Markus Hermann bittet die Besucherinnen und Besucher, vor dem Betreten des Stalls die Schuhe zu desinfizieren und Abstand vom Futtertisch zu halten. Dann führt er in die hohe, auf einer Seite offene Halle. Trotz der Sommerhitze im August ist das Klima angenehm. Die rund 40 Limousin-Mutterkühe mit ihren Kälbern beobachten die Menschengruppe mit ruhigem Interesse.

«Umgänglichkeit ist ein wichtiges Zuchtziel», erklärt Markus Hermann. Natürlich nebst all den anderen Parametern zu Leistung und Wirtschaftlichkeit der Tiere, die er im Griff hat. Auf dem Lerchenrainhof von Familie Hermann in Therwil im Kanton Basel-Landschaft fand am 6. September die Nordwestschweizer Mutterkuh-Tagung statt.

Wie der Vater so der Sohn

Markus Hermann bewirtschaftet 50 Hektaren LN und betreut neben dem Rindvieh ein Dutzend Pensionspferde. Bei der Arbeit wird er unterstützt von seinem 27-jährigen Sohn Michael, Meisterlandwirt, mit eben soviel Freude an der Landwirtschaft und den Tieren wie der Vater. Vor zwei Jahren hat der 52-jährige Betriebsleiter eine neue Halle inklusive Lagerraum für seine Limousin gebaut.

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Der Stall ist unterteilt in sechs Buchten, eine davon belegen die Zuchtmuni, von denen Hermann – neben weiblichen Remonten – jährlich ein gutes Dutzend verkauft. Er unterteilt seine Herde zudem in Abkalbegruppen und trennt auch Kühe mit Kuhkälbern von Kühen mit Munikälbern. Das verhindert ungewollte Trächtigkeiten und bringt Ruhe in den Stall.

«Mein Herz schlägt für Limousin»

Die Besucherinnen und Besucher erlebten einen begeisterten Betriebsleiter auf dem Rundgang: «Mein Herz schlägt für Limousin, diese Herde ist mein Stolz.» Die Qualität und Homogenität in seinem Stall sind das Ergebnis sorgfältiger Zuchtarbeit. Vor rund 30 Jahren importierte Markus Hermanns Vater die ersten reinrassigen Limousin aus Frankreich auf den Lerchenrainhof.

«Die Umgänglichkeit ist für mich ein wichtiges Zuchtziel.»

Betriebsleiter Markus Hermann vom Lerchenrainhof über seine Limousin-Herde.

«Diese intensive Rasse passt zu unserer guten Futtergrundlage», erklärte der heutige Betriebsleiter. Die schweren Tiere seien dankbar in der Ausbeute, aber das Weidemanagement müsse stimmen auf seinen Lehmböden, sonst gebe es rasch Trittschäden.

Das Potenzial der Tiere ausschöpfen

Markus Hermann achtet auf eine lange Weidesaison, stallt aber auch in dieser Zeit täglich ein. «Das Weiden tut den Tieren gut, ist in unserer Region aber nicht die Grundlage für die Zunahmen», stellte er klar. «Ich füttere intensiv – ich will das Potenzial der Tiere ausschöpfen.» Seine Kälber legen eine durchschnittliche Tageszunahme von 1400 Gramm vor. Mit zehn Monaten und einem Absetzgewicht von 270 bis 300 kg gehen sie in den Natura-Beef-Kanal, das Fleisch einiger Beefs wird auch direkt vermarktet.

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Bodenproben geben Hinweise

Vom Auslauf her haben die Tiere Aussicht auf eine Kunstwiese mit saftiger Luzerne, die derzeit zum fünften Schnitt aufwächst. Sie hat sich gemäss Hermann besonders auch in trockenen Jahren bewährt. Der Züchter legt grossen Wert auf optimales Grundfutter, das er in Form von Gras-, Maissilage und Heu produziert. Aus diesem Grund gab es an der Tagung Inputs zum Düngungsmanagement von Frank Gerdener von Gerdener Agro.

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Der Fachmann für Pflanzennahrung findet, dass die Bodenproben in der Schweiz nur grobe Hinweise auf die Nährstoffversorgung geben würden. Bei der Grunddüngung sieht er auf vielen Betrieben Verbesserungspotenzial, um Einbussen bei Tiergesundheit und Mastleistung zu verhindern.

Smarte Ohrmarke hilft, aufzupassen

Auf einigen Schweizer Betrieben tragen die Rinder Ohrmarken mit Sensoren. Diese registrieren Bewegungsmuster und geben Aufschluss über Standort und Verhalten der Tiere. Die Testphase dieser Sensorohrmarken läuft seit drei Jahren; sie sollen bis 2025 auf den Schweizer Markt kommen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen würde vor allem auf Sömmerung und Weidehaltung fokussiert, informierte Stefan Rieder von der Identitas an der Mutterkuh-Tagung.

Er nannte Beispiele für die Anwendung: Der Tierhalter sieht, wenn Rinder durch Wolfspräsenz oder aus anderen Gründen unruhig werden. Er weiss jederzeit, wo sich seine Tiere befinden. Wenn ein Tier aufgrund einer Verletzung sein Bewegungsmuster ändert, kann er rechtzeitig zu Hilfe kommen. Und auch der Tourismus profitiert: Wanderer schauen auf einer App nach, ob in der Nähe eine Mutterkuhherde weidet und passen allenfalls ihre Route an. «Dabei behält der Tierhalter immer die Hoheit über seine Daten», versprach Rieder. 

Ochsen gegen Sommerloch

2023 war für Mutterkuh Schweiz ein Jahr der positiven Marktentwicklung mit einer Rekordzahl vermarkteter Tiere. Bei den Marktpartnern von Mutterkuh Schweiz laufe es im Allgemeinen weiterhin gut, informierte Daniel Flückiger, Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz, an der Regionaltagung. Bedauerlich sei allerdings der Ausstieg von Traitafina aus dem Geschäft mit Swiss-Prim-Gourmet, dem langjährigen Aushängeschild von Schweizer Fleisch im Gastrokanal. Für diesen Schritt gab es schon länger Anzeichen und der Grossteil der Tiere konnte in den vergangenen Jahren bei anderen Abnehmern platziert werden. Gespräche mit potenziellen neuen Partnern für die verbleibenden Tiere laufen gemäss Flückiger, sodass die Tiere auch im neuen Jahr abgesetzt werden können.

Einmal mehr machte in den vergangenen Sommermonaten die saisonale Flaute auf der Angebotsseite zu schaffen. Das Projekt «Sommer-Ochse» der Vianco soll künftig helfen, dieses Sommerloch zu stopfen. Das neue Programm ist für schwere Ochsen und Rinder gedacht. Gesucht werden einerseits ab sofort bis im Dezember spätreife Remonten, bevorzugt Kreuzungstiere, und andererseits Betriebe für die Ausmast dieser Tiere. Deren Schlachtung ist im Sommer 2025 vorgesehen; Ziel sind ein Schlachtgewicht von 350 bis 420 kg und eine Fettabdeckung von 2, 3 oder 4.

«Es wäre schade, wenn sich die Abnehmer für den Sommer generell auf mehr Importe ausrichten», mahnte Flückiger. Er stellte zudem fest, dass auch die Qualität in dieser Jahreszeit abnehme: Im Spätsommer und Herbst kommen vermehrt Tiere mit mangelhafter Fettabdeckung in den Schlachthof.