Anders als man es von Legehennen kennt, rennen die Tiere nicht aufgescheucht weg, sobald jemand in den Stall kommt. Nein, die jungen Hähne mustern den Besuch neugierig und kommen selbstbewusst näher.
«Sie sind sehr aktiv und immer in Bewegung», sagt Daniel Heer und fügt mit einem Schmunzeln an: «Es sind halt keine typischen Mastpoulets, die quasi nur fressen und auf den Metzger warten.»
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Für jede Legehenne wird ein Bruder aufgezogen
Seit vergangenem Herbst mästen Heer und seine Partnerin Pamela Walther Bruderhähne für das Label «Ei mit Bruder». Die Eierhandelsfirma Eier Meier hat das Projekt nach Kundenwünschen im Herbst 2017 lanciert. Bei dem Programm wird für jede Legehenne ein männliches Küken derselben Rasse aufgezogen. Der Kunde zahlt dafür 7,5 Rappen mehr pro Ei.
Pro Umtrieb werden rund 300 Güggel eingestallt. Sie kommen als Eintagesküken auf den Betrieb in Hirzel ZH, ab sechs Wochen dürfen sie auf die Weide und mit ungefähr 110 Tagen werden sie geschlachtet. «Sie brauchen dreimal so lang wie ein normales Mastpoulet und fressen etwa dreimal so viel Futter», erklärt Daniel Heer.
Das Projekt «Ei mit Bruder»
Eier Meier hat im Herbst 2017 ein Programm entwickelt, bei dem für jede Legehenne ein männliches Küken derselben Rasse aufgezogen wird. Der Kunde hat die Wahl, mittels eines Zuschlags auf dem normalen Eierpreis die Aufzucht von männlichen Eintagesküken zu ermöglichen. «Der Konsument zahlt 7,5 Rappen mehr pro Ei. Eine Legehenne legt 320 Eier. Das macht etwa 25 Franken. Mit diesem Betrag zahlen wir das Futter, entschädigen den Mäster und verbilligen das Fleisch», erklärt Geschäftsführer Peter Stadelmann.
Während ein Mastpoulet in ungefähr 36 Tagen ein Mastendgewicht von 2 Kilo erreicht, braucht die Legerasse mit 100 Tagen fast dreimal so lang. In dieser Zeit frisst ein Tier der Legerasse fast dreimal mehr Futter. Zudem ist der Fleischanteil viel tiefer, insbesondere der Anteil des wertvollen Brustfleisches. Deshalb eignet sich das Fleisch nicht zum Verzehr als ganzes Poulet, sondern wird zu Geschnetzeltem, Burger, Bratwürsten, Fleischkäse usw. verarbeitet.
Bis 1. Januar 2022 wurden 2050 Tiere aufgezogen und 700 000 Eier des Labels verkauft. Die Nachfrage sei stark zunehmend.
«Wir könnten viel mehr Fleisch verkaufen»
«Für uns war es interessant, das zu versuchen. Einerseits gefällt uns die Idee hinter dem Projekt und wir haben andererseits eine gute Geschichte zum Produkt», sagt Daniel Heer. Er bekommt einen fixen Betrag pro gemästetem Tier und kann das Fleisch zu den Gestehungskosten zurückkaufen.
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Knapp die Hälfte des Fleisches verkauft er im eigenen Hofladen, der Rest geht direkt von der Metzgerei an Interessenten, meist Mitarbeitende von Eier Meier. «Die Nachfrage ist super, wir könnten viel mehr verkaufen», sagt der Landwirt. Obwohl das Poulet ziemlich teuer sei, habe es keine Preisdiskussionen mit den Kundinnen und Kunden gegeben.
Stall Marke Eigenbau: Viel Eigenleistung
«Wichtig ist es, die Kosten im Griff zu haben», sagt Daniel Heer. Er hat beim Stall deshalb auf eine einfache Lösung mit viel Eigenleistung gesetzt. Dabei kam ihm zugute, dass er bis zur Übernahme des elterlichen Betriebs 2010 viel auf dem Bau gearbeitet hat und heute manchmal noch dort aushilft.
