«Gute Fütterung – gute Zellzahlen», brachte es Matthias Koller, Futterbauberater am Arenenberg auf den Punkt. Anlass für seine Ausführungen waren die zwei Arenenberger Milchviehstämme, die bei der Familie Fürer in Dussnang und bei der Familie König in Tägerwilen (siehe Kasten) stattfanden.
Risiko Mykotoxine
«Die Futterhygiene hat grossen Einfluss auf die Zellzahlen», führte Matthias Koller aus und weiter: «Die Gefahr von Nacherwärmungen ist bei den derzeit hohen Temperaturen hoch. Auch kann die Mykotoxinbelastung in diesem Jahr bei Heu und Futtergetreide zu Problemen führen.»
Zu den fütterungsbedingten Stressoren zählen aber nicht nur verschimmeltes Futter, sondern auch hohe Rohaschegehalte und abrupte Futterumstellungen. Diese Faktoren schwächen das Immunsystem der Kühe, vergrössern die Mastitis-Gefahr und das Risiko für hohe Zellgehalte in der Milch. Folgendes müsse bei der Futterkonservierung beachtet werden:
- Die Verschmutzungsgefahr des Futters bei der Ernte vermeiden (kein Tiefschnitt, richtige Maschineneinstellung, Mäuse bekämpfen).
- Die Silierregeln einhalten und allenfalls Siliermittel verwenden.
- Nacherwärmungen im Silo vermeiden (Zusätze). Die Silogrösse und Entnahme dem Tierbestand anpassen.
- Für optimale Lagerbedingungen im Heustock und bei den Siloballen sorgen.
Zusätze oder Futterkalk?
Milchproduzent Rolf König verbessert die TMR-Ration durch Futterzusätze, die die Wirkung pathogener Mikroorganismen, Schimmelpilze und Hefen hemmen. [IMG 2] Diese können durch Nacherwärmung entstehen. Auch puffern Zusätze das Futter, sodass der Pansen der Milchkühe nicht übersäuert. Bruno Ottiger vom Arenenberg verwies darauf, dass Futterkohle die gleiche Wirkung habe. Der Betriebsleiter des Versuchsstalls in Tänikon mache damit gute Erfahrungen. Futterkohle sei günstiger als die von den Futtermittelfirmen angebotenen Zusätze. «Einen Nachteil hat Futterkohle. Sie bindet Spurenelemente, die für die Tiergesundheit wichtig sind.»
Während die Arenenberger Berater zeigten, wie man durch gutes Grundfutter hohe Zellzahlen vermeiden kann, ging Konrad Morf, Milchproduzentenberater der Bamos AG, das Thema von der anderen Seite an. Er erklärte, worauf es beim Melken ankomme.
«Saubere Euter, weniger Zellzahlen»
Wie kann man Euterkrankheiten vermeiden?
Konrad Morf: Generell gilt, dass Kühe zum Betrieb passen müssen. Ein Biobetrieb kann nie eine Hochleistungskuh richtig füttern. [IMG 3] Heutzutage muss sich jeder Betriebsleiter dessen bewusst sein. Auch muss jeder beim Melken die Hygienevorschriften beachten. Manchmal ist die Ursache von zu hohen Zellzahlen ein falscher Ablauf beim Melken. Kranke Kühe muss man zuletzt oder getrennt melken. Oft verschleppt man Bakterien von einer Kuh zur anderen, wenn man die gleiche Holzwolle oder das gleiche Eutertuch bei mehreren Kühen verwendet.
Also bei jeder Kuh ein frisches Euterreinigungstuch und Handschuhe tragen?
Genauso muss es sein, nach jeder Kuh ein neues Reinigungstuch. Es kommt nicht darauf an, ob man Handschuhe trägt oder nicht. Sauber muss es sein. Auch wenn man Handschuhe trägt, sollten sie nach zwei bis drei Kühen gewaschen werden. Noch besser ist es, sie mit einem alkoholhaltigen Eutertuch zu reinigen. Das sollte man auch machen, wenn man keine Handschuhe trägt.
Wie gehen Sie bei einer Beratung vor, wenn sich ein Landwirt wegen zu hohen Zellzahlen bei Ihnen meldet?
Zellzahlprobleme haben vielfältige Ursachen. Deshalb packen wir das systematisch an. Im Gespräch klären wir, wie gemolken wird. Danach gehen wir zur Kuh, kontrollieren Stallklima, Futter, Tränkebecken und den Liegebereich. Oft liegt das Problem auch an mehreren kleinen Orten. Wir führen verschiedene Messungen durch. Neben den Vakuummessungen können wir die Pulsatorenkurve aufzeichnen. Auch eine Nassmessung ist möglich. Dabei messen wird das Vakuum während des Melkvorgangs unterhalb der Zitze und im Zitzengummikopf. Mit diesen Resultaten können wir feststellen, ob der Melkvorgang richtig läuft.
Was ist der richtige Ablauf beim Melken?
Zuerst Vormelken in den Vormelkbecher, dann das Euter reinigen mit Einwegmaterial, das Melkzeug ansetzen, wenn die Milch eingeschossen ist, die Position des Melkzeugs kontrollieren. Wenn dann die Kuh fertig gemolken ist, Euter kontrollieren, auch bei Selbstabnahme, und dann Zitzentauchen, sprayen und visuelle Zitzenkontrolle.
Sie rücken aber nicht nur wegen Zellzahlen aus?
Nein. Bei der Käsereimilch sind es vielfach Probleme mit Propionsäure, Reduktase oder Sporen. Wir haben einen fixen Stundenansatz und rechnen die Anfahrt dazu. Im Schnitt sind wir 1 bis 1,5 Stunden auf dem Betrieb und verfassen anschliessend einen Bericht mit unseren Empfehlungen. Durchschnittlich kostet das einen Landwirt ca. Fr. 300.– bis Fr. 400.–. Handelt es sich um einen Thurgauer Betrieb, erhalten Mitglieder vom Thurgauer Milchverband einmalig pro Jahr 100.– an diese Kosten.
Zu Gast auf Roboterbetrieben
Weit über 200 Milchproduzenten besuchten die Milchviehstämme. Der erste Stamm fand be der Generationengemeinschaft von Christof und Remo Fürer in Dussnang statt. Fürers haben einen Roboterstall und weiden ihre 30 Kühe drei Stunden pro Tag. Neben der eigenen Aufzucht mästen sie alle Mastkälber auf dem Betrieb.
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Zur Reduktion der Amoniakemissionen bauten sie Rillenbodenplatten ein, die den Harn rasch ableiten. Die Reinigung erfolgt durch einen Mistroboter mit Bürsten. Zudem haben Fürers einen Sauenstall mit 80 Zuchtsauen. Die Ferkel gehen an einen Käser, der im Nachbarstall mästet.
Der 40 Hektaren grosse Königshof war Gastgeber des zweiten Milchviehstamms. Die Familie König hat einen Roboterstall mit 60 Kühen. [IMG 4] Sie ziehen 35 Mastkälber auf. Die Aufzuchtkälber sind im Aufzuchtsvertrag fremdplatziert. Jährlich werden sechs Kälber nachgenommen. Dem Betriebsleiter ist die Langlebigkeit seiner Kühe wichtig. Die Rastzeit beträgt im Schnitt 150 Tage. Die jährlich 480 000 kg Milch gehen an die Züger Frischkäse AG.
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Die totale Mischration (TMR) wird über ein Förderband in einen automatisierten Futterverteiler bzw. -schieber befördert. Alle zwei Stunden fährt dieser entlang einer deckenlastigen Schiene dem Tenn entlang, wirft das Futter aus und schiebt es zur Krippe. Durch ein automatisiertes Weidetor haben die Kühe von 7 bis 24 Uhr Weidezugang.