Abo Beat Wanzenried aus Mirchel versteht die Welt nicht mehr, als ihm der KUL-Kontrolleur wegen der unbedeckten Schubstangenentmistung einen Rapport machte. (Bilder Peter Fankhauser) Stallbautechnik Unbedeckte Entmistungsanlage im Laufstall ist dem Kontrolleur ein Dorn im Auge Tuesday, 9. March 2021 Anlässlich einer Tierschutzkontrolle bekam Beat Wanzenried im Februar eine Rüge, weil er im Laufstall seiner Rinder die Schubstangenentmistung nicht abgedeckt hatte. Das Amt für Veterinärwesen (Avet) forderte Wanzenried danach auf, die Sache innert gesetzter Frist in Ordnung zu bringen. Die BauernZeitung fragte bei Wanzenried nach und wollte wissen, wie er das Problem gelöst hat.

Beschwerde eingereicht

«Wir haben die Schubstangenentmistung immer noch nicht abgedeckt», hält Beat Wanzenried fest. Denn der Landwirt und das Avet sind seither im Rechtsstreit. So hat ihm das Amt bis Ende November eine Frist gewährt, die Schubstangenentmistung abzudecken oder zu entfernen. Gegen diese Verfügung hat der Landwirt aber Beschwerde eingereicht und hat den Fall somit weitergezogen. «Die Chancen stehen 50:50, dass ich gewinne», sagt Wanzenried kämpferisch. Auf jeden Fall will er seine Entmistungsanlage weiterhin nicht so abdecken lassen, wie es von den Behörden angeordnet wurde.

Was sagt der Anwalt?

Die BauernZeitung hat auch mit einem Anwalt Kontakt aufgenommen und wollte wissen, wie es rechtlich mit den Abdeckungen von Entmistungsanlagen aussehe und wie der Fall von Beat Wanzenried zu beurteilen sei. «Aus meiner Sicht fehlt hier ganz klar eine genügende rechtliche Grundlage dafür, die Abdeckung einer Entmistungsanlage anzuordnen», hält der Anwalt fest, der namentlich nicht genannt werden möchte. Aus seiner Sicht begreife das Avet den Artikel 24 im Tierschutzgesetz nicht und wende ihn krass falsch an. «Diese Bestimmung handelt von behördlichem Einschreiten bei vernachlässigten Tieren. Für die Anordnung einer Anpassung kann dieser Artikel nicht verwendet werden», so der Anwalt. So enthalte die Tierschutzgesetzgebung keine Vorschriften zu Entmistungsanlagen. Auch konnte der zuständige Kontrolleur bei der damaligen Tierschutzkontrolle bei Wanzenried nicht aufzeigen, dass seine Tiere wegen der Entmistungsanlage irgendeiner Gefahr ausgesetzt seien. Die «Programmartikel zum Tierwohl», auf welche sich das Avet berufe, befänden sich bloss in einer Verordnung und nicht in einem formellen Gesetz. Diese Leitideen forderten überdies bloss eine Geringhaltung der Verletzungsgefahr, schlössen eine solche aber nicht per se aus.

Das sagt das Avet zum Fall

Anlässlich der Kontrolle vom 15. Februar 2021 durch die KUL wurde festgestellt, dass im Laufstall für Rinder von Beat Wanzenried ein Schorrgraben mit Schubstangenentmistung verläuft. Beim Umbau des Anbindestalls zu einem Laufstall mit Tiefstreuliegefläche im Jahr 2012 wurde der bestehende Schorrgraben mit Schubstangenentmistung beibehalten. Das Amt für Veterinärwesen (Avet) zweifle nicht daran, dass es den Tieren von Wanzenried grundsätzlich gut gehe und dass er dafür besorgt sei, dass das Wohlbefinden der Tiere gewährleistet sei.

Je nach Stall
Bei einem Umbau eines Anbindestalls in einen Laufstall werde oft der bestehende Schorrgraben belassen. Das Avet prüfe dann die Art (Breite und Tiefe) und die Position des Schorrgrabens und nehme eine Güterabwägung vor. Je nach Beschaffenheit und Position im Stall könne ein offener Schorrgraben im Stall unter Auflage belassen werden. Das Avet verlange nicht die Entfernung des Schorrgrabens im umgebauten Laufstall von Beat Wanzenried, sondern lediglich die Abdeckung und dies insbesondere wegen der Schubstangenentmistung.

