Über 2500 Betriebe waren seit dem Ausbruch der Blauzungenkrankheit Ende August letzten Jahres vom Virus betroffen. Neben Symptomen wie Fieber, Atembeschwerden, Lahmheit, etc. berichten viele Betriebe von vermehrten Aborten und Kühen, die ins leere Euter kalbten.

Abort aufgrund von Fieber

Abo Weidebeginn für Rindvieh: Nur noch bis Ende März gelte die vektorfreie Periode, ab dann müsse mit mehr Mücken gerechnet werden, welche die Blauzungenviren übertragen. Bald kehren die Mücken zurück Blauzunge: Impfstoff in Aargau und Luzern knapp, Entschädigungen stocken Wednesday, 12. March 2025 Einen Anstieg der Abortraten auf den BTV betroffenen Betrieben konnte auch Tierärztin Michèle Bodmer von der Wiederkäuerklinik der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern beobachten. «Auch sogenannte Resorptionen, also Verluste im Embryonalstadium, sind vermehrt aufgetreten», ergänzt sie. 

Doch wie lassen sich die Aborte durch die Blauzungenkrankheit erklären? «Das Virus verursacht meist hohes Fieber und kann dadurch über die Reaktion des Körpers einen Abort auslösen», erklärt Bodmer.

Zusätzlich verursache das Virus Gefässentzündungen, bei der vermutlich auch die Plazenta mitbetroffen ist, wodurch die Ernährung des Kalbes nicht mehr gewährleistet ist.

Meldepflicht für Klauentiere

Abo Flotzmäuler gut beobachten: Eines von mehreren Symptomen der Blauzunge sind Krusten auf der Nase. BTV-3 und weitere 23 Serotypen Blauzungenkrankheit: Wie effektiv ist die vektorfreie Zeit tatsächlich? Tuesday, 4. March 2025 Tritt ein Abort auf dem Betrieb auf, muss der Landwirt diesen aufgrund der Meldepflicht bei Klauentieren seinem Bestandestierarzt oder -tierärztin mitteilen. Treten im Bestand gehäuft Aborte auf, mindestens jedoch bei einem zweiten Abort in vier Monaten, besteht eine Untersuchungspflicht bei Rindern, anderen Rinderartigen (Büffel, Bison), Schafen, Ziegen und Schweinen. Die Kosten für vorgeschriebene Untersuchungen werden dabei laut Merkblatt der Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) vom kantonalen Veterinärdienst übernommen. In Händlerställen und auf Sömmerungen besteht eine Untersuchungspflicht für alle Aborte. 

Ein Auge auf die Nachgeburt halten

Neben der Meldung des Aborts ist es laut Michèle Bodmer vor allem bei einem Abort im letzten Trimester wichtig, auf den Abgang der Nachgeburt zu achten. «Sehr oft löst sich diese nicht normal ab, und es kann zu einer Gebärmutterentzündung kommen», erklärt sie weiter. Regelmässiges Fiebermessen und die Beobachtung des Allgemeinzustands der Kuh seien dabei wichtig. Zeigt die Kuh Anzeichen einer Gebärmutterentzündung und vielleicht sogar Fieber, rät sie den Tierarzt oder die Tierärztin hinzuzuziehen.

Und wie lange sollte nach dem Abort mit dem erneuten Besamen gewartet werden? «Weist das Tier keine Gebärmutterentzündung auf und zeigt es eine normale Brunst mit klarem Ausfluss, kann unmittelbar danach besamt werden. Liegt eine Gebärmutterstörung vor, muss diese zuerst abheilen», so die Expertin. Zur Unterstützung, damit die Tiere schneller wieder tragend werden, gelte es, die Kühe mit einer leistungsgerechten Fütterung mit einer bedarfsgerechten Mineralstoff- und Spurenelementversorgung zu versorgen.

Blinde Kälber

Neben Aborten wird auch von Missbildungen bei Kälbern aufgrund der Blauzungenkrankheit berichtet. Tierärztin Michèle Bodmer berichtet hierbei von Kälbern mit Sterngucken, Kopfmissbildungen und kleinen Kälbern mit Atemproblemen, welche dann positiv auf BTV getestet wurden. Auch auf aus Deutschland bekannte Kälber mit getrübten Augen treffe man in der Schweiz vermehrt.

Abo Res Büeler und seine Tiere haben eine intensive Zeit hinter sich: Seit Mitte Oktober hatte der Betrieb mit der Blauzungenkrankeit zu kämpfen. «Wann hört es endlich auf?» Kälbermäster Res Büeler: «Die Blauzungenkrankheit hat mich rund 20 000 Franken gekostet» Wednesday, 12. February 2025 «Die Trübung scheint sich zumindest bei einem Teil der betroffenen Tiere nach ungefähr einer Woche zu bessern», erklärt die Expertin und sagt weiter: «Medizinisch im Detail hat man das in der Schweiz aber bisher noch nicht untersucht.» 

Hilft die Impfung gegen Missbildungen?

Können mit der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit solche Missbildungen vorgebeugt werden? «Aus unseren Nachbarländern weiss man, dass die Aborte mit der Impfung deutlich zurückgehen. Wie es mit den Missbildungen genau aussieht, kann ich abschliessend nicht beantworten», so die Tierärztin. Geht man aber davon aus, dass die Menge des zirkulierenden Virus aufgrund der Zerstörung durch die Impfantikörper viel geringer ist, sei auch das Risiko für eine Übertragung auf das Kalb und eine mögliche Missbildung deutlich reduziert, erklärt Bodmer. 

Erhöhte Totgeburtenrate beim Rindvieh

Ein Blick in die Tierverkehrsdatenbank (TVD) zeigt: Die Totgeburtenrate beim Rindvieh (Milchvieh und andere Kühe) stieg seit dem Ausbruch der Blauzungenkrankheit Ende August 2024 von 4,62 % auf 5,53 % im Januar dieses Jahres.

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Keine eindeutige Antwort

Ein solch hoher Anstieg konnte zuletzt kurzzeitig im Februar 2018 mit 5,52 % beobachtet werden (wir berichteten). Damals wurde der Anstieg vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) auf verschiedene Ursachen wie etwa die Meldedisziplin, Veränderungen im Management oder bei den Haltungsbedingungen zurückgeführt. Auf die Frage, ob der neuste Anstieg auf den Ausbruch der Blauzungenkrankheit zurückzuführen sei, hat das BLV keine eindeutige Antwort.

«Das BLV hat einen Anstieg der Mortalität bei Schafen und Rindern, der Abortrate sowie der Morbidität bei Kälbern und Lämmern beobachtet», so der Bund. Zur Untersuchung der Rolle der Blauzungenkrankheit in diesem Zusammenhang habe das BLV eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben. Beginnen solle diese heuer im Sommer.

Vorhandene Studien aus Ländern wie den Niederlanden konnten laut BLV den Einfluss der Blauzungenkrankheit auf die Rindersterblichkeit und die Reproduktionsverluste (Aborte, perinatale Sterblichkeit) zeigen.

Gravierender im zweiten Jahr

Anders als in der Schweiz brach die Blauzungenkrankheit Serotyp 3 in den Niederlanden und weiteren Ländern wie Deutschland bereits i2023 aus. Daten im Jahr 2024 sollen zudem gezeigt haben, dass das Virus im Vergleich zum Vorjahr noch gravierendere Auswirkungen hatte. Besonders die perinatale Mortalität bei Kälbern (= Verlust der Tiere vor, während oder kurz nach der Geburt) sei im Vergleich zum Jahr 2023 deutlich angestiegen.