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Heer hat die Duroc-Schweine an einen anderen Ort im Stall gezügelt und ein Stallabteil für die Bruderhähne umgebaut. Die Wände hat er mit Sandwich-Elementen gebaut, auch die Sitzstangen hat er selbst konstruiert. Die Futterautomaten und Tränken stammen von der Firma Krieger im luzernischen Ruswil. «Die Tür habe ich auf Ricardo ersteigert.» Insgesamt habe der Stall ungefähr 4000 Franken gekostet.
Betriebsspiegel
Name: Daniel Heer und Pamela Walther, Hirzel ZH
LN: 27 ha
Kulturen: Urdinkel, Silomais, Raps, Hafer, Kartoffeln, Gemüse für den Direktverkauf, Weiden
Tierbestand: 30 Mutterkühe (Rätisches Grauvieh und Angus-Kreuzungen), einige Stiefelgeissen, 2 bis 4 Duroc-Schweine, 50 Legehennen, 300 Bruderhähne
Label: ÖLN, IP, Ei mit Bruder, Silvestri Weidebeef
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Eltern, Aushilfen
Website: www.hofladen-hirzel.ch
«Ab vom Schuss» – aber der Hofladen brummt
Seit zwei Jahren setzen Daniel Heer und Pamela Walther auf Direktvermarktung. Obwohl sie «ab vom Schuss» wohnen, floriert der Hofladen, der jeweils am Samstagvormittag geöffnet hat. Fleisch vom Weiderind und Weideschwein, Eier, saisonales Gemüse, Kartoffeln, Urdinkel zur Mehlproduktion und viele selbst verarbeitete Spezialitäten produzieren sie auf dem Hof.
Sie sind bereits die achte Generation. Beim Obst, Alpkäse, Honig, Rapsöl, Polenta und anderen Produkten arbeiten sie mit Bauern vom Hirzel, Wädenswil ZH, Neuheim ZG und Menzingen ZG zusammen. «Wir haben hohe Qualitätsansprüche. Das Produkt muss nicht nur inhaltlich einwandfrei sein, sondern auch schön daherkommen», sagt Daniel Heer.
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«Junge Mamis sind die besten Kundinnen»
«Unser Name ist an das Produkt geheftet. Wenn wir nicht dahinterstehen könnten, könnten wir es auch nicht verkaufen», ergänzt Pamela Walther. Die Mutter zweier Kinder (5 und 7 Jahre) wird ihren Job in der Finanzabteilung einer Gemeinde bald aufgeben. «Ich werde dann zwei Vormittage bei einem Bäcker arbeiten, so bleibt mehr Zeit für Betrieb und Hofladen, der noch Potenzial bei den Öffnungszeiten hätte.»
Sehr wichtig sei die Werbung. Sie pflegt deshalb intensiv die Website und die sozialen Medien. Ausserdem arbeitet das Paar eng mit dem lokalen Familienverein zusammen und organisiert zum Beispiel Anlässe wie ein Kartoffel-Ausgraben für Kinder. «Junge Mamis sind die besten Kundinnen», sagt Daniel Heer.
Per Zufall auf das Huhn und den Hahn gekommen
Die 50 Legehennen sind das Metier von Pamela Walther. Die Eier liefert sie auf zwei verschiedenen Touren pro Woche aus. Bald soll ein zweiter Mobilstall folgen, denn die Legehennen können mit der Nachfrage nach Eiern nicht Schritt halten.
«Ich mag eigentlich überhaupt keine Hühner. Noch vor zwei Jahren habe ich gesagt, solche kommen mir nie auf den Betrieb», erzählt Daniel Heer grinsend. Eigentlich habe er seiner Freundin eine Kaffeemaschine schenken wollen, sie kam ihm aber zuvor. Also bekam sie zum Geburtstag vier Legehennen und eines kam zum anderen. Als dann die Anfrage bezüglich der Bruderhähne kam, haben sie deshalb nicht lange gezögert.
Noch viele Ideen
Überhaupt hätten sie noch viele Ideen: Von der Kiwi-Plantage über Fleischkaninchen bis zum eigenen Brot. «Es muss uns einfach Spass machen, dann fällt auch die Arbeit leicht», sagt Pamela Walther.