Eine Stellungnahme
In der vorliegenden Angelegenheit wurde vom Avet eine Stellungnahme des vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) geführten Zentrums für tiergerechte Haltung in Tänikon eingeholt. Diese fachliche Referenzstelle habe dem Avet mitgeteilt, dass die vorliegende Situation nicht akzeptiert werden könne, weil diese Einrichtung nicht vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 TschV sei. Im Avet sei die Angelegenheit im Fachbereich Tierschutz unter der Leitung des Kantonstierarztes besprochen worden. Das Avet sehe keine Möglichkeit, von der Beurteilung des Zentrums für tiergerechte Haltung abzuweichen. Eine Anpassung sei daher unumgänglich. Das Avet müsse somit gestützt auf Artikel 24 des Tierschutzgesetztes die Anpassung anordnen und eine Frist dafür festlegen. Da die in Aussicht gestellte Frist zur Anpassung in der Zwischenzeit abgelaufen sei, lege das Avet deshalb eine neue Frist zur Anpassung bis zum 31. Dezember 2021 fest.

Ein Augenschein vor Ort

Beat Wanzenried wünscht sich, dass das Avet einmal zusammen mit einem Tierschutzkontrolleur und dem Amtstierarzt vor Ort einen Augenschein nehmen würde. «Wenn sie sehen, dass sich unsere Rinder überhaupt nicht stören an der Entmistungsanlage und sich dabei in keiner Weise verletzen, würden sie ihr Urteil überdenken», ist Wanzenried überzeugt. Denn die räumlichen Verhältnisse (Stallhöhe, minimale Grabentiefe, Dimensionen und Lage der Melkanlage, Position und Ausmessungen der Gülle- und Mistlagerung usw.) im fraglichen Stall seien dergestalt, dass eine Abdeckung nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu bewerkstelligen sei, mitunter mehr Gefahren erzeugen denn beseitigen würde.

Eine Gebühr

Auf jeden Fall will Beat Wanzenried seine Entmistungsanlage nicht abdecken und bis auf Weiteres auch die Gebühr von 540 Franken, welche ihm das Avet aufgebrummt hat, nicht bezahlen, und dies, weil der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukommt. Wanzenried erwartet ein Urteil infolge des eingereichten Rechtsmittels frühestens nächsten Frühling.

Keine Hektik im Stall

Abo Aargau Beschwerde wegen ungedeckter Schubstangen-Entmistungsanlage wurde abgelehnt - Landwirt muss bezahlen Tuesday, 30. November 2021 Der Redaktor der BauernZeitung hat bei Wanzenrieds selber einen Augenschein vor Ort genommen, und auch er musste feststellen, dass sich ihre Rinder überhaupt nicht an der unbedeckten Schubstangenentmistung stören. Im Gegenteil: Die Rinder laufen gemütlich und zufrieden im Laufstall umher. Wollen sie vom Liegebereich zur Futterachse oder von der Futterachse in den Laufhof, machen sie einfach einen Schritt über die Schubstangenentmistung. Kein Stolpern, kein Ausrutschen und auch keine Hektik kommt unter den acht Rindern auf. Als Beat Wanzenried die Entmistung Probe laufen lässt, schauen die Rinder nicht mal umher. «Wenn ich wüsste, dass sich die Tiere an der unbedeckten Entmistung verletzen würden, hätte ich schon lange etwas daran geändert», ist er überzeugt. Im Übrigen lasse er die Entmistung ja nur laufen, wenn die Rinder im Fanggitter am Fressen seien.

 

Im Aargau auch ein Fall

Nicht nur im Kanton Bern, sondern auch im Kanton Aargau hat ein Landwirt anlässlich einer Tierschutzkontrolle eine Rüge bekommen, weil er im Laufstall seine Schubstangenentmistung nicht abgedeckt hat. Für die Behebung des Mangels erhielt der Landwirt eine Frist bis Anfang September dieses Jahres. Der Aargauer Landwirt hat daraufhin eine Beschwerde gegen eine Verfügung des kantonalen Veterinärdienstes erhoben. Diese wurde nicht nur abgelehnt, sondern der Landwirt bekam auch noch 950 Franken Verfahrenskosten aufgebrummt. Auf einen Weiterzug der abgelehnten Beschwerde ans Aargauer Verwaltungsgericht verzichtete dieser. Was der Aargauer Bauernverband, welcher den Entscheid des Departements so nicht akzeptiert hätte, sehr bedauerte.