Ein Hemmstoffnachweis in der Milch muss nicht zwingend Antibiotika sein. Was für Gründe gibt es noch?

Christian Beck: Das ist richtig. Die Suisselab AG überprüft die Milch auf Hemmstoffe. Dabei handelt es sich gemäss Definition um Substanzen, welche hemmend oder sogar abtötend auf das Wachstum von Mikroorganismen wirken. Bei einem positiven Ergebnis bedeutet dies nicht zwingend, dass Antibiotika-Rückstände vorhanden sind. Antibiotika sind nur eine von vielen Möglichkeiten. Ursachen können auch Reinigungs- und Desinfektionsmittel, spezielle Futtermittelinhaltsstoffe oder -zusätze sein. Auch die Verwendung von natürlichen antimikrobiellen Wirkstoffen sind mögliche Gründe. Sogar originäre Hemmstoffe, also die körpereigene Produktion des Tieres, müssen in Betracht gezogen werden. Oft ist dies in den ersten fünf Tagen nach dem Kalben der Fall, wenn die Mutterkuh selbst Stoffe produziert, welche antibakteriell zur Stärkung des Immunsystems des Kalbes beitragen.

Es gibt Betriebe, welche ein positives Milchresultat hatten und am anderen Tag die Milch in einem anderen Labor testen lassen. Mit dem Resultat: «alles gut». Wie ist das möglich?

In diesem Zusammenhang müssen zwei wichtige Punkte berücksichtigt werden: Erstens ist die Milch vom Folgetag nicht identisch mit derjenigen vom Vortag. Es ist sehr gut möglich, dass die den positiven Hemmstofftest verursachende Sub­stanz am Folgetag nicht mehr in ausreichender Menge in der Milch vorhanden ist, um ein positives Testresultat auszulösen. Zweitens werden in unterschiedlichen Laboren unterschiedliche Hemmstofftests mit unterschiedlichen Nachweisempfindlichkeiten verwendet, was ebenfalls zu abweichenden Testresultaten führen kann. Auch kommen Schnelltests zum Einsatz, welche nicht Hemmstoffe, sondern nur ganz spezifische Antibiotika oder Antibiotika-Gruppen nachweisen.

Was raten Sie einem Landwirt, der eine positive Milchprobe hatte?

Zentral ist, wie bereits erwähnt, dass der Ursprung sehr breit sein kann und es nicht zwingend Antibiotika sein müssen. Wenn dieser Ursprung nicht offensichtlich ist, dann sind sicherlich die Tierärzte oder auch die Vollzugsstellen wertvolle Anlaufstellen. Sie können auch aufgrund ihrer Erfahrung wertvolle Tipps geben.

Wie geht die Suisselab vor, wenn sie einen Hemmstoffnachweis feststellt?

Es ist ein mehrstufiges Verfahren, welches immer gleich abläuft: Wir beproben die Milch einmal auf Testplatte und ziehen zeitgleich ein Rückstellmuster. Dann wird die Platte bebrütet, was bei einem negativen Ergebnis einen Farbumschlag aufzeigt. Zeigt sich kein Farbumschlag, so werden aus der Rückstellprobe noch einmal zwei Verdünnungsreihen angesetzt. Daraus ergibt sich der Faktor von einfacher bis zweiunddreissigfacher Überschreitung. Über die Art des Hemmstoffes kann keine Aussage gemacht werden. Gemäss den gesetzlichen Vorgaben in der Milchprüfungsverordnung, müssen wir jeden Nachweis von Hemmstoffen in Proben der Milchprüfung anschliessend den kantonalen Vollzugsstellen melden.

Kann man einen Hemmstoffnachweis anfechten?

Ein Landwirt kann eine Reklamation einreichen, worauf wir sämtliche Daten von der Probenahme bis zum Analyseergebnis nochmals prüfen. Ist er mit dem Entscheid der Reklamation nicht einverstanden, ist der nächste Schritt der Gang vor die Rekurskommission.

Welchen Auftrag hat die Suisselab vom Bund noch?

Zusätzlich zur Milchprüfung sind wir im Auftrag des Bundes und der Kantone für die Überwachung der milchliefernden Betriebe auf Antikörper gegen Tierseuchen verantwortlich. Weiter sind wir von den Zuchtverbänden mit der Milchleistungsprüfung beauftragt und bieten diverse zusätzliche Analysen für Milchkäufer, Weiterverarbeiter und Züchter an.

Treiber für neue Angebote sind aber vor allem die Milchproduzenten und Milchverarbeiter selbst. Wir stehen in deren Dienst und müssen auch am Markt bestehen. Wenn es dort ein echtes Bedürfnis gibt, sind wir sehr offen und gerne bereit, gemeinsam neue Angebote zu entwickeln.