Geschlossene Kreisläufe auf dem Landwirtschafts- und Käsereibetrieb. Das ist die Vision von Otto Wartmann, seit er den Landwirtschaftsbetrieb mit Käserei 1985 übernahm. Nun ist er diesem Ziel ein grosses Stück näher gekommen. Letzte Woche wurde der Holzhof von Claudia und Otto Wartmann mit dem Zertifikat «CO2-neutral by Swiss Climate» ausgezeichnet. Damit ist es offiziell, dass der Käse klimaneutral produziert wurde. Wartmanns nutzten diesen Anlass, um gleichzeitig den neuen Käse «Naturbursche» vorzustellen: «Mild, cremig und aromatisch», beschreibt ihn Otto Wartmann. Hauptprodukt ist allerdings der Tilsiter, 80 Tonnen davon werden jährlich im thurgauischenAmlikon-Bissegg produziert.
Dampfkessel ersetzt
Zertifizierter klimaneutraler Käse – das tönt recht abstrakt. Otto Wartmann holt aus: «Wir haben den ganzen Prozess der Käseherstellung und die Buchhaltung auseinandergenommen und geschaut, wo wie viele Tonnen CO2 anfallen.» 2020 waren das in der Gesamtbilanz 108 Tonnen CO2 pro Jahr, die durch das Heizen, durch die Herstellung von Verpackung oder von Reinigungsmitteln entstanden.
Um die Immissionen zu senken, wurde in einem ersten Schritt der mit Öl beheizte Dampfkessel durch einen Wärmespeicher ersetzt. Dieser wird 24 Stunden durch Abwärme aus der Biogasanlage gespeist und geheizt. «Weil das Wasser nur noch 85°C statt wie früher 170°C hat, mussten wir die Maschinen in der Käserei anpassen.» Das bedeutet, dass zum Beispiel der Pasteur eine grössere Oberfläche hat, um die Wärme aufzunehmen.
Betriebsspiegel Holzhof
Name Otto und Claudia Wartmann-Tobler
Ort: Amlikon-Bissegg TG
LN :30 ha
Tierhaltung: Milchvieh und Schweine
Biogasanlage: 755 kW pro Jahr
Käserei: 80 t Tilsiter, 120 t eigene Sorten
Vorausschauend investiert
«Ich habe bereits vor zehn Jahren einen Bruch-Wassertank gekauft. Für die damaligen Verhältnisse war er etwas überdimensioniert, aber jetzt ist es genau das, was wir brauchen», sagt Otto Wartmann. Mit der Investition in den Wärmespeicher sparen sie jetzt 80 Tonnen CO2 pro Jahr ein – und die Kosten für 25 000 Liter Heizöl.
Bei der Reduktion der restlichen 28 Tonnen CO2 wird es etwas schwieriger werden, ist sich Wartmann bewusst. Denn hier können sie weniger Einfluss nehmen. Bei der Verpackung wird es in Richtung weniger Kunststoff gehen. Bei den Reinigungsmitteln ist es die Optimierung beim Verbrauch. Als klimaneutral produziert können sie ihren Käse rückwirkend auf 2020 dennoch bezeichnen. Die 108 t CO2 wurden durch CO2-Zertifikate aus der Biogasanlage kompensiert.
Ziel ist energieautark
Otto Wartmann hegt seit der Erdölkrise 1973 den Wunsch, weg vom Erdöl zu kommen. Seit klar ist, welchen Einfluss die fossilen Brennstoffe auf das Klima haben, ist aus dem Wunsch ein erklärtes Ziel geworden. Diesem kommen Wartmanns Schritt für Schritt näher. Seit der Betriebsübernahme tätigte er die Investitionen in die Ställe und Gebäude mit Weitsicht. Wartmann nennt ein Beispiel: «Für die beiden Schweineställe bauten wir für die frische Gülle Güllekanäle und eine Sammelgrube am Endpunkt. Als wir den Rindviehstall erneuerten, bauten wir so, dass auch diese Gülle ins gleiche Gülleloch gelangt.» Das eigentliche Güllelager lag unter dem Schweinestall.
Ausserdem wurden bereits beim Bau Wärmeleitungen verlegt, obwohl es auf dem Betrieb noch gar keine Biogasanlage gab. Diese wurde 1999 in Betrieb genommen, als eine der ersten in der ganzen Schweiz. «Wir konnten dann die Gebäude nur noch an die Biogasanlage anhängen», sagt Wartmann. So war kein teures Nachrüsten nötig.
Seine nächste Vision ist eine energieautarke Fahrzeugflotte. «Alte Autos ersetzen wird durch Elektrofahrzeuge. Langfristiges Ziel sind aber methanbetriebene Fahrzeuge, sowohl bei den Traktoren wie bei den Autos.» Auch hier sind die Grundbedingungen mit der Biogasanlage bereits vorhanden. Wartmann ist zuversichtlich, dass solche Fahrzeuge in einigen Jahren marktreif sind.
Bald ein eigenes Label?
Zurück zum Käse: Otto Wartmann ist überzeugt, dass man mit dem klimaneutral produzierten Käse einen Trend aus der Gesellschaft aufnimmt. Er ist mit der Sortenorganisation Tilsiter im Gespräch, ob ein entsprechendes Label lanciert wird. Wartmann sagt: «Für den Konsumenten ist es eine Möglichkeit, mit Genuss etwas gegen den Klimawandel zu tun.»
Weitere Informationen: www.holzhof.ch