«Die drei Dinge, die mich an den Engadinern überzeugen, sind ihre Zutraulichkeit, ihre hohe Fruchtbarkeit und ihre Robustheit», sagt Reto Greminger, der auf seinem Betrieb rund 160 Engadinerschafe hält. Der Grund, wie sie auf seinen Betrieb kamen, war jedoch ursprünglich ein anderer.
Wachsen oder weichen; weder noch
Als Reto Greminger 2018 den Betrieb von seinem Vater übernahm, wurden nämlich noch Milchkühe gehalten und gemolken.
Betriebsspiegel
Name: Reto und Andrea Greminger
Ort: 9503 Stehrenberg
Fläche: 27 ha, davon 11 ha Ackerbau, 14 ha Weideland und 1,6 ha Spezialkulturen, 220 Hochstammobstbäume – rund 30 verschiedene Sorten
Viehbestand: 80 Auen mit je einem Lamm
Für ihn stand jedoch bereits bei der Übernahme fest, dass er mit der Milch aufhören wolle. «Wir hatten ein veraltetes Stallsystem und hätten einen neuen Stall bauen müssen, für den ich keinen geeigneten Platz habe. Auch wollte ich mich von der Milchwirtschaft distanzieren», erzählt Greminger, denn für ihn sei der Milchmarkt gesättigt. Wer dabei sein möchte, müsse wachsen und für ihn ging das schlussendlich nicht auf.
Er habe sich darum auf die Suche gemacht nach einer Alternative zur Milchwirtschaft. Ein Wiederkäuer sollte es aber schon sein, denn schliesslich habe es mit den 14 Hektaren Weideland, die gespickt sind mit 220 Hochstammobstbäumen, mehr als genügend Grasland um den Betrieb herum gehabt.
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Möglichst unabhängig und mit der Natur produzieren
Nach einem Input von seiner Frau Andrea kam er schliesslich auf die Schafhaltung. Auf die Engadiner kam er dann durch Christian Gazzarin, der als Forscher bei der Agroscope arbeitet und selbst passionierter Engadinerschaf-Züchter ist. Mit ihm habe er ein Gespräch geführt und danach stand für Reto Greminger fest; diese Schafe passen zu seinem Betrieb und seiner Philosophie.
«Wir arbeiten mit der Natur, produzieren naturnah, sind nah an den Leuten und wir vermitteln ihnen auch die Landwirtschaft. Ich probiere möglichst wenig hoffremde Zusätze, sei es Kraftfutter oder sonstige Hilfsmittel, einzusetzen und ich möchte möglichst unabhängig produzieren», umschreibt Greminger die Betriebsphilosophie. In diesem Geiste werden auch die Schafe vermarktet.
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Die Kunden loben das feine und gute Fleisch
Die Lämmer werden mit durchschnittlich acht Monaten im Schlachthäuschen im nahen Bussnang geschlachtet und von einem Lohnmetzger nach den Wünschen von Reto Greminger verarbeitet und bei Bedarf mit eigenen Rezepturen, ohne Zugabe von Zusatzstoffen, gewürzt.
Die Vermarktung übernimmt Greminger selber. Die Nachfrage nach dem Fleisch sei sehr gut. «Unsere Kunden meinen, dass es sehr gutes und feines Schaffleisch sei», erzählt Greminger mit Stolz und da die Engadinerschafe, saisonunabhängig ablammern würden, hätte er stets genügend Fleischnachschub für seine Kunden. Neben dem Schaffleisch verkauft Greminger auch Zuchttiere.
Aus sieben wurden achtzig
«Ich habe mal mit sieben Schafen angefangen und habe immer mehr gekauft. Am Schluss hatte ich nur noch Engadiner. Jetzt bin ich bei den achtzig Muttertieren, im Zuchtverein sowie Herdebuchmitglied», beschreibt er das Wachstum der Herde in den vergangenen Jahren.
Die Schafe sind bei ihm von November bis Mitte März auf der Weide. Sie eignen sich sehr gut dafür, in ihrer Heimat sind sie dafür bekannt, dass sie kein Kraut auf der Wiese verschmähen und sogar Grünerlen erfolgreich zurückdrängen. Eine Herausforderung der Schafhaltung ist darum das Weidemanagement, konkret der Umgang mit Parasiten wie Würmern oder Krankheiten wie der Moderhinke.
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Hierzu bemerkt Greminger; «Ich habe das Gefühl, sie sind recht robust dagegen, bisher haben wir keine Probleme mit der Moderhinke. Bei den Würmern hingegen treten vermehrt Resistenzen auf und das, obwohl ich mich an die Empfehlungen vom Forschungsinstitut für biologische Landwirtschaft (FiBL) gehalten habe.»
Er versuche darum, vermehrt Esparsette in der Form von Trockenwürfeln einzusetzen. Auch möchte er sie vermehrt in seinen Kunstwiesenmischungen einsetzen.
Ackerbau, Spezialkulturen und Direktverkauf prägen den restlichen Betrieb
Neben den Engadinerschafen und den 30 Sorten an Hochstammobst betreibt Greminger auf 11 Hektaren Ackerbau. Hier wachsen Winterweizen, Winterhafer, Ackerbohnen und Raps gefolgt von Kunstwiese. Der Mist der Schafe komme dem Raps zugute, denn dieser brauche bekanntlich «Pfupf». Ebenfalls produziert werden auf 10 Aren Erdbeeren, auf 30 Aren Heidelbeeren und auf 120 Aren Birnen, die frisch oder gedörrt auf dem Wochenmarkt am Samstagvormittag in Wil gekauft werden können. Dort gibt es dann natürlich auch das feine Schaffleisch seiner Engadinerschafe.
Weitere Informationen zum Betrieb.
Das Engadinerschaf
Es sei ein äusserst gelungenes Cuvée, schreibt der Engadiner Schafzuchtverein auf seiner Website, weil es über die besten Eigenschaften seiner Ursprungsrassen verfüge. Vom Steinschaf habe es nämlich die Fruchtbarkeit und vom Bergamaskerschaf die Folgsamkeit erhalten. Ausserdem zeichne es sich durch eine hohe Milchleistung, gute Gesundheit und Robustheit aus.
Ein besonderes Merkmal vom Engadinerschaf sei ebenfalls seine hohe Genügsamkeit. Diese zeigt es am besten auf der Alpweide, wo es dafür bekannt ist, dass es gerne auch die Grünerle entrindet und so die Alpweiden sauber hält.
Dank all dieser Eigenschaften und auch seiner Herkunft sei es schlechthin das Schaf der Ostalpen, schwärmt der Zuchtverein. Im Rahmen des Rassenerhaltungsprogrammes von ProSpecieRara wird es gezielt gefördert. Mittlerweile sei der Bestand der Herdebuchtiere auf über 3000 angewachsen, Tendenz steigend. Die Zahl der rassenreinen Engadinerschafe werde hingegen auf ca. 10 000 Tiere geschätzt.


