Andrea Accola und Beat Elmer vom Plantahof begrüssten die 50 Anwesenden. Für Accola ist es das letzte Symposium, er tritt im Juni die wohlverdiente Pension an. Die meisten Teilnehmer stammen aus Graubünden und dem St. Galler Oberland, etwa 10 Prozent von anderen Kantonen. Dabei kann der Plantahof auf Stammgäste zählen, die seit den 90er-Jahren alle 24 Veranstaltungen besuchten. [IMG 2]
Die Mutterkuhhaltung stand im Zentrum. «Aber auch kulinarische Themen gehörten dazu. Sehr speziell war, als Spitzenköchin Nicole Hasler zusammen mit unserem Küchenteam ein mehrgängiges Nose-to-tail-Menü aufgetischt hat», hält Beat Elmer fest und Andrea Accola ergänzt: «Wenn möglich versuchen wir, die Bedürfnisse der Teilnehmer zu berücksichtigen. Ein solcher Wunsch war es, Burnout zu thematisieren. Wir organisierten einen Vortrag mit Marcel Bäni, der vielen die Augen öffnete.»
Stundelohn von 13 bis 19 Franken
Hauptreferent war aber Christian Gazzarin von Agroscope, der die Wirtschaftlichkeit der Mutterkuhhaltung unter die Lupe nahm. Im Projekt Grassbeef4Future untersuchte der Wissenschaftler 42 Mutterkuhbetriebe mit mindestens 18 RGVE. 25 der Betriebe stammten aus dem Berggebiet (davon waren 72 % Bio) und 17 aus der Talregion (davon waren 29 % Bio).
Unterschied zwischen Berg- und Talbetrieb
Eindrücklich ist die Einkommensschere zwischen einem Defizit von Fr. 20'000.– bis zu einem Plus von über Fr. 120'000.– im Betriebszweig Mutterkuhhaltung. Vorwiegend grössere Bergbetriebe können ein höheres Einkommen erwirtschaften. Der Durchschnitt liegt dort bei Fr. 2207.– je Kuh und Jahr während im Tal das durchschnittliche Einkommen bei Fr. 983.– liegt. Daraus resultiert im Berggebiet ein durchschnittlicher Stundenlohn von Fr. 19.90, im Tal werden Fr. 13.–/h erreicht.
Diese Unterschiede sind auf die Direktzahlungen (Steillagen- und Alpungsbeiträge) und die Maschinenkosten zurückzuführen. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse, dass die eingesetzte Arbeitszeit pro Kuh auf dem Talbetrieb 107 Stunden pro Jahr umfasst, im Berggebiet werden 21 Stunden mehr investiert.
Kraftfutter muss nicht sein
Legt man den Fokus auf den Deckungsbeitrag, sieht es anders aus. Der Deckungsbeitrag ist auf Talbetrieben mit Fr. 2231.– pro Kuh höher ausgefallen als im Berggebiet (Fr. 1862.– pro Kuh). Talbetriebe haben eine höhere Produktivität. Im Tal wird durchschnittlich fast doppelt soviel Kilogramm Schlachtgewicht auf derselben Fläche und in derselben Zeit produziert wie in der Bergzone I bis III.
Der Kraftfuttereinsatz hatte auf den untersuchten Betrieben keinen Einfluss auf den Deckungsbeitrag. Betriebe, die kein Kraftfutter füttern, erreichen gleich hohe, teilweise sogar höhere Deckungsbeiträge als solche, die pro Kuh und Jahr über 100 kg einsetzen. Die Kosten für das Kraftfutter können nicht mit einem höheren Schlachtgewicht kompensiert werden.
Was machen die Besten anders
Die besten Betriebe haben tiefe Gebäude- und Maschinenkosten. Letztere fressen bis zu zwei Drittel des Markterlöses. Tatsächlich setzten sie wenig bis gar kein Kraftfutter ein und verfügen über eine hohe Arbeitseffizienz. Diese Mutterkuhhalterbetriebe erzielen gute, aber nicht zwingend sehr gute Schlachterlöse. Interessant ist die erhöhte Kuhproduktivität (Anzahl Kälber pro Kuh) und die optimierte Genetik. Der stärkste Betrieb der Studie liegt bei 2,7 Kälbern pro Kuh und Jahr. Um die Anzahl Kälber pro Kuh zu erhöhen, braucht es ein gutes Herdenmanagement. Zwillingsgeburten, eine tiefe Totgeburtenrate und eine gute Fruchtbarkeit mit tiefer Zwischenkalbezeit und hoher Trächtigkeitsrate sind Voraussetzung.
Hin zu Grauvieh und Angus
Aus der Agroscope-Studie leitete Christian Gazzarin für Natura-Veal- und -Beef-Produzenten Optimierungsstrategien ab. Am schwierigsten sei eine Verbesserung in der Bergregion, da dort finanziell die besten Ergebnisse erzielt wurden. Für diese Landwirte würde es sich lohnen, ihre Genetik zu überdenken. Vielfach werden schwere F1-Muttertiere und Limousinväter eingesetzt. Leichtere Tiere mit guter Fettabdeckung wie Grauviehkühe oder Angustiere würden weniger Trittschäden verursachen und es könnten mehr Kühe auf der gleichen Fläche gehalten werden, so Gazzarin.
Zwei Kälber pro Kuh
In den Tal- und Hügelzonen auf intensiven, raigrasfähigen Futterflächen lohnt sich eine erhöhte Kuhproduktivität respektive die Steigerung auf zwei Kälber pro Kuh und Jahr. Am geeignetsten sind dafür die Rassen Original Braunvieh und Grauvieh. Bei optimalem Weidemanagement und qualitativ hochwertigen Wiesenbeständen ist der Kraftfuttereinsatz nicht zwingend, je nach Anzahl Kälber jedoch durchaus sinnvoll. Je mehr zugekaufte Kälber, desto höher wird aber auch der Krankheitsdruck. Quarantäneställe und ein gutes Management sind ein Muss.
Mehr Lohn, mehr Arbeit
Die höchste Einkommenssteigerung von durchschnittlich Fr. 14.70 auf Fr. 27.50 pro Stunde ist bei einer Umstellung von Natura-Beef auf eine intensive Natura-Veal-Produktion mit leichten Kühen zu erwarten. Diese berechnete Steigerung des Stundenlohns von mehr als 200 % zieht gleichzeitig eine Arbeitszeitsteigerung von über 40 % nach sich, was in etwa der Arbeitsbelastung eines durchschnittlichen Milchwirtschaftsbetriebes entspricht.
