Die stattliche Brown-Swiss-Herde weidet im steilen Hang direkt neben der Scheune. Wo andere höchstens ihr Jungvieh einzäunen würden, lässt Hubert Kühne regelmässig seine Kühe weiden. Zum einen hat er nicht viele andere Möglichkeiten, zum anderen trainieren die Vierbeiner auf diese Art und Weise bestens ihre Kondition. [IMG 3] Diese Rechnung geht auf: Im Stall des passionierten Züchters stehen mehrere Braune mit mehr als 100'000 kg Milch Lebensleistung. Zu Recht ist der 44-Jährige stolz auf seine Kühe. Doch eine andere Rechnung geht nicht auf – und dessen ist sich Hubert Kühne voll bewusst: «So, wie ich meinen Betrieb führe, ist er nicht wirtschaftlich. Meine Brown Swiss und die Schauen sind meine teuren Hobbys.»
Dreimal täglich melken
Im Anbindestall finden 22 Kühe Platz, für die Galtkühe stehen sechs Aussenliegeboxen zur Verfügung. Seit bald 20 Jahren melkt Hubert Kühne dreimal täglich. Morgens etwa um halb 5 Uhr das erste Mal, bereits um 7 Uhr beginnt der Arbeitstag in der Zimmerei des Bruders. Etwa 80 bis 90 Prozent arbeitet der gelernte Zimmermann dort und ist dankbar für die Flexibilität seines Bruders: «Er achtet darauf, dass ich immer auf Baustellen in der Nähe bin. Denn mittags gehe ich nach Hause, um zu melken.»
Nach dem Stall geht es zurück auf den Bau. Abends um 20 Uhr läuft die Melkmaschine das letzte Mal. Die Kühe danken es mit bis zu 60 kg Milch pro Tag. Doch die Doppelbelastung von Betrieb und Bau geht auch an Hubert Kühne nicht spurlos vorüber: «Ich werde älter. Langsam habe ich Mühe, brauche mehr Schlaf.» Hält er den Rhythmus nicht ein, wird dies sogleich an der sinkenden Milchleistung spürbar.
Die Kuh mit der bisher besten Lebensleistung im Stall von Hubert Kühne war Dombo Sarine (Jahrgang 2006). Sie leistete 161'467 kg Milch. «Das war meine Topkuh. Mit ihr nahm ich an über 50 Schauen teil», erzählt Hubert Kühne und bedauert es noch immer, dass er Sarine letztes Jahr einschläfern musste.
Damit Kühe solche Leistungen erbringen, muss vieles stimmen. Zum Saufen bekommen die Vierbeiner lauwarmes Wasser. Doch das Wichtigste, so betont der Landwirt, sei die Grundfutterqualität. Diese ist bei seiner Betriebslage eine Herausforderung.
Grundfutterqualität steigern
Zu Beginn seiner landwirtschaftlichen Karriere konnte Hubert Kühne im Tal einen Betrieb pachten. «Ein raigrasbasiertes Grundfutter ist eine ganz andere Voraussetzung, um Milch zu produzieren», betont er. Nachdem er seine Herde auf den Heimbetrieb in Goldingen gezügelt hatte, kämpfte er für eine optimale Fütterung: «Ich habe lange nicht verstanden, dass ich hier mit meinen Beständen zu wenig Rohfaser ins Futter bringe.»
Auf die Frage, wie er denn füttere, lacht Hubert Kühne: «Mit der Schneeschaufel.» Tatsächlich ist die komplette Fütterung Handarbeit. Die verschiedenen Komponenten stehen im Futtertenn und werden durch Krippenlöcher den Kühen vorgesetzt. Auffallend ist ein grosser Haufen Karotten. In den Wintermonaten hatte Hubert Kühne immer etwas Mühe, die Brunst seiner Kühe zu erkennen. Über die Karotten erhalten sie viel Betacarotin. «Seit ich Rüebli füttere, habe ich mit der Brunsterkennung keine Probleme mehr», erzählt er.
Hoch mähen ist die Strategie
Zwischen sechs und sieben Schnitte kann Hubert Kühne von seinen Flächen ernten. Relevant für den Schnittzeitpunkt seien das Wetter und die Zeit, die er dafür zur Ver-fügung habe: «Ich mähe, sobald das Wetter einigermassen passt. Diesen und letzten Frühling war es entscheidend, nicht zu zögern.»
Hubert Kühne achtet darauf, dass er hoch mäht. Durch diese Strategie hat sich der Wasen auf seinen Wiesen stark verdichtet und bietet auch grösseren Fahrzeugen einen guten Halt. Mäuse oder Unkraut wie Hahnenfuss oder Blacken sind kaum mehr zu sehen. Zudem sei der zweite Schnitt qualitätsmässig wie Heu, wenn er das erste Mal früh mähen konnte.
Mit seinen Kühen nimmt Hubert Kühne an Schauen wie der IGBS oder der Swiss Classic teil. Doch sein ganz persönliches Highlight ist die jährlich stattfindende Herbstschau in Goldingen. Leidenschaftlich erklärt er: «Da steckt viel Tradition dahinter. Das geschmückte Auffahren im Dorf ist mir wichtiger als die Rangierung.»
An diesem Anlass hilft die ganze Familie mit. Mit einer 50 Tiere starken Herde, geschmückt mit Schellen, Kopfschmuck und Bauchgurten, läuft der Kühne-Clan die vier Kilometer lange Strecke auf den Schauplatz. Die Zuchtlinien der Berufskollegen aus dem Dorf sind stark. Nicht immer sind die Tiere von Hubert Kühne an vorderster Front. Er ist überzeugt: «Top-Milchkühe mit Spitzenleistungen sind keine Schaukühe in den vordersten Rängen.»
An erster Stelle stehen die Kühe
Wer auf ein exzellentes Exterieur züchte, müsse Abstriche in der Milchleistung machen. Lange züchtete Hubert Kühne auf Milchleistung, vermehrt setzt er aber nun exterieur-betonte Stiere ein. Doch seine ganz persönlichen Zielkonflikte sieht der passionierte Züchter weder in der perfekten Fütterung noch in der Stierenwahl, sondern in der Vereinbarkeit von Hobby, Arbeit und Lebenspartnerin: «An erster Stelle kommen bei mir immer die Kühe. Sie sind meine grosse Leidenschaft. Und ich bin dankbar, eine Frau mit ganz viel Verständnis an meiner Seite zu haben.»
Betriebsspiegel Kühne’s Hof
Name: Hubert Kühne
Ort: Goldingen SG, BZ II
LN: 23 ha, davon 50 % Weiden
Viehbestand: 22 Brown Swiss
Stalldurchschnitt: 10'500 kg, 4,2 % Fett, 3,6 % Eiweiss