Abo Blick nach vorne: Die Züchtergruppe St. Gallen möchte mit ihren Vorschlägen eine Grundsatzdiskussion zur zukünftigen Entwicklung der Brown-Swiss-Rasse anstossen. Genetikprogramm optimieren Die Rasse Brown Swiss wieder vorwärtsbringen Tuesday, 17. October 2023 Nahezu 70 Prozent der Reinzuchtanpaarungen werden bei der Zuchtrichtung Brown Swiss der Rasse Braunvieh derzeit mit Jungstieren gemacht. Dies ist einerseits zwar positiv, denn aus Sicht der Gesamtpopulation steigt dadurch der Zuchtfortschritt pro Zeiteinheit. Voraussetzung dafür wäre aber, dass jeder angebotene Jungstier denselben Marktanteil hätte. Das ist definitiv nicht der Fall. Einzelne hoch gehandelte, noch ungeprüfte Trend-Stiere haben schon vor dem ersten Abkalben einer eigenen Tochter mehrere tausend Nachkommen.

Versagt ein solcher Jungstier, oder anders gesagt, kommen im Rahmen der Nachzuchtprüfung im Vererbungsmuster eines solchen Munis grosse Schwächen in wirtschaftlich bedeutenden Merkmalen zum Vorschein, ist der Schaden für den einzelnen Zucht-betrieb und insbesondere für die Rasse beträchtlich. Betroffene Tierhalter müssen finanzielle Einbussen hinnehmen, sind unzufrieden und suchen Alternativen. Wohl auch ein Grund, dass Brown Swiss in den letzten Jahren schmerzhafte Verluste bei den Herdebuchtierzahlen hinnehmen musste.

Verhalten einiger Züchter ähnelt dem der Konsumenten

Abo Als unbestrittene Nr. 1 im Schweizer Genetikmarkt hat Swissgenetics einen grossen Einfluss auf die Viehzucht. Viehzucht Anträge aus der Züchterbasis werden von Swissgenetics abgewartet Monday, 30. October 2023 Obwohl von allen Seiten immer wieder betont wird, dass das Risiko durch den Einsatz verschiedener Jungstiere vermindert werden sollte, kommen Jungstiere aus bekannten Schaukühen und mit hohen Exterieur- und Gesamtzuchtwerten übermässig zum Einsatz. In diesem Zusammenhang machte die Geschäftsführerin eines Zuchtverbandes kürzlich eine spannende Aussage: «Das Verhalten einzelner Züchter ähnelt dem des heutigen Konsumenten: Dieser wünscht sich Tierwohl, Bio, Regionalität und Saisonalität, kauft dann aber trotzdem einfach das Günstigste im Laden. Oder anders gesagt, die Züchter haben es bei der Anpaarung selber in der Hand, den hohen Anteil an ungeprüften Jungstieren bei den Besamungszahlen zu korrigieren, indem sie vermehrt auf nachzuchtgeprüfte Genetik setzen.»

Ähnlich tönt es auch von Roman Schirmer, dem Präsidenten der Braunvieh-Züchtergruppe St. Gallen. «Wir Züchter selber haben mit unserer Stierenauswahl einen grossen Einfluss auf die Zucht», gab er gegenüber der BauernZeitung selbstkritisch zu Protokoll. Doch die Züchtergruppe St. Gallen sieht auch den Zuchtverband und Genetik-Organisationen in der Pflicht. Mittels eines Schreibens schlagen sie Optimierungsmassnahmen im Genetikprogramm der Rasse Brown Swiss vor. Sie werden diese in den kommenden Wochen anderen Züchtergruppen und Braunviehzuchtverbänden präsentieren und erhoffen sich dadurch eine breite Diskussion bei der Basis und den Entscheidungsträgern bei Braunvieh Schweiz und den Genetikanbietern.

Das Genetikangebot nicht einschränken

Einer ihrer Vorschläge lautet, dass ein Jungstier nach einer noch festzulegenden Anzahl Erstbesamungen nur noch über die Reservation erhältlich sein würde. So werde das Genetikangebot nicht eingeschränkt, übermässige Anpaarungen mit Jungstiergenetik von weniger fachkundigen Züchtern werde vermindert.

Den übermässigen Einsatz von Trendstieren mit einer zusätzlichen Hürde über die Reservation zu erschweren, wäre sicher umsetzbar. Ob sich die Genetikanbieter in der heutigen liberalen und schnelllebigen Zeit von solchen Massnahmen überzeugen lassen, wird sich weisen. Für die Braunviehrasse wäre es aber absolut zentral, dass Swissgenetics mitziehen würde. Denn züchterische Entscheide des Platzhirschs im Schweizer Genetikmarkt haben nicht nur Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit in den Schweizer Ställen. Beim Braunvieh, wo über ein Drittel aller Herdebuchtiere in der Schweiz leben, können Anpaarungs- und Ankaufsentscheide von Swissgenetics, anders als bei Weltrassen wie Holstein, zukunftsweisend sein.

Zuchtverband kann Einfluss nehmen

Der Zuchtverband hat die Möglichkeit, über den Fachausschuss Genetik, wo Braunvieh Schweiz und Swissgenetics mit je drei Mitgliedern vertreten sind, Einfluss zu nehmen. Ob diese Einflussnahme im liberalisierenden Genetikmarkt aber zukünftig, wie von der St. Galler Züchtergruppe vorgeschlagen, auf den Ankauf von Jungstieren ausgeweitet wird, wird sich zeigen. Und auch die Marketingabteilung von Swissgenetics wird ihre Strategie, weiterhin ungeprüfte Genetik intensiv zu bewerben, angesichts der grossen Einsatzzahlen verständlicherweise kaum anpassen. Der einzelne Züchter kann auf Verbandsebene nicht Einfluss nehmen. Er kann aber bei der nächsten Anpaarung auf das richtige Pferd, oder besser gesagt, einen nachzuchtgeprüften Stier setzen.