Viehhalterinnen und Viehalter kennen dies: Zu Beginn erscheint am Kronrand, beim Übergang vom Horn zum Haarkleid, eine leicht gerötete Schwellung, das Rind tritt nicht mehr gerne auf, erste Lahmheiten zeigen sich, die Schwellung wird stärker und es treten eitrige Stellen auf. Der Verdacht erhärtet sich, dass es sich dabei um die Klauenerkrankung Panaritium handelt. «Typisch dafür ist auch, dass hohes Fieber dazu kommt», sagte Roger Bolt, Leiter des Strickhof-Arbeitskreises Arzneipflanzenanwendung im Stall, der vor einer Woche im zürcherischen Watt stattfand. [IMG 3]
Sofortige Behandlung ist angesagt
Panaritium, auch bekannt als Schlegeltape oder Grippeli, ist eine Klauenentzündung, welche oft plötzlich auftritt und Rindvieh jeden Alters treffen kann. Bei den Erregern, die dabei beteiligt sind, handelt es sich um Bakterien wie Staphylokokken und Streptokokken. Bleibt Panaritium unbehandelt, wird das Gewebe innert weniger Tage bis auf die Knochen zerstört. Hinzu kommt das Risiko einer Blutvergiftung.
Nebst dem Einbezug eines Tierarztes wird daher meistens auf eine möglichst sofortige Behandlung mit Antibiotika gesetzt. Doch gibt es auch Alternativen für die äusserliche Anwendung, wovon Roger Bolt einige vorstellte (Rezepte siehe Kasten):
Propolis: Ein Mittel mit grossem Potenzial ist Propolis, ein von den Bienen gesammeltes Kittharz. Das darin enthaltene ätherische Öl hat nicht nur eine breite mikrobielle Wirkung, sondern verfügt auch über schmerzlindernde sowie betäubende Eigenschaften. Propolis kann zudem die Wundheilung und das Immunsystem anregen. Zur Anwendung kommt es als Tinktur oder als Salbe.
Bockshornklee: Die Samen des Bockshornklees enthalten Schleimstoffe, welche eine ganze Reihe von Wirkungen haben. So sind sie schmerz- und reizlindernd, antiseptisch, antiödematös sowie immunmodulierend.
Eichenrinde: Als vielseitig wirksam sind die darin enthaltenen Gerbstoffe. Sie wirken zusammenziehend, antimikrobiell sowie entzündungshemmend.
«Entscheidend ist, dass man beim Auftreten von Panaritium unverzüglich mit der Behandlung beginnt», so Bolt. Ob mit Antibiotika oder Alternativen – die Mittel der Wahl sollen möglichst sofort zur Verfügung stehen. Wer es nicht wagt, auf eine medikamentöse Kur zu verzichten, kann die genannten Mitteln auch in Ergänzung dazu einsetzen, um etwa die Wundheilung zu unterstützen. Als weitere ergänzende Therapien nannte Bolt im Handel erhältliche Klauenbäder und Sprays. Bei den Bädern müsse allerdings darauf geachtet werden, dass die Krankheit nicht verschleppt wird.
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Vorbeugung lohnt sich
Zwar ist Panaritium im Gegensatz zu Mortellaro, bei welcher ebenfalls offene Stellen entstehen, jedoch keine deutlichen Schwellungen bemerkbar sind, nicht ansteckend. Verschiedene Faktoren im Kuhstall erhöhen jedoch das Risiko für das Auftreten von Panaritium. So kann eine mechanische Verletzung im Klauenbereich dafür sorgen, dass entsprechende Keime eindringen. Zudem wird durch Staunässe am Boden ein keimfreundliches Milieu begünstigt. Dazu tragen auch Durchfall mit hohem Keimdruck, hohe Luftfeuchtigkeit (> 70 %) sowie warmes Wetter bei.
Ausserdem können Stoffwechselstörungen wie Ketose mitbeteiligt sein, da diese Bildung von Haarrissen in den Klauen begünstigen. Sind mehrere dieser Faktoren im Spiel, erhöht sich das Risiko für die Entstehung von Panaritium. «Um das Risiko eines Befalls zu senken, ist der Boden so sauber und trocken wie möglich zu halten», empfahl Bolt. Zum Schutz trage zudem ein regelmässige, funktionelle Klauenpflege bei. Doch auch wenn man alles richtig mache, sei die Gefahr eines Befalls nie ganz zu bannen.
Arzneimittel im Alltag
Das Arbeitskreistreffen fand bei Sabrina Mathis im zürcherischen Watt statt. Mit ihrer Familie bewirtschaftet sie den Marglerhof mit rund 50 Milchkühen. Dazu kommen Aufzuchtrinder sowie Mastrinder. Da alle Rinder selbst gezüchtet werden, kommen keine Tiere von auswärts auf den Hof. «Man merkt, dass dadurch weniger Krankheitserreger auftauchen», sagte Mathis. Die Landwirtin setzt in ihrem Stall regelmässig pflanzliche Arzneimittel ein. Beispielsweise stellt sie eine Tinktur aus Kapuzinerkresse her, die sie den Kälbern bei Erkältungen verabreicht.
Aus der Stallapotheke
Propolistinktur: 10-prozentige Tinktur als äusserlichen Umschlag; Salbe, in die 10- bis 20-prozentige Propolistinktur eingearbeitet ist, auf die betroffenen Stellen auftragen.
Wickel mit Bockshornklee: Mit 1 Teil gemahlenen Bockshornkleesamen, gemischt mit 5 Teilen Waser, 5 Minuten unter Rühren kochen. Brei auf ein Tuch streichen und die entzündete Stelle mit einem Wickel befestigen.
Waschung mit Eichenrinde: 1 Teil Eichenrinde mit 50 Teilen Wasser 15 bis 20 Minuten kochen, dann abseihen. Betroffene Stellen damit reinigen.
