Bio Suisse und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) luden Anfang Mai zum dritten Schweizer Bio-Viehtag ein, dem nationalen Weiterbildungs-Grossanlass der Biobranche. 450 Besucher liessen sich die geballte Ladung an Wissen nicht entgehen und reisten aus der ganzen Schweiz nach Landquart GR.
Sie wurden nicht enttäuscht von den drei vielseitigen Betrieben Rütihof (Demeter), Plantahof und dem Biohof Campania sowie über 50 renommierten nationalen und internationalen Fachexpertinnen und Fachexperten. An 16 Themenposten zu Rindvieh, Kleinwiederkäuern, Geflügel, Pferden und Bienen wurden neuste Ergebnisse aus der Forschung präsentiert und mit wertvollen Erfahrungen aus der Praxis ergänzt. An praktischer Erfahrung mangelt es in Graubünden definitiv nicht, 65 % der Landwirtschaftsbetriebe werden im Kanton nach Bio-Richtlinien bewirtschaftet.
Effiziente Graslandherde
Beat Reidy ist an der Berner Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Dozent für Graslandnutzung und Wiederkäuersysteme und beschäftigt sich mit der Frage, wie Effizienz in der Milchproduktion bewertet werden soll. Dazu hat er zusammen mit seinem Team das Tool EFFIMI entwickelt und bei den beiden Braunviehherden am Plantahof angewendet. Während die Graslandherde 205 Tage Vollweide geniesst und nur 4 % Kraftfutter erhält, wird die Leistungsherde mit 26 % Kraftfutter, 27 % Maissilage und 47 % Wiesenfutter gefüttert.
Dementsprechend unterscheidet sich auch die Milchleistung. In der Graslandherde erreicht eine durchschnittliche Kuh 7087 kg Milch, in der Leistungsherde sind es 9910 kg Milch. Mithilfe des Tools EFFIMI kann berechnet werden, wie viel Milch mit der aktuellen Fütterung auf der betriebseigenen Fläche produziert wird. Pro Hektare Netto-Flächenleistung unterscheidet sich die Milchleistung der beiden Herden nur noch um knapp 900 kg Milch. Zudem wird ersichtlich, dass in Bezug auf Nahrungsmittel- und Flächenkonkurrenz die Graslandherde deutlich besser abschneidet. Mittels hoher Raufutterqualität, einem guten Weidemanagement und der Verwertung von Nebenprodukten als Kraftfutter kann die Effizienz einer Milchviehherde deutlich gesteigert und somit die Futterproduktion auf ackerfähigen Flächen reduziert werden.
Versorgung mit Proteinen
Zum ersten Mal waren Biobauern diesen Winter mit den neuen Fütterungsrichtlinien von maximal 5 % Kraftfuttereinsatz und reinem Schweizer-Knospe-Futter konfrontiert. Es galt Herausforderungen in Bezug auf die Futterbeschaffung, die Zusammensetzung der Kraftfuttermittel und Futterkosten zu meistern. Fredy Schori, Experte im Bereich Wiederkäuerernährung bei Agroscope, berichtet von Milchviehherden, die während des gesamten Winters einen durchschnittlichen Milchharnstoffwert von weniger als 8 mg/dl Milch aufwiesen.
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«Kühe mit einer Proteinunterversorgung fressen weniger.»
Fredy Schori von Agroscope ist besorgt über die tiefen Milchharnstoffwerte aufgrund von Proteinunterversorgung.
Dies ist zurückzuführen auf eine Proteinunterversorgung, bedingt durch die neuen Richtlinien. Eine geringe Proteinzufuhr hat keinen direkten Einfluss auf die Gesundheit der Kühe, betont Schori. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass Proteine essenziell sind für das Immunsystem. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Kühe mit einem reduzierten Gehalt an Rohproteinen weniger fressen und dementsprechend weniger Milch produzieren. Um den Proteingehalt in der Ration zu steigern, ist die Qualität des Grundfutters von zentraler Bedeutung. Ein hoher Grasanteil mit der richtigen Graszusammensetzung, wenig Konservierungsverluste und die Wahl des Schnittzeitpunktes sind entscheidend.
Standortgerechte Kuh
Die Proteinversorgung beschäftigt viele Bio-Milchbauern. Gerade im Berggebiet sind an schattigen Nordlagen die Möglichkeiten zur Futtergewinnung eingeschränkt. Die Jerseykühe von Ueli Bleisch aus Flumserberg SG erbringen eine Milchleistung von durchschnittlich 4000 kg Milch. Im Winter besteht die Ration aus Grassilage und Dürrfutter des ersten und zweiten Schnittes. Aufgrund der neuen Richtlinien hat er die Zugabe von Eiweisskonzentrat reduziert. Während des ganzen Winters hatten seine Kühe sehr tiefe Harnstoffwerte und produzierten weniger Milch, was schlussendlich auch weniger Einkommen bedeutet.
Am Fütterungs-Forum äusserten sich noch weitere Landwirte zum Thema. Die standortgerechte Kuh soll die Lösung sein. Riatsch Fadri züchtet im Engadin GR leichte Original Braune mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 5000 kg auf seinem auf 1600 m ü. M. liegendem Betrieb. Für ihn und seine Familie ist es nicht einfach, auf dieser Höhe gutes Grundfutter zu produzieren. Claudio Gregori, Präsident von Bio Grischun, weiss, dass die neuen Richtlinien für viele Bergbauern belastend sind, und trägt ihre Anliegen weiter an Bio Suisse.
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