Abo Video Sommerserie Familie Ryter erzählt: «Die Viehzucht gibt uns Halt und Freude» Friday, 18. August 2023 Alpabfahrten sind nicht nur ein Augenschmaus, sondern auch ein Paradies für Geniesser: Beim Alpabzug der Familie Ryter aus Kandergrund im Berner Oberland war dies nicht anders: Im Gasterntal, hoch über Kandersteg, verbringen Ryters mit ihren Tieren jeweils den Alpsommer.

Anfang Oktober heisst es dann Abschied nehmen. Mit einem eindrücklichen Alpabzug geht es zurück ins Tal. Über drei Stunden dauert der Fussmarsch, der über Kandersteg, Blausee, Mitholz bis nach Kandergrund führt.

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Die Kühe merken es

Am Morgen vor dem Alpabzug heisst es zuerst die Glocken und Treicheln auf Hochglanz bringen. Die Kühe grasen derweil noch das letzte Mal auf der Weide. Sie merken, es geht talwärts, immer wieder laufen sie dem Zaun entlang, stehen vor dem Gattertor und schauen dem Treiben zu. Die Kühe sind geputzt, der Blumenschmuck sitzt. Jede Kuh hat ihre Treichel oder ihre Glocke um den Hals. Um zwölf Uhr setzt sich der Zügeltross langsam in Bewegung, die Treichelkühe vorneweg, die Rinder hinten nach. Der Weg führt durch den lichten Auenwald der Kander entlang. Über eine historische Brücke überquert der Alpabzug den reissenden Fluss. Die Kühe kennen den Weg, das Rauschen des Bachs scheint sie nicht zu stören, die Leitkühe geben das Tempo vor. Unten in Kandersteg bleiben die Touristen stehen, kommen angerannt: Hier wird ein Handy gezückt, dort ein Fotoapparat hervorgeholt. Hunderte Bilder werden gemacht, Bilder, die ausserhalb der Schweiz für viel Furore und für viel Werbung sorgen.

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Die Leute applaudieren

Die Familie Ryter scheint das nicht zu stören, gemütlich ziehen sie mit ihrer Herde weiter. Fast 40 Stück zählt dieses Jahr der Alpabzug. Nun biegt man auf eine stark befahrene Strasse ein, eine Strasse, welche zum Autoverlad von Kandersteg ins Wallis führt. Gemütlich laufen die Kühe weiter, die Autos bleiben stehen. Nein, die Holländer, Belgier oder die Deutschen – so was haben sie wahrscheinlich noch nie gesehen. Der Verkehr fliesst unermüdlich weiter, dafür haben Ryters vorgesorgt: Dank Funk bekommen einmal der Gegenverkehr und einmal die Autos hinter dem Alpabzug den Vortritt. Die Autofahrer nehmen es gelassen, applaudieren und rufen zu: «Wunderschön, einfach wunderschön.» Tatsächlich geht der Alpabzug der Familie Ryter unter die Haut, nichts kann man dagegen tun. Ein Brauch, der nicht verloren gehen darf, ein Brauch, der noch Hunderte von Jahren weiterleben soll.

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