Nur alle zehn Jahre findet in Heimiswil ein Dorffest statt. Am 9. August war es wieder soweit – mittendrin der Alpabzug des Viehzuchtvereins Heimiswil. Rund 60 Kühe aus vier Betrieben liefen am Samstagabend zweimal durchs Dorf. Begleitet von vielen Schaulustigen wurde geklatscht, gewunken und gedankt.
Vier Betriebe, 60 Kühe
15 Frauen hatten vorneweg einen Tag lang 63 Blumengestecke für die Kühe kreiert und gebunden. Alle Blumen kamen aus den eigenen Gärten, nichts wurde zugekauft. Ein Blumenmeer, das selbst die vier Floristinnen ins Staunen brachte. Für das nötigte «Chriis» wurde sogar eine Weisstanne gefällt. Neben den Familien von Peter Aebi, Ballmoosscheuer, Markus und Jolanda Steiner, Bruderlohn, der Familie Widmer, Hoferen, machte auch die Familie von Susanne und Urs Bernhard mit ihren Kühen am Alpabzug mit.
Ruhig und gelassen
«Es war einfach einmalig», sagt Susanne Bernhard nach dem Umzug. Neben treuen Helfer(innen) war der Alpabzug ein Familienprojekt. «Alle halfen mit», sagt Urs Bernhard. Am Samstagnachmittag habe man alle Kühe gewaschen, um 16 Uhr wurden sie gemolken. Dann ging es Schlag auf Schlag: Der Blumenschmuck musste befestigt, jeder Kuh die passende Treichel angelegt werden. Damit auch alle vier Betriebe, etwa gleichzeitig mit ihren Kühen im Dorf eintrafen, gab es per Funk die nötigen Anweisungen. Der Alpabzug mit rund 60 Kühen verteilte sich dann schön in einen langen Zügelzug. Die Kühe liefen dabei so ruhig und gelassen, als würden sie jeden Tag auf dieser Route marschieren. Das Treichelgeläut ging dabei richtig unter die Haut – ebenso wie das Pferdegespann der Familien Fankhauser, Grosshorben, aus Eggiwil. Auch als der Grossvater Hans-Ueli Bernhard mit seinem über 60-jährigen Mc-Cormick-Traktor am Umzug mitfuhr, wurden viele Fotoapparate gezückt. Der alte Einachser, der am Schluss die vielen Spenden in einem Sammeltuch einsammelte, war ebenfalls ein begehrtes Fotosujet.
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Zurück zur Tradition – es tut einfach gut
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Erlebnis von Peter Fankhauser
Sei es bei den Schwing- und Jodlerfesten, aber auch bei den Alpabzügen – immer mehr junge Personen kehren zum Brauchtum zurück. Auch letzten Samstag am Alpabzug in Heimiswil, anlässlich des Dorffestes, war dies nicht anders. Viele junge Frauen und Männer standen nicht nur mittendrin, sondern standen auch am Strassenrand und jubelten dem Alpabzug kräftig zu.
Früher wurde man ausgelacht, wenn man eine Tracht oder einen Chüjermutz trug. Heute werden die 16-Jährigen in Tracht und Chüjermutz konfirmiert – und zwar nicht ‹nur› die Bauernkinder. «Es ist was Besinnliches, man schätzt wieder mehr die Tradition», sagt mir kürzlich eine junge Frau. Ob es mit der aktuellen Weltlage zu tun hat, könne sie nicht genau sagen. Auf jeden Fall mache es sie stolz, eine Tracht tragen zu dürfen. «Ich freue mich jedes Mal, denn dieser Brauch ist einmalig und prägt unser kleines Volk», sagt sie weiter. Es gebe halt nichts Schöneres, als in einem Dorf zu wohnen, in dem man respektvoll und freundlich miteinander umgehe.
Letzten Samstag führte der Viehzuchtverein Heimiswil die Alpabfahrt durch. Obwohl die Erntezeit vor der Türe steht, stellte sich nie die Frage, ob man mitmachen will oder nicht. Solche Anlässe sind wichtiger denn je: Die Landwirtschaft kann so dem Konsumenten auch etwas zurückgeben. Das Bedürfnis an solchen Anlässen ist vorhanden, die vielen Zuschauerinnen und Zuschauer bestätigen dies. Viele sehen solche Veranstaltungen zwar als «Ballenberg» an, doch die Werbung im Fernsehen kommt auch oft kitschig rüber. Auf jeden Fall habe ich den Samstagabend in Heimiswil genossen. Ich durfte nicht nur die Familie Bernhard bei ihren Vorbereitungen für die Alpabfahrt begleiten, sondern ich sah auch schöne Kühe, viel junges Publikum und viele engagierte Bäuerinnen und Bauern.