Vom Anbindestall zum Laufstall mit Melkroboter – diesen Schritt wagten Sarah und Beat Güdel. Bereits nach der Betriebsübernahme im Jahr 2021 war für die Familie klar: Der alte Stall und die Rohrmelkanlage hatten ausgedient. Nachdem das Paar 2022 mit der Planung begonnen hatte und bereits im Frühling 2023 die Baubewilligung vorlag, konnte noch im Oktober desselben Jahres mit dem Bau begonnen werden. «Es war eine intensive Zeit», erinnert sich Sarah Güdel zurück.

Ein Stall, wie er der Kuh gefällt

Platz, Luft und Licht, das waren die zentralen Kriterien bei der Stallplanung. «Wir wollten einen Stall, der den Bedürfnissen der Kuh entspricht», erklärt Beat Güdel. Wände sind im grosszügig konzipierten Stall nur wenige zu finden. «Es soll möglichst viel Luft zirkulieren können», so der Betriebsleiter. Eine Firstlüftung mit besonders grossen Öffnungen sorgt zusätzlich dafür, dass warme Luft nach oben entweichen kann. Der Kuhbereich ist so ausgerichtet, dass die Tiere die Morgensonne geniessen können. Im Sommer schützt das Windschutznetz vor starker Sonneneinstrahlung. Der Boden im gesamten Kuhstall ist mit Spaltenboden ausgelegt. «Ich habe gerne saubere Kühe, ohne sie täglich waschen zu müssen», sagt der Betriebsleiter und zwinkert. In Kombination mit dem Entmistungsroboter sorgt das für trockene Laufflächen und somit für eine gute Klauengesundheit und saubere Liegeboxen – ein Beitrag zur Boxenhygiene.

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Auch die Liegeboxen wurden durchdacht konzipiert: Sie wurden vom Laufgang her rund 20 cm vertieft. Die Gesamthöhe der Matratze liegt bei 36 cm. «Mir war eine tiefe und griffige Matratze wichtig», betont Beat. Der daraus resultierende geringere Absatz von gerade einmal 16 cm vom Laufgang in die Liegeboxen macht das Betreten und vor allem das Verlassen der Boxen für die Kühe besonders tierfreundlich.

Ein Boxenbügel, der überzeugt

Bei der Stalleinrichtung entschied sich das Betriebsleiterpaar für die Firma Moser Stalleinrichtungen. «Wir haben uns gesagt: Der Stalleinrichter, dessen Boxenbügel uns am meisten überzeugt, wird die komplette Stalleinrichtung übernehmen», berichtet Sarah. Das Rennen gemacht hat schliesslich der Boxenbügel Profiflex. «Anders als herkömmliche Modelle besteht der Profiflex aus einem flexiblen Kunststoffbügel, wodurch Verletzungen am Hüfthöcker verhindert werden. Das macht ihn besonders tierfreundlich», erklärt Thomas Moser, Mitinhaber und Verkaufsleiter der Firma. Ein innen liegendes Carbonseil sorge dennoch für die ausreichende Stabilität des Bügels. Zusätzlich sorge der gekröpfte Frontpfosten für noch mehr Kopffreiheit.

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«Wichtig ist bei den Liegeboxen, dass die Kühe genügend Kopfschwung haben, um beim Aufstehen nicht eingeschränkt zu sein», betont Moser. Ein geeigneter Boxenbügel sorgt laut dem Experten gleichzeitig für Schranken, damit der Hygienestandard in den Boxen hochgehalten werden kann. Die Inneneinrichtung im Stall besteht grösstenteils aus Chromstahl – für Beat Güdel ein Muss. «Wir wollen auch in 20 Jahren noch Freude an unserem Stall haben.» Um die Verletzungsgefahr zu reduzieren und die Stabilität zu verbessern, wurden sämtliche Pfosten im Stall radikal einbetoniert.

Mehr Platz für mehr Tiere

Während im alten Anbindestall 27 Kühe lebten, zogen im Sommer 2024 über 50 Kühe in den neuen Laufstall ein. «Wir konnten unseren Bestand mit dem zugekauften Nachbarsbetrieb durch Eigenremontierung vergrössern», erklärt Beat Güdel. Ein Neu- oder Umbau gehe heute oftmals mit einer Erhöhung des Tierbestandes einher, so Thomas Moser. «In der Regel wird heute für 60 bis 70 Kühe gebaut.» Aufgrund steigender Arbeitskosten und im Sinne der Effizienz werde gleichzeitig in Automatisierung investiert – etwa in Melkroboter. «Das macht eine Bestandeserhöhung wirtschaftlich noch attraktiver. Ein Stallbau ist eine grosse wirtschaftliche Investition und soll sich langfristig auch auszahlen», so der Fachmann. Auch Güdels orientierten sich bei der Erhöhung ihres Tierbestands an der Auslastung ihres Melkroboters.

Der Einzug in den neuen Stall

Der Umzug verlief ruhiger, als von der Familie erwartet. Die beiden Kuhherden trafen erst einmal auf der Weide aufeinander, bevor es gemeinsam in den neuen Stall ging. Unruhe oder Rangkämpfe blieben vorerst aus. «Die grosse Menge an Tieren hat es wahrscheinlich ausgemacht», vermutet Beat. Erst seit einigen Monaten komme es hin und wieder zu Rangkämpfen.

Herausfordernder als der Umzug selbst war die Gewöhnung an den Melkroboter. «Dank unseres DeLaval-Händlers ABZ-Technik konnten wir die Tiere während der Eingewöhnung mit einer 6er-Standrohrmelkanlage im vorderen Teil des Stalles weiter melken – so mussten wir nicht mit über 50 Tieren in den alten Stall zurück», erklärt Beat. «Anfangs mussten wir viele Kühe noch in den Roboter führen», erinnert sich Sarah. Der Tierkontakt habe sich mit dem Melkroboter wesentlich verstärkt und die Kühe seien ruhiger und zutraulicher geworden. «Manchmal fast schon ein bisschen zu zutraulich», sagt der Betriebsleiter und schmunzelt.

Dass der Stallwechsel eine Umstellung für die Tiere bedeutete, zeigte sich auch bei der Milchleistung. Man sagt nicht ohne Grund, dass jede Kuh zuerst einmal im neuen Stallsystem gekalbt haben muss, bevor die Milchleistung steigt. Auch in der Leistung zwischen den einzelnen Tieren seien seit der Umstellung Unterschiede zu beobachten. «Die Kühe, die Milch geben wollen, können das im Roboter auf eine gesunde Art und Weise», ist Beat Güdel überzeugt. Deutliche Verbesserungen gab es bei der Zellzahl und der Fruchtbarkeit: «Wir sind von einem Durchschnitt von 150 000 auf aktuell 75 000 Zellen gesunken», berichtet Beat. Auch das Brunstverhalten sei ausgeprägter.

Mehr Zeit für die schöne Arbeit

Der moderne Melkroboter bedeutete auch für das Betriebsleiterpaar eine Veränderung. «Früher hat man zweimal täglich selbst das Euter kontrolliert – heute verlässt man sich auf die Daten des Roboters. Diese Verantwortung abzugeben, brauchte Zeit», berichtet Beat. Die tägliche Kontrolle von Auge bleibt für das Betriebsleiterpaar dennoch ein fester Bestandteil ihrer Arbeit. «Weniger Arbeit haben wir durch den Roboter nicht», betont Sarah. «Aber wir sind flexibler und können Arbeitsspitzen besser abfangen.» Die Arbeit sei körperlich weniger anstrengend und es bleibe mehr Zeit für die schönen Arbeiten.

Betriebsspiegel 

Name: Beat und Sarah Güdel

Ort: Kaltacker BE

LN: 49 ha, davon 10 ha Futtermais, ansonsten Grasland

Betriebszweige: Schweinezucht und Milchviehhaltung

Tierbestand: 70 Milchkühe, 90 Aufzuchtrinder, 65 Kernzucht-Muttersauen der Vaterlinie Premo

SAK: 5,3

Mitarbeiter: Betriebsleiterpaar, Angestellte Tamara Eggimann, Lernende Jessica Trachsel, Unterstützung durch Eltern Fritz und Monika Güdel, Nachbarn Hans-Ulrich und Ursula Lüdi und Eltern von Sarah

Open Days
Vom 28. bis 29. Juni lädt die Familie Güdel zur Besichtigung ihres neuen Milchviehstalls ein. Alle Besucher sind am Samstag ab 11 Uhr sowie am Sonntag von 11 bis 17 Uhr herzlich willkommen. Für das leibliche Wohl sorgt eine Festwirtschaft, und am Samstagabend lädt zusätzlich eine Bar zum Verweilen ein. Gemeinsam mit dem Betrieb Gerber-Thomi aus Eggiwil BE, unter dem Präfix GeTho’s Holstein, organisiert Güdel Holsteins die Art of Dairy – Partner Sale. Insgesamt stehen 45 Kühe, Rinder und Kälber von Zuchtfamilien aus der ganzen Schweiz an der Zuchtauktion zum Verkauf.

Geboten werden kann sowohl vor Ort als auch online via Genetics Sale. Die Auktion startet am Samstag, 28. Juni, um 19.30 Uhr. Eine Besichtigung der Verkaufstiere ist am Freitagabend von 17 bis 22 Uhr bei einem Feierabendbier sowie am Samstag tagsüber möglich.

Adresse: Familie Güdel, Leimgraben 394, 3413 Kaltacker.