Laut dem Swiss Antibiotic Resistance Report 2020 ist der Verkauf von Antibiotika in der Tiermedizin von 2010 bis 2019 rückläufig. Ebenso ist der Verkauf von kritischen Antibiotika im Jahr 2019, je nach Wirkstoffkategorie, zwischen 1,3 % und 20 % gesunken. Betrachtet man die Daten der Euterinjektoren – Arzneimittel werden durch den Strichkanal direkt in ein zu behandelndes Euterviertel gebracht –, ab 2008, wurde der Einsatz in der Gesamtmenge um 25 % gesenkt. Der Verkauf von Trockenstellern ist leicht rückgängig, jedoch haben die Euterinjektoren zur Behandlung während der Laktation leicht zugenommen.

Resistenzen minimieren

Abo Auf den richtigen Einsatz von Antibiotika («Nur wenn nötig») sollte diese «Werbe-Pillenpackung» im Rahmen der Antibiotika-Bewusstseins-Woche 2017 hinweisen. (Bild Jasmine Baumann) Analysen Analyse zu Antibiotika: Warum viel nicht immer viel hilft Monday, 14. October 2019 Die Antibiotika der Wirkstoffgruppe Makrolide, Fluorchinolonen, Cephalosporine der dritten und vierten Generation und Colistin werden als Reserve-Antibiotika bezeichnet. Diese dürfen Tierärztinnen nur einsetzen, wenn andere Wirkstoffe nachweislich keine Wirkung zeigen. Durch den geringen Einsatz soll die Resistenzentwicklung verlangsamt werden. Werden die multiresistenten Keime auch gegen diese Wirkstoffe resistent, können diese bakteriellen Infektionen zum Tod des Tieres führen. Seit den 1960er-Jahren wurden keine neuen Antibiotikaarten mehr zugelassen, das heisst, es wurden auch keine neuen Wirkungsmechanismen gegen Bakterien entwickelt.

Beim Einsatz von Antibiotika gilt also die Regel: «So wenig wie möglich, so oft wie nötig». Nach Tierschutzverordnung (TSchV) muss der Tierhalter das kranke Tier unverzüglich dem Zustand entsprechend unterbringen, pflegen und behandeln. Sobald das Tier mit antibiotischen Medikamenten behandelt werden muss, soll das Medikament auch korrekt angewendet werden. Dabei sind die richtige Dosierung und die Dauer der Gabe ausschlaggebend, ob sich Resistenzen bilden können oder nicht. Wird unterdosiert bzw. zu kurz behandelt, werden nicht alle Bakterien abgetötet. Die überlebenden Bakterien haben die Wirkung vom Medikament kennengelernt und können Abwehrmechanismen entwickeln und werden dadurch resistent gegenüber dem entsprechenden Wirkstoff.

Wie können Antibiotika reduziert werden?

Optimale Haltung: Der Einsatz von Antibiotika kann reduziert werden, indem die Tiere optimal nach ihren Bedürfnisse gehalten werden, denn so bleiben sie gesund.

Hygiene: Weiter kann das Risiko einer bakteriellen Infektion reduziert werden, wenn der Lebensraum bzw. die Überlebenschance der Bakterien reduziert wird. Die Hygiene im Stall und bei der Arbeit um und am Tier muss eingehalten werden. Zum Beispiel sollten bei Euter-infektion die Boxen kontrolliert werden. Die Liegefläche muss sauber und trocken sein. Weiter sollte auf gute Hygiene beim Melken geachtet werden, indem Handschuhe getragen werden und ein Eutertuch pro Kuh benutzt wird. Eventuell kann eine Zwischendesinfektion der Zitzenbecher in Betracht gezogen werden, wenn kuhassoziierte Keime in der Herde vorhanden sind.

[IMG 2]

Impfungen: Viren sind Wegbereiter der Bakterien. Eine Vireninfektion schwächt das Tier und seine Immunabwehr. Zum Beispiel schädigen Atemwegsviren die Schleimhaut und dadurch können Bakterien eindringen und sich vermehren, was zu einer Lungenentzündung führen kann. Werden die Tiere gegen Virenkrankheiten geimpft, die oft eine bakterielle Infektion wie zum Beispiel Rindergrippe nach sich ziehen, können virale und bakterielle Erkrankungen reduziert werden.

Zucht mit gesunden Tieren: Tiere, welche regelmässig wegen bakterieller Infektionen behandelt werden, sollten nicht für die Zucht verwendet werden. Dazu können Aufzeichnungen im Behandlungsjournal als Entscheidungshilfe dienen. Weiter kann bei Zuchtwerten nach Merkmalen selektioniert werden, die eine bakterielle Infektion erschweren oder auf ein gutes Immunsystem hinweisen. Zum Beispiel kann bei Milchkühen auf optimale Melkgeschwindigkeit, auf nicht zu kurze Zitzen und hohe Euterhöhe, tiefe Zellzahlen und Mastitisresistenz geachtet werden.

Komplementäre Medizin als Alternative

Der Antibiotikaeinsatz kann zu einem Teil auch mit Komplementärmedizin wie beispielsweise Homöopathie reduziert werden. Wer damit arbeiten möchte, sollte die entsprechenden Kurse besuchen, Zeit dazu haben und die Grenzen kennen. Wichtig ist, dass der Tierarzt informiert wird und miteinander «am gleichen Strick» gezogen wird. Die Tierärztinnen sind nicht gewillt, die Fehler von Eigenbehandlungen zu richten und im schlimmsten Fall können sie dem Tier nicht mehr helfen, weil sie zu spät gerufen wurden.