«Ja, es sind unsere ersten 100'000er-Kühe im Stall», sagt Urs Bernhard ein wenig stolz. Das Besondere daran ist, es sind Zwillinge, welche die magische Grenze diesen Sommer überschritten haben. Juni und Juli heissen die rüstigen Damen, die nächstes Jahr 15 Jahre alt werden.
Es sind langlebige Swiss-Fleckvieh-Kühe, ihr Vater der bekannte SF-Stier Stadler. Juli hat zudem noch eine «Goldmedaille» im Sack. «Ausgezeichnet wurde sie letztes Jahr von Swissherdbook, dank ihren guten Milchgehalten und den tiefen Zellzahlen», so der Landwirt.
Ein schöner Fotoplatz
Es ist ein regnerischer Tag, an dem wir die Familie Urs und Susanne Bernhard auf ihrem Hof in Heimiswil besuchen. Eben noch schien die Sonne – jetzt regnet es wieder. Der Betriebsleiter steht mit seinem Sohn Nils schon vor dem Haus parat, und erst noch im Chüjermutz. Den auserwählten Platz, wo die beiden «Ladys» fotografiert werden sollen, hat die Familie wunderschön mit Strohballen, Melkkessel und Milchkanne dekoriert.
Gemütlich laufen die Kühe aus dem Stall. «Was, ich muss auch mit aufs Bild?», fragt Susanne Bernhard etwas überrascht. «Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich meine Tracht angezogen», meint sie etwas verlegen. Dafür ist jetzt die Zeit zu knapp, denn schon braut sich der nächste Regenschauer über den Hof zusammen. Das Foto ist gemacht, die beiden Kühe können zurück in den Stall. Unglaublich, wie fit die zwei Damen noch sind. Keine Spur von Altersbeschwerden, keine Spur, dass es den beiden Kühen nicht gut gehen würde.
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Kommen mit an die Schau
So problemlos sie sind, so unauffällig sind Juni und Juli auch im Stall: «Wir haben es fast nicht bemerkt, dass sie die 100'000er-Marke überschritten haben», meint Urs Bernhard. Es sind Kühe, die jedes Jahr abkalben, gute Milch geben und nicht gross mit Trächtigkeitsproblemen zu kämpfen haben. So sind Juni und Juli auch schon wieder trächtig, dieses Mal gesext vom SF-Stier Roxel. Die eine hat das erste Mal aufgenommen, die andere brauchte eine Dose mehr.
Mit gut 6000 kg starteten beide Kühe in ihre erste Laktation, steigerten sich dann im Laufe ihres Lebens bis über 11'000 kg Milch. «Jedes Jahr nehmen wir Juni und Juli auch immer noch an die Viehschau mit», erzählt der Junior Nils Bernhard. «Diesen Herbst haben wir sie zum ersten Mal mit dem Viehwagen geführt, sonst sind sie immer noch gelaufen», so der Betriebsleiter.
Beide Kühe sind punktiert mit 55 45 97, wobei Juli immer vor ihrer Zwillingsschwester an der Latte steht. Viehschauen haben bei Bernhards sowieso einen grossen Stellenwert: «Für Ausstellungen haben wir keine Zeit, zweimal im Jahr an die Beständeschau, das lassen wir uns nicht nehmen», so der einhellige Tenor der Familie. Im Herbst werde dann meistens der ganze Viehbestand mitgenommen. «Da darf natürlich das Glockengeläut nicht fehlen», so der Landwirt.
Geben ihre Gene weiter
Die Robustheit und Langlebigkeit von Juli und Juni könnte von ihrem Grossvater, dem RH-Stier Stadel, kommen. Hinterliess dieser doch etliche 100'000er-Kühe. Auch im Stall von Bernhards scheinen Juli und Juni diese Eigenschaft an ihre Nachkommen weiterzugeben. Beide Kühe haben Töchter, die schon weit über 50'000 kg Milch geleistet haben. Und noch eines vererben sie: Zwillingsgeburten. Beim Stallrundgang fallen vor allem die Zwillingstöchter von Juni auf, zwei sehr schöne Töchter vom SF-Stier Madison.
Zudem kann Juni mit Janka noch mit einer weiteren schönen Tochter auftrumpfen. Diese RF-Kuh, eine Alexo-Tochter, punktiert mit 55 55 97, sticht einem förmlich ins Auge. Damals habe man Juni eigentlich mit Kilian besamt, dumm nur, dass der Besamer die Samendose verwechselt hat. «Als das Kalb zur Welt kam, habe ich zuerst gedacht, ah, ein schön dunkelrotes, erst als es trocken war, bemerkte ich die schwarze Fellfarbe», erzählt der Landwirt lachend.
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Ein Geburtstagsgeschenk
Obwohl Bernhards überzeugte SF-Züchter sind, steht aber noch eine weitere schwarze Kuh mit einer besonderen Geschichte im Stall: «Vor zwei Jahren kam mein Mann am Abend von einer Burgdorfer Auktion nach Hause und schwärmte von einer Holsteinkuh, die er gekauft hätte, wenn ein Platz im Stall frei gewesen wäre», erzählt Susanne Bernhard die Geschichte am Küchentisch. Noch im Bett habe er von dieser Kuh erzählt. «Also durchstöberte ich am nächsten Morgen den Katalog und rief deren Besitzer an und fragte ihn, ob die Kuh noch verkäuflich wäre.»
Das Glück wollte, dass die Kuh an der Auktion keinen Käufer fand und der Besitzer sie wieder nach Hause nahm. «Diese Kuh, eine Bad-Tochter mit dem Namen Kenia, war dann das perfekte Geschenk für meinen Mann zum 50. Geburtstag», erinnert sich Susanne Bernhard. Sie organisierte alles, damit deren Besitzer Thomas Stampfli aus Etziken sie am 24. Oktober 2020 schön geschmückt zu ihnen auf den Hof brachte. «Ich war natürlich extrem überrascht, und obwohl ich immer noch keinen Platz im Stall hatte, freute ich mich ungemein über dieses Geburtstagsgeschenk», so der Landwirt. Man hofft natürlich, dass diese Kuh auch einmal die 100'000er-Grenze überschreiten wird. Juni und Juli haben es schon mal vorgemacht, zwei Kühe, die weiterhin Geschichte schreiben bei Bernhards.