Die vektorfreie Zeit zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Blauzungenkrankheit dauert gemäss der Verordnung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) vom 1. Dezember bis zum 31. März. Tiziana Boebner-Lombardo, Mediensprecherin des BLV, erklärt, dass diese Frist jedoch vorzeitig aufgehoben werden kann, falls ein aktuelles Vektormonitoring im Kanton Tessin eine frühzeitige, erhöhte Gnitzenaktivität feststellen sollte.

Weitere Fälle aufgetreten

Trotz dieser Massnahmen wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche Erkrankungsfälle gemeldet. Dies wirft die Frage auf, wie effektiv die vektorfreie Zeit tatsächlich ist. Tiziana Boebner-Lombardo erläutert: «Diese Phase ist als Zeitraum definiert, in dem keine oder nur wenige Mücken vorkommen, die als Überträger des Blauzungenvirus infrage kommen. Daher ist das Übertragungsrisiko in dieser Zeit geringer, was den kantonalen Veterinärbehörden ermöglicht, teilweise oder ganz auf Bekämpfungsmassnahmen zu verzichten.» Erwartungsgemäss sei die Zahl der Neuinfektionen mit Beginn der vektorfreien Zeit stark zurückgegangen. Dennoch kommt es weiterhin zu Infektionsnachweisen. «Dabei könnte es sich um Infektionen handeln, die bereits im Herbst aufgetreten sind, da das Virus über längere Zeit im Blut der Tiere persistieren kann», so Boebner-Lombardo weiter. Ebenso seien neue Infektionen nicht auszuschliessen, da Gnitzen in warmen Stallungen überwintern könnten. Daher sei jeder Verdachtsfall auf Blauzungenkrankheit weiterhin meldepflichtig und müsse abgeklärt werden.

Impfung ist freiwillig

Um das Infektionsrisiko weiter zu senken, setzen Experten auf die Impfung. Die Impfung gegen den Serotyp BTV-3 erfolgt auf freiwilliger Basis und wird von der Rinder- und Schafbranche, der Gesellschaft Schweizerischer Tierärzte (GST), dem BLV sowie der Vereinigung der Schweizer Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte (VSKT) dringend empfohlen. Laut Tiziana Boebner-Lombardo stellt die Impfung derzeit die beste Möglichkeit dar, schwere Krankheitsverläufe, Todesfälle und wirtschaftliche Verluste zu verhindern. Das BLV steht in engem Austausch mit den beteiligten Branchen und Tierärzten, wobei die bisherigen Rückmeldungen auf eine hohe Impfbereitschaft der Tierhalter hinweisen.

Es gibt BTV 1 bis 24

Neben BTV-3 existieren kommerzielle Impfstoffe gegen weitere Serotypen wie BTV-4 und BTV-8, die einzeln oder in Kombination verabreicht werden können. Die Frage, welche Serotypen besonders relevant sind, hängt stark von der regionalen Verbreitung des Virus ab. «Es gibt 24 klassische Serotypen des Blauzungenvirus sowie eine wachsende Anzahl atypischer Serotypen wie BTV-25 und mindestens sieben weitere, die bislang hauptsächlich bei kleinen Wiederkäuern wie Ziegen nachgewiesen wurden», erläutert die BLV-Mediensprecherin. Sie betont, dass es keine Kreuzimmunität zwischen den verschiedenen Serotypen gebe, weshalb für jeden Serotyp eine spezifische Impfung erforderlich sei. Das bedeutet, dass eine Infektion oder Impfung gegen einen bestimmten Serotyp keinen Schutz vor anderen Serotypen bietet. Deshalb müssen Impfstoffe gezielt für die vorkommenden Serotypen entwickelt und angepasst werden. Wie die BLV-Mediensprecherin ergänzt, stünden allerdings Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung, die gegen mehrere Serotypen gleichzeitig wirken, beispielsweise eine Kombination aus BTV-4 und BTV-8.

Die Krankheit und die Impfung

Seit August 2024 breitet sich das Blauzungenvirus Serotyp 3 (BTV-3) in der Schweiz aus. Die Krankheit wird durch Gnitzen (kleine Mücken) übertragen und verursacht besonders bei Schafen schwere Symptome wie Fieber, Entzündungen der Schleimhäute, Lahmheit und Aborte. Derzeit gibt es drei inaktivierte BTV-3-Impfstoffe, die in der Schweiz nicht zugelassen sind. Eine Sonderregelung erlaubt jedoch den Import und Vertrieb durch zugelassene Schweizer Firmen. Tierärzte können die Impfstoffe direkt bei diesen Firmen beziehen.

Die Impfung ist freiwillig, wird aber dringend empfohlen. Ein vollständiger Schutz vor Infektion wird nicht erreicht. Die Immunität entwickelt sich ca. 3 bis 4 Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung. Um einen bestmöglichen Schutz vor Beginn der Mückensaison zu gewährleisten, sollten Schafe idealerweise bis Februar und Rinder bis März geimpft werden, wird geraten.