Die derzeitige Corona-Krise hat die Kälberpreise tief in den Keller gestürzt. Denn rund 60 Prozent des Schweizer Kalbfleisches geht in den Gastrokanal und dieser ist jetzt weg. Daher friert die Proviande nun einen Grossteil des Kalbfleisches ein, um den Markt zu stabilisieren. Aber auch ohne Corona ist die Kälbermast ein Sorgenkind in der Landwirtschaft.
Hoher Antibiotikaverbrauch
Schweizerinnen und Schweizer essen von Jahr zu Jahr weniger Kalbfleisch. Der durchschnittliche Konsum liegt bei 2 Kilogramm pro Person und Jahr. Die Gründe für den Konsumrückgang sind vielfältig. Einer davon ist der Antibiotikaeinsatz, der in der Kälbermast regelmässig kritisiert wird. Mastkälber sind die Tiergattung mit dem grössten Antibiotikaverbrauch. Kälber sind sehr sensibel und die Erkrankungsgründe komplex.
Diesem Problem versuchen nun verschiedene Projekte in der Branche entgegenzuwirken.
Verbesserte Aufzuchtbedingungen
Gerade am 1. April startete der Kälbergesundheitsdienst (KGD) zusammen mit den SMP das Pilotprojekt KGD-Tränker. Im Projekt will der KGD herausfinden, ob mit gezielten Verbesserungen der Aufzuchtbedingungen auf dem Geburtsbetrieb die Gesundheit der Kälber nachhaltig verbessert werden kann. Der Versuch soll ausserdem zeigen, ob mit den geplanten Versuchsbedingungen der Einsatz von Antibiotika auf dem Geburts- und Mastbetrieb reduziert werden kann.
Mit genügend Kolostrum, Selen und Eisen versorgt
Geburtsbetriebe, die am Projekt teilnehmen, müssen ihre Kälber innerhalb der ersten zwölf Stunden mit vier bis fünf Litern Kolostralmilch versorgen. Sie müssen die Kälber impfen und über die Gabe eines Kälberboosters die ausreichende Eisen- und Selenversorgung sicherstellen. Der Betriebsleiter soll den Kälbern Vollmilch ad libitum oder semi ad libitum (möglichst über acht Liter pro Tag) zur Verfügung stellen. Zudem muss er den KGD-Tränkerpass ausfüllen. Für den Aufwand erhalten die Geburtsbetriebe 50 Franken Zuschlag pro Kalb. Diese erhält der Geburtsbetrieb über seinen Händler, der sie wiederum vom KGD zurückerhält. Das Projekt wird finanziell vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und den SMP unterstützt.
2000 Kälber im Versuch
Geburts- und auch Mastbetriebe müssen KGD-anerkannt sein, was während eines Bestandesbesuchs durch einen Vertrags-tierarzt des KGD anhand einer Checkliste erfolgt. Laut der Projektleiterin Selina Fürst machen bereits etwa 440 Betriebe bei dem Projekt mit. Für den Versuch sollen in der Schweiz 2000 Tränkekälber als KGD-Tränker produziert werden. Sobald diese 2000 erreicht werden, ist der Versuch zu Ende und die 50 Franken werden nicht mehr ausgezahlt. Die Gesundheits- und Leistungsdaten der KGD-Tränker werden erfasst und ausgewertet.
Punkte sammeln bei IP-Suisse
Auch IP-Suisse arbeitet gemeinsam mit der Vetsuisse Fakultät der Universität Bern an einem Projekt für die künftige IP-Suisse-Kälbermast. Es heisst «IP-Suisse Kälbermast 2020+».
Mit einem Punktesystem will sie die Haltung und Fütterung für Mastkälber auf Geburts- und Mastbetrieben verbessern. Aber auch Handel und Transport werden in dem System berücksichtigt. So gibt es Punkte für eigene Mastkälber, die Kolostrumgaben,ad-libitum-Fütterung, Selenversorgung und die Impfung. Mastbetriebe hingegen können Punkte erhalten, wenn das Alter der zugekauften Kälber über fünf Wochen ist, oder der Transport direkt vom Züchter an den Mäster erfolgt. Ebenfalls gibt es Punkte, wenn die Kälber nach dem System «Freiluftkalb» gehalten werden oder wenn sie keine Antibiotika zur Einstallung einsetzen. Auch für Lüftung, Stallhygiene und Windschutz kann der Landwirt Punkte holen. Gemäss dem Leitfaden zum Programm wäre das Ziel der IP-Suisse, dass ab dem 1. Januar 2023 alle IPS-Kälbermäster einen Mindestindex von sechs bis acht Punkten erreichen.
Verhandlungen mit Marktpartnern laufen
Die IP-Suisse will aber das Projekt nicht beim Versuch belassen, sondern es tatsächlich auch an den Markt bringen. Diese Verhandlungen sind noch am Laufen und es ist noch vieles unklar. So wird darüber verhandelt, wie viele Kälber über dieses Label vermarktet werden könnten und wie hoch der Zuschlag für die Mäster wäre. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Kälbergesundheitsdienst wäre sinnvoll, findet Niklaus Hofer, der Projekt-verantwortliche. Um die Kälbergesundheit zu verbessern brauche es Profis.
Labels für mehr Tierwohl
Bereits heute gibt es Labels, die mehr Tierwohl für die Mastkälber fördern (siehe Tabelle unten). So ist etwa die Anzahl der Mastplätze beschränkt oder es werden die Transportwege verkürzt, weil die Kälber vom Bauern zum Metzger in seiner Region gebracht werden.
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Label |
Natura-Veal |
Bio Knospe |
Emmentaler Bauernkalb |
Bündner Puurachalb |
Swiss Farmer Kalb |
Swiss Quality Veal |
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Labelinhaber |
Mutterkuh Schweiz |
Lucarna Macana & IP-Suisse |
Schweizer Bauernverband |
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Produktionsstandard |
Konventionell |
Richtlinien von QM-Schweizer Fleisch |
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Region |
Ganze Schweiz |
Ganze Schweiz |
Emmentaler Bauern und Metzger |
Bündner Landwirte und Metzger |
Ganze Schweiz |
Ganze Schweiz |
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Anzahl Mastplätze |
Nicht beschränkt |
Max. 20 Tiere |
Max. 40 Tiere pro Gruppe |
Max. 40 Tiere pro Gruppe |
Max. 20-25 Tiere |
Max. 30 Tiere |
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Vermarktung |
Detailhandel, Direktvermarktung, Gastro |
Detailhandel, Direktvermarktung, Gastro |
Detailhandel |
Gastronomie und Metzgereien |
Gastronomie und Metzger |
Gastronomie |
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Haltung |
Mutterkuhhaltung (Laufstall, permanenter Auslauf auf Laufhof oder Weide, während Vegetationsperiode täglich Weidegang). |
Besonders Tierfreundliche Stallhaltung und RAUS. |
IP-Suisse-Kälbermast-Anforderungen: RAUS, Einstallung: Mindestalter von 3 Wochen und ein Maximalalter von 7 Wochen vorgeschrieben. |
IP-Suisse-Kälbermast-Anforderungen: RAUS,Einstallung: Mindestalter von 3 Wochen und ein Maximalalter von 7 Wochen vorgeschrieben. |
Laufstall (BTS), IPS-RAUS (Stall mit Aussenklimabereich mind. 1,3 m2). |
Richtlinien von QM-Schweizer-Fleisch |
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Fütterung |
Milch, Weidegras, Raufutter |
Bio-Vollmilch, Bio-Weidegras, Bio-Raufutter, kein Milchersatzpulver. |
Milch, Raufutter. |
Milch, Heu, Wasser. |
Mind. 1000 Liter Vollmilch, Heu |
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Quellen: Nach Auskünften und Reglementen der Labelinhaber |
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