufrieden.» Bevor Christian Hülsmann auf den Betrieb kam, wurde nicht regelmässig Mist oder organisches Material eingebracht, sondern eher flüssiger Biogasdünger und Biodünger aus dem Handel. «Jetzt nehme ich viel Mist, Gründüngungen und Kompost. Wir haben auch angefangen, Biokohle und Basalt einzusetzen.»

Mit dem Einsatz des vulkanischen Gesteins ist Christian Hülsmann sehr zufrieden: «Wir haben letzten Winter damit begonnen und wir hatten noch nie so viel Ertrag wie dieses Jahr. Vielleicht liegt es am Basalt, vielleicht an anderen Faktoren. Der Basalt dient in erster Linie zur Verbesserung der Bodengesundheit», reflektiert er.

«Die Demeter-Vorschrift, ab 2027 Kühe zu halten, ist eine Herausforderung für uns.»

Christian Hülsmann überlegt sich, deswegen eine Partnerschaft mit einem anderen Demeter- oder Biobetrieb einzugehen.

Eine gelbe Rarität

Die Fruchtfolge in den Gewächshäusern sehe zum Beispiel so aus: Spinat im Januar, danach Nüssler, dann Rucola, Schnittsalat und dann wieder von vorne.

Besonders stolz ist Christian Hülsmann auf die gelben Bolzano-Tomaten. «Mit einem anderen Betrieb zusammen sind wir die einzigen in der Schweiz, die das machen.» Die Tomaten werden unter dem Demeter-Label verkauft, wie viele andere Produkte des Betriebs, aber ein grosser Teil der Produktion geht in den Biokanal. Im Freiland werden unter anderem Salate, Schalotten, Karotten und Kürbisse angebaut. Die Freilandprodukte, ausser Kürbissen, werden alle als Demeter verkauft.

Landwirt gesucht

Seit fünf Jahren ist der Betrieb Demeter-zertifiziert, was besondere Anforderungen mit sich bringt. «Eine der grössten Herausforderungen ist die Vorschrift, ab 2027 Kühe zu halten, um die Kreisläufe zu schliessen», sagt Christian Hülsmann. Das sei, wie wenn man einem klassischen Landwirt sage, er solle plötzlich ein Gewächshaus bauen und Tomaten produzieren. Es sei schwierig, die notwendigen Qualifikationen und Ressourcen zu entwickeln.

«Für die Haltung von Vieh braucht es einen leidenschaftlichen Landwirt, der in der Nähe wohnt und jedes Geräusch hört», sagt Hülsmann. «Wir versuchen, dafür eine Partnerschaft mit einem anderen Demeter- oder Biobetrieb zu finden, weil wir nicht darauf spezialisiert sind. Aber wir sind zuversichtlich, eine Lösung für diese Herausforderung zu finden.»

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Abnehmer drücken Preis

Trotz der Produktion von hochwertigem Demeter- und Biogemüse spürt man auch bei «Les Bottés Toqués» gelegentlich den Preisdruck der Abnehmer. Wirtschaftliche Rentabilität sei ein ständiger Begleiter, aber: «Nachhaltigkeit bedeutet auch, an die kommenden Generationen zu denken. Wir experimentieren viel, um unsere Methoden zu optimieren und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen zu schonen», sagt Christian Hülsmann abschliessend.

Betriebsspiegel Les Bottés Toqués

Ort: Essert-sous-Champvent VD
Ackerfläche: 15 ha Freiland, 6,5 ha Gewächshäuser
Kulturen: Nüssler, Rucola, weitere Salate, Spinat, Tomaten, Kürbisse, Rüben, Karotten, Schalotten und weitere
Produktion: Bio/Demeter
Mitarbeitende: Fix 12 Leute, in der Saison bis zu 25

Website des Betriebs