Regelmässig treffen sich Bündner Halter(innen) von Herdenschutzhunden zum fachlichen und gemütlichen Erfahrungsaustausch. Auch schon stand das Thema Welpen und Junghunde im Zentrum. Dieses Mal ging es um Herdenschutzhunde, die Rindvieh schützen oder auch in Mischweiden eingesetzt werden können. In unseren Breitengraden haben nur wenige Betriebe Erfahrung mit dem Einsatz von Herdenschutzhunden beim Rindvieh. In anderen Ländern wie Spanien, Portugal und insbesondere in östlichen Ländern ist das gang und gäbe.
Regelmässige Wechsel zwischen Rinder- und Schafherde
Die Herdenschutzhunde auf dem Hof der Gastgeber Adrian und Silvan Defuns schützen das Rätische Grauvieh. Sie beobachteten die eben angereisten Gäste aufmerksam. Eine weitere Gruppe Herdenschutzhunde war etwas weiter entfernt bei den Bündner Oberländer Schafen im Einsatz. Bei sommerlichem Herbstwetter vermittelte Adrian Defuns als Einstieg einen kurzen betrieblichen Jahresüberblick. Schon bald ging es um betriebspraktische Fragen und fachlichen Austausch.
Der Betriebsleiter sorgt dafür, dass die meisten Hunde immer wieder zwischen Rindvieh und Schafen hin und her rotieren und in einer neuen Gruppe arbeiten müssen. Einerseits sieht man so, welche Hunde lieber bei den Schafen, welche lieber beim Rindvieh und welche flexibel einsetzbar sind. Von Defuns’ Hunden gab es beispielsweise einen, der zu heulen begann, wenn er nicht bei seinen Lieblingskühen eingesetzt wurde. Andererseits kann der Weidegang auch mit Rindern und Schafen zusammen als Mischweide gestaltet werden, weil die Hunde, die Schafe und die Rinder einander kennen.
Hunde sind bei der Kälbergeburt dabei
Bei den Geburten sind die Hunde dabei. Die Nachgeburt wird meist vom Muttertier verzehrt, wobei diese auch die Hunde mitfressen lässt. Weiteres Nachgeburtenmaterial wird entsorgt. Während dieser Zeit verschmähen die Hunde auch mal das angebotene Trockenfutter.
«Einige Kühe haben während der Geburt lieber einen Hund als einen Menschen in ihrer Nähe.»
Adrian Defuns über die Beziehung zwischen seinen Hunden und Kühen
Die Kälbchen sind also von Geburt an die Anwesenheit der Hunde gewohnt. Neugierig wie sie seien, entstünden bald innige Beziehungen zwischen Rindern und Hunden. In dieser Phase könne es schon passieren, dass die Hunde den Kälbchen nicht von der Seite weichen, berichtete Adrian Defuns.
Richtiges Zäunen ist das A und O
In Strassennähe und am Hof sind sämtliche Weiden aus Sicherheitsgründen mit Flexinetz bzw. Maschendraht eingezäunt. Beim Weidewechsel in Zivilisationsnähe werden die Herdenschutzhunde ebenfalls aus Sicherheitsgründen verladen und gefahren. Oben am Berg dürfen sie mitlaufen. Dort ist die Rinderherde mit zwei Litzen, für Herdenschutzhunde durchlässig, eingezäunt.
In der Regel bleiben die Hunde auf den Weiden gerne bei ihrer bevorzugten Herde. Bereiche entlang eines Wanderwegs werden zusätzlich mit Netzen abgezäunt, damit unkontrollierte Begleithunde nicht in Herdennähe gelangen. «Natürlich kennen die Hunde elektrifizierten Draht und so ist es eher die Ausnahme als die Regel, dass sie sich ausserhalb des Weidezauns aufhalten», führte Adrian Defuns aus. Gerade wenn sie arbeiten wollten, könne das aber durchaus vorkommen. Interessanterweise waren auf diesem Betrieb in den letzten Jahren immer weniger Wolfsnachweise in Herdennähe festzustellen.
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Junghunde lernen bei den Rindern Disziplin
Erwachsenes Rindvieh interessiert sich im Vergleich zu Schafen nicht besonders für die Hunde. Das verlangt von den Hunden etwas mehr Selbstsicherheit, damit sie mit der «kalten Schulter» umgehen können. Im Vergleich zu Schafen wirken sich erwachsene Rinder gerade auf pubertierende und verspielte Junghunde vorteilhaft und disziplinierend aus. Hunde dürfen sich bei den verhältnismässig grossen Rindern nicht viel erlauben. Die Hunde haben im Prinzip auch im Stall permanenten Zugang zu ihren Nutztieren und können nebst dem Laufhof auch die grossflächige und sicher eingezäunte Weide nutzen.
Allgemein können es die Rinder und die Hunde erstaunlich gut zusammen. Es zeigt sich eine wunderschöne, ruhige Grauviehherde, in der schwarze und weisse Hunde entspannt, aber aufmerksam die Umgebung im Auge haben. Doch das sei nicht immer so. «Insbesondere nachts und in der Dämmerung sind die Hunde wesentlich aktiver», berichtete Adrian Defuns. Die Gäste waren beeindruckt. Rege wurden viele Fragen rund um Herdenschutzhunde diskutiert.

