Mir ist gleich Jellybean in den Sinn gekommen», sagt die gelernte Floristin Lisa Rothenbühler auf die Frage nach einer speziellen Kuh in ihrem Stall. Nach der Ausbildung zur Floristin absolvierte sie auch noch die Ausbildung zur Landwirtin, die Betriebsleiterschule und ist nun Meisterlandwirtin, worauf sie schon ein wenig stolz sei, so Rothenbühler. Gemeinsam mit ihren Eltern Daniela und Jürg Rothenbühler führt sie in Rüderswil BE einen Biohof mit Mutterkuhhaltung. Im Stall stehen Galloway und eine kleine Herde Schwarznasenschafe, zwei Ziegen und drei Ponys.

Jellybean sei kurz vor Weihnachten 2022 auf die Welt gekommen, als die Eltern in den Ferien waren. «Sie war ein kleines Kalb und stand schnell auf den eigenen Beinen», weiss Rothenbühler noch. Doch über eine Woche lang habe Rothenbühler das Neugeborene nie an der Mutter saugen sehen.

Alles nur ein Scherz

«Wenn ich sie anhängen wollte, biss sie mir in die Finger», so die 29-Jährige. In dieser Woche habe sie nicht viel Schlaf bekommen und sogar das Handy aufgestellt und die Kamera laufen lassen, um den Moment zu erwischen, in dem das Kälbchen saugen wollte. Doch es stellte sich heraus: Das Galloway-Kalb Jellybean veräppelte Lisa Rothenbühler eine Woche lang. Denn als die Eltern von den Ferien nach Hause zurückkehrten und Vater Jürg den Stall betrat, saugte Jellybean genüsslich am Euter ihrer Mutter. Das Galloway-Kalb sei sehr verschmust, anhänglich und etwas bequem gewesen. Durch die Führsorge der Junglandwirtin wurde Jellybean sehr zutraulich.

Die aufgezwungene Liebe

«Wenn sie dich sieht, läuft sie dir hinterher. Das ist nicht immer angenehm, wenn man sie ständig im Rücken hat. Sie zwingt einem ihre Liebe einfach auf», sagt Rothenbühler und lacht. Einmal habe sie bemerkt, dass die Futtertenne ganz angenehm zum Schlafen und Fressen sei. Sie lebe wirklich etwas nach dem Motto «Mach die Welt, wie sie dir gefällt». Jellybean brachte ihr erstes Kalb zur Welt, doch sie wäre nicht Jellybean, wenn sie nicht auch hier die Nerven und Geduld von Rothenbühler strapaziert hätte. «Jeden Tag dachte ich, es sei so weit, doch sie machte alles, um mich auf die Folter zu spannen», erzählt Lisa Rothenbühler. Jellybeans Schlitzohr-Aktionen hörten nach der Geburt ihres ersten Kalbs nicht auf. [IMG 2]

Als sie von der Rinder- zur Kuhherde wechseln durfte, stand sie am nächsten Morgen im Kalberschlupf. Noch bevor jemand etwas bemerkte, habe sich die Kuh durch die Absperrung hindurchgeschlichen. «Ich habe keine Ahnung, wie sie sich dort zwischendurch gequetscht hat. Für den Rückweg war es jedenfalls zu eng», erzählt Rothenbühler mit einem Lachen.

Der Star im Stall

Die starke Bindung zur Familie stärke auch Jellybeans Vertrauen. So komme es, dass sie auf der Weide ihre Nachkommen verlasse, sobald jemand von der Bauernfamilie danebenstehe. «Sie denkt sich wohl: ‹Wenn jemand da ist, kann ich ja weