Der dritte Tag der Eurotier stand ganz im Zeichen der jungen Generation in der Landwirtschaft. Am Messestand der Jungen DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) stand Wilken Brunkhorst. Er ist gelernter Landwirt und studiert derzeit Agrarwissenschaften im Master an der Georg-August-Universität Göttingen.

Herausforderungen im In- und Ausland

Zu Hause, nahe Hannover, bewirtschaftet die Familie von Wilken Brunkhorst einen rund 100 ha grossen Ackerbaubetrieb mit Weizen, Mais und Zuckerrüben. Brunkhorst engagiert sich in der Jungen DLG, einer Organisation für DLG-Mitglieder bis zum Alter von 36 Jahren, die sich mit «jungen» Themen der Agrarbranche befasst und diese voranbringen will.

Abo Ein Blick über eine der vielen Messehallen der Eurotier. Über 120 000 Besucher(innen) reisten ins deutsche Hannover und bestaunten die Innovationen aus aller Welt.  Neuheiten aus aller Welt Eurotier: Innovationen, so weit das Auge reicht Friday, 22. November 2024 Ähnlich wie die Schweizer Landwirtschaft steht auch die deutsche Landwirtschaft vor grossen Herausforderungen. Im Gespräch mit der BauernZeitung schildert der junge Landwirt, womit Bauern in seinem Heimatland zu kämpfen haben.

Flächenvoltaik treibt Pachtpreise nach oben

Ein zentraler Punkt im Ackerbau sei der Verlust von immer mehr Pflanzenschutzmitteln, zum Beispiel der Wegfall des Herbizidwirkstoffs Flufenacet im Wintergetreide. «Das macht die Produktion für uns Landwirte zunehmend teurer und schwieriger», erklärt Wilken Brunkhorst.

Ob der Sohn eines Ackerbauern den elterlichen Betrieb einmal übernehmen wird, ist noch nicht ganz klar. «Wir bewirtschaften einen rund 100 ha grossen reinen Ackerbaubetrieb», so der Masterstudent und erläutert weiter: «Was für Schweizer Verhältnisse nach viel Fläche klingt, reicht in Deutschland gerade so, um zu überleben.» Standardkulturen wie Mais, Zuckerrüben, Gerste, Raps und Weizen würden dabei kaum ausreichen, um eine Familie zu ernähren.

Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spiele der Anteil Eigenland. Die Errichtung von immer mehr Flächenphotovoltaik auf Ackerland treibe die Pachtpreise stetig nach oben. «Bei den steigenden Pachtpreisen wird der Anbau von klassischen Marktfrüchten für einen Ackerbauern zunehmend unrentabel», erklärt er.

Biogasanlagen: Zukunft unsicher

Auch Biogasanlagen sind in der deutschen Landwirtschaft ein grosses Thema. Aktuell gibt es in Deutschland fast 10 000 solcher Anlagen. Jahrelang habe die Politik den Bau und das Füttern der Anlagen mit nachwachsenden Rohstoffen wie Mais gefördert. «Beim Bau damals wurde eine Vergütung des Stroms für zwanzig Jahre garantiert», erläutert der Junglandwirt. Doch die Zukunft sieht anders aus: Künftig sollen Biogasanlagen nur noch mit Reststoffen wie beispielsweise Gülle betrieben werden.

«In Niedersachsen wird eine höhere Wolfspopulation angenommen als in Schweden und Norwegen zusammen.»

Auch in Deutschland beschäftigt der Wolf.

Für viele Betreiber laufe in den nächsten Jahren die Genehmigung aus. «Die Regierung möchte zwar, dass die Anlagenbetreiber grünen Strom erzeugen, doch sie gibt kein Konzept vor, wie man die Anlagen ab- oder umgestalten, auf- oder abrüsten soll. Es fehlt an Planungssicherheit», kritisiert der Student.

Häufige Vorgabenänderungen in der Schweinehaltung

Ein ähnliches Problem bestehe in der Schweineproduktion. Wer heute einen neuen Schweinestall bauen möchte, stehe vor vielen Unsicherheiten: «Die Politik ändert häufig die Vorgaben zu den Flächenmassen, sodass eine langfristige Planung unmöglich ist», so Wilken Brunkhorst. Viele Landwirte hätten vor wenigen Jahren einen neuen Stall gebaut und müssten diesen nun umbauen, weil mehr Platz für die Schweine, insbesondere in der Sauenhaltung, vorgeschrieben werde.

Die stark volatilen Marktpreise würden die Schweinehalter zusätzlich belasten. «Die Frustration bei den Schweinehaltern ist gross. In meinem Umfeld an Freunden und Bekannten gibt es fast keinen Landwirt, der heute noch sagt, er baue einen Schweinestall. Diejenigen, die bereits einen Stall haben, wirtschaften noch weiter – manche verdienen noch etwas, aber viele verbrennen auch Geld», erklärt er weiter.

«Ich bin der Problemwolf»

Wie in der Schweiz beschäftigt auch in Deutschland der Wolf die Landwirte. «In Niedersachsen, meiner Heimat, wird eine höhere Wolfspopulation angenommen als in Schweden und Norwegen zusammen», betont Wilken Brunkhorst.

Grundsätzlich sei der Abschuss eines Wolfes nicht erlaubt. Einzig Problemwölfe dürften mit einer sogenannten Ausnahmegenehmigung «entnommen werden», wie es Brunkhorst nennt. Als Problemwolf gelte dabei ein Wolf, der überdurchschnittlich häufig und wiederholt auffällig geworden sei durch Nutztierrisse trotz entsprechender Sicherung.

Den Problemwolf nach dem Erlass der Genehmigung ausfindig zu machen, sei jedoch schwierig, wenn nicht unmöglich. «Der Wolf trägt ja kein Schild mit der Aufschrift: Ich bin der Problemwolf», so Brunkhorst. Gleichzeitig komme ein grosser Widerstand vonseiten der Tierschützer.

«Manche Schweinehalter verdienen noch, aber viele verbrennen Geld.»

Die Flächenvorgaben ändern fast jährlich und die Marktpreise sind stark volatil.

Zwar würden die Weidetierhalter von der Regierung durch die Kostenübernahme für die hohen Elektrozäune entschädigt, für die zusätzlich entrichtete Arbeit jedoch nicht. Auch Herdenschutzhunde wären eine Möglichkeit. Diese seien jedoch teuer und wiederum aufwendig.

«Die Kosten für die Tierhalter steigen aufgrund der zusätzlichen Arbeit, und gleichzeitig steigt die emotionale Belastung, da die Tiere Gefahr laufen, gerissen zu werden», so Brunkhorst. Er sagt weiter: «Es läuft darauf hinaus, dass die Weidetierhaltung immer unattraktiver wird und es sich fast nicht mehr lohnt, weil immer damit gerechnet werden muss, dass bestimmte Teile der Herde gerissen werden.»

Grossvaters Schema reicht nicht mehr aus

Trotz der Herausforderungen möchte Wilken Brunkhorst die Situation der deutschen Landwirtschaft nicht schlechtreden. «Als junger Mensch muss man sich heutzutage etwas einfallen lassen. Es reicht nicht mehr, einfach nach dem Schema des Grossvaters weiterzufahren», erklärt der junge Landwirt.

Wolle man heutzutage in der Landwirtschaft bestehen, müsse man ein Konzept verfolgen. Vielleicht lohne es sich, in die Tierhaltung einzusteigen – aber dabei nicht auf Masse, sondern auf Qualität zu setzen, meint er. Laut dem Agronomen gibt es viele Wege, die Wertschöpfung zu erhöhen, zum Beispiel durch sogenannte Regiomaten (Verkaufsautomaten) oder die Lieferung der Waren an Wochenmärkte.

Diese Überlegungen seien auch der Grund gewesen, warum sich Brunkhorst für das Studium entschieden habe. «In der landwirtschaftlichen Ausbildung lernst du vor allem die Grundlagen, wie sie schon seit Langem bestehen. Du lernst aber nicht, etwas Neues zu machen, und das reicht heute nicht mehr», schlussfolgert der Agronom.