Gerade im Winter freuen sich viele über fröhlich zwitschernde Vögel. Flattern sie aber massenhaft im Stall herum, ist schnell Schluss mit lustig: Im Gegensatz zu Schwalben, die als Insektenfresser gern gesehene Stall-Mitbewohner sind, machen Spatzen dem Vieh die Körner streitig und pflastern Futter wie Einrichtung mit ihren Hinterlassenschaften.
Futterquellen abdecken
Auf der Suche nach Tipps gegen zu viele Spatzen im Stall stösst man im Internet auf einen Artikel von Georg Teepeker, der im selben Wortlaut in verschiedenen deutschen Landwirtschaftsmedien erschienen ist. Der kürzlich pensionierte Fachleiter Betrieb/Tier der Landwirtschaftskammer Niedersachsen rät dazu, präventiv attraktive Futterquellen abzudecken. Namentlich die Anschnittfläche von Silos solle mit einem Vlies oder Netz geschützt werden (wegen Schimmelgefahr keine Silofolie dafür benutzen).
Schwieriger wird es am Futtertisch. In hohen, offenen und gut gelüfteten Milchviehställen moderner Bauart hindere fast nichts die Vögel am massenhaften Einfliegen. «Sie durchwühlen das Futter intensiv, verschmutzen es mit Federn und Kot und nutzen die Tränkebecken als Badewannen», schildert Teepeker das Problem. Ein völlig vogelfreier Stall sei aber einerseits quasi unmöglich und könne andererseits nicht das Ziel der Überlegungen sein – Stichwort Schwalben. Bei massiv vielen Spatzen empfiehlt der Fachmann aber, Öffnungen mit engmaschigen Netzen zu versehen, Tore nur während der Fütterung zu öffnen und Drähte (Spikes) an den beliebtesten Ruheplätzen anzubringen. Mehr Aktivität im Stall und auf dem Futtertisch helfe ebenfalls, die Spatzen zu vertreiben.
Kaum in Konkurrenz
Der Tipp, stallnahe Büsche oder Hecken allenfalls rabiat zu stutzen, ist mit Vorsicht zu geniessen. Zumal er der Empfehlung widerspricht, zwecks Spatzenabwehr geeignete Lebensräume für Greifvögel zu schaffen. Die Sperlinge (in der Schweiz: Spatzen) durch andere Stall-Mitbewohner wie z. B. Schwalben zu vertreiben, hält Livio Rey von der Vogelwarte für wenig aussichtsreich. «Sperlinge haben nicht die gleiche Lebensweise wie Schwalben oder andere Vögel», gibt er zu bedenken. Daher stünden sie kaum in Konkurrenz um Nahrung oder Nistplätze und Spatzen seien darüber hinaus sehr anpassungsfähig. «Fressfeinde wie Sperber können natürlich eine Rolle spielen», räumt Rey ein, «aber verschwinden werden die Spatzen deshalb kaum.» Dasselbe gelte für die Anwesenheit von Katzen. Von Spikes rät die Vogelwarte wegen Verletzungsgefahr ab. Ausserdem könnten kleinere Vögel gut zwischen den Spitzen hindurchspazieren.
Georg Teepeker führt auf seiner Liste möglicher Abwehrmassnahmen im Weiteren akustische und optische Reize auf. Ersteres dürfte im Inneren eines Stalls einigermassen störend sein, es ist mit einem Gewöhnungseffekt der Spatzen zu rechnen und es gibt keine Erfolgsgarantie – schon gar nicht auf Dauer. Auch an aufgehängte CDs, Bänder oder Ähnliches würden sich Sperlinge schnell gewöhnen, sagt Livio Rey. Abwechslung könne helfen: Fähnchen, Windräder, Alufolien usw. – all das funktioniere aber auch nur kurzfristig. «Um Spatzen längerfristig von einem Ort oder Raum fernzuhalten, muss der Zugang verwehrt werden», so der Ornithologe. «Etwa mit Gittern oder verschlossenen Türen.»
«Theoretisch machbar»
Um unerwünschte Spatzen aus Nistkästen fernzuhalten, kann man das Einflugloch mit einem Holzring verkleinern. So passen z. B. nur noch Blaumeisen durch. «Sehr wahrscheinlich brüten die Sperlinge aber auch unter Dachvorsprüngen, in Löchern und Rissen an der Hausfassade, in Storenkästen usw.», ergänzt Livio Rey. Es sei zwar theoretisch denkbar, alle möglichen Löcher zu verschliessen, um den Spatzen das Nisten zu verunmöglichen. «Allerdings wäre dieser Aufwand möglicherweise zeitlich und finanziell sehr hoch und es werden auch Nischen für andere Tiere wie Fledermäuse, Mauersegler oder Meisen zerstört», warnt Rey.
Und wie wäre es, den Spatzen eine alternative Futterquelle ausserhalb des Stalls zur Verfügung zu stellen? «Das ist eine Möglichkeit. Aber es ist schwer zu sagen, ob die Vögel dann dem Stall fernbleiben oder ob man damit noch mehr Spatzen anlockt.» Im Sommer empfiehlt die Vogelwarte keine Fütterung, da sich bei hohen Temperaturen Krankheiten unter den gefiederten Besuchern schneller verbreiten. Winters müsse die Futterstelle fachgerecht eingerichtet sein: Vögel sollten sich aus Hygienegründen nicht hineinsetzen können und das Futter sollte ihrer natürlichen Nahrung entsprechen.
Bei allen Überlegungen – und vor allem auch bei der Suche nach Ratschlägen im Internet – gilt es zu bedenken, dass Spatzen in der Schweiz geschützt sind. In manchen Online-Foren geben sich die Mitglieder Tipps, wie man die kleinen Vögel am besten vor die Flinte bekommt. Das wäre hierzulande definitiv nicht legal.
Das Tierwohl beachten
Die Frage, wie weit man bei der Spatzenbekämpfung in der Schweiz gehen darf, ist laut Livio Rey schwierig zu beantworten. «Das Tierwohl muss immer berücksichtigt werden und auch im Jagdgesetz gibt es Vorgaben. Etwa, dass das Brutgeschäft der Vögel nicht gestört werden darf.» Sperlinge könnten von März bis September brüten. «Grundsätzlich sollten bei allen Massnahmen keine Tiere zu Schaden kommen, Selbsthilfemassnahmen gegen Sperlinge sind seit einigen Jahren nicht mehr erlaubt», so der Ornithologe.
