Markus Berner, Geschäftsführer Vereinigte Milchbauern Mitte Ost (VMMO), war entrüstet, als sich an der VMMO-Mitgliederversammlung des Kreises Schaffhausen mehrere LandwirtInnen meldeten, und über unangemeldete Kontrollen des Interkantonalen Labors (IKL) berichteten. Sie seien morgens wie üblich in den Stall gegangen, und hätten neben dem Zettel der Tankleerung der Arnold Produkt AG einen zweiten Zettel des IKL entdeckt.
Dort stand «Probeentnahme Milchtank» mit der genauen Uhrzeit – nach Mitternacht, gezeichnet mit dem Namen eines IKL-Mitarbeiters. So hatte ein Labormitarbeiter Mitte Oktober zusammen mit der nächtlichen Milchtour der Arnold Produkte AG bei rund zwölf Landwirten, die auf der Tour in der Region Thayngen/Reiat liegen, Milchproben der einzelnen Betriebe erhoben und nach der Sammeltour auch aus dem Arnold-Tankwagen zwei Mischproben.
Anwesenheit des Betriebsleiters auch bei unangemeldeten Kontrollen
«Auch bei unangemeldeten Kontrollen sollte, und ich finde, muss die Betriebsleitung anwesend sein», empörte sich Markus Berner. «Aber wenn die Kontrolle um Mitternacht stattfindet, wo die Familie nach dem letzten Stallrundgang spät ins Bett sinkt, und morgens um 5.30 Uhr spätestens im Stall steht, ist so ein Vorgehen fast schon unanständig», findet Berner.
Aufgrund von Rückfragen einiger Betriebsleiter verschickte das Interkantonale Labor im Nachgang ein Informationsschreiben über die Probenahmeaktion an alle beprobten Betriebe (Brief liegt der BauernZeitung vor). Darin wurde festgehalten, dass die PFAS-Nachweise im Kanton St. Gallen der Auslöser für diese Beprobungen waren.
Aber das IKL gehe davon aus, dass im Kanton Schaffhausen nur wenig belasteter Klärschlamm auf den Feldern ausgebracht worden sei, und dass die Gefahr des Eintrags von PFAS-Stoffen in die Lebensmittelkette eher gering sei. Diese Annahme wollte das IKL durch Untersuchungen von Milch bestätigen.
Milch- statt Bodenanalyse
«Wir haben uns auf die Beprobung der Milch fokussiert», erklärt Kurt Seiler, Leiter IKS und Kantonschemiker des Kantons Schaffhausen. «In der Schweiz gibt es derzeit noch keinen Grenzwert für Milch, ein solcher soll 2026 eingeführt werden», sagt Seiler. Richtschnur für die Analyse der Milchproben sei der EU-Richtwert für Milch. Ein Überschreiten des EU-Richtwertes habe aber keine Beanstandung und auch keine Massnahmen zur Folge, sondern nur Empfehlungen.
Ganz anders verhalte es sich bei Fleisch, Fisch oder Eiern. Bei einer Überschreitung gelten sie als nicht verkehrsfähig. Eine weitere Möglichkeit sei Bodenproben zu untersuchen. Das sei aber viel aufwändiger und daher nur im Verdachtsfall angezeigt. «Im Nachhinein wäre es besser gewesen, die Bauernfamilien vorgängig zu informieren. Aber gemäss Lebensmittelrecht war alles rechtens. Unsere Kontrollen erfolgen immer unangemeldet», so Seiler.
«Ich finde das Vorgehen nach wie vor speziell», sagt Markus Berner. In keinem Fall hätte eine Vermutung vorgelegen, dass gegen das Lebensmittelgesetz gehandelt worden sei. PFAS sei ein Umweltgift, das überall vorkommen könne. Es sei nicht mal geklärt, ob wirklich Klärschlammausbringung die Ursache für das Überschreiten der Grenzwerte beim Fleisch sei.
Die SMP ist über das Vorgehen in Schaffhausen auf dem Laufendem. «Ich habe auch die beiden Nationalräte Marcel Dettling und Martin Hübscher informiert», sagt Berner. Dettling ist VMMO-Vorstandsmitglied und Hübscher Präsident der Mooh-Genossenschaft. «Mir ist es wichtig, dass sie sich auf Bundesebene für ein gesamtschweizerischen Vorgehen einsetzen», fügt Berner an.
Entwarnung für Region Reiat
In den inzwischen vergangenen zwei Wochen hat das IKL in einem ersten Schritt zwei Sammelproben eines Tankwagens untersuchen lassen, welche die Milch von mehreren Milchlieferanten enthielen. «In beiden Proben konnten zwar Rückstände von einem dieser PFAS, namentlich von PFOS, gefunden werden. Allerdings sind die gefundenen Konzentrationen sehr tief», erklärt Kurt Seiler. Sie lagen weit unterhalb des EU-Richtwertes von 0,02 Mikrogramm pro Kilogramm Milch.
Aufgrund der Ergebnisse für die Milch könne man davon ausgehen, dass auch Fleisch von Tieren aus der beprobten Region mit grosser Wahrscheinlichkeit keine Höchstwertüberschreitungen zeigen. «Entsprechende Untersuchungen erübrigen sich», versichert Seiler. Auch hätte dieser «erfreuliche» Befund zur Folge, dass die einzelnen Milchproben nicht mehr auf PFAS untersucht werden müssen. In der Region Reiat/Thayngen kann also grundsätzlich Entwarnung gegeben werden. In den anderen Regionen des Kantons Schaffhausen sind laut Seiler ebenfalls Beprobungen von Milch geplant. «Wir hoffen, dass auch dort keine hohen Belastungen nachgewiesen werden», sagt Kurt Seiler abschliessend.
Grasland im Fokus
Was bleibt hängen, wenn Experten in knapp anderthalb Stunden den gesamten Milchmarkt abhandeln? Doch so einiges. Das bewiesen SMP-Direktor Stephan Hagenbuch und Hanspeter Egli (Präsident Vereinigten Milchbauern Mitte-Ost, VMMO) am Mitgliedertreffen in Schaffhausen.
- Direktor Stephan Hagenbuch zeigte sich kämpferisch und legte dar, wie sich die SMP in nächster Zeit für eine bessere Wertschöpfung der Milch einsetzt. Sowohl in der Agrarpolitik als auch im Marketing legt die SMP den Focus auf die Graslandproduktion.
- Hanspeter Egli begründete die Änderung im Fonds Rohstoffverbilligung und versuchte die Schaffhauser Milchbauern für den Klimarechner zu begeistern.
- Markus Berner machte auf die VMMO-Weiterbildung im Juni 2025 aufmerksam. Das Thema wird die Fütterung der Galtkuh sein.
Schaffhausen war der Auftakt der VMMO-Mitgliederversammlung. Nächstens finden in den Ostschweizer Kantonen weitere zwölf Versammlungen statt. Es ist dies eine gute Möglichkeit, den VMMO-Verantwortlichen zu sagen, wo der Schuh drückt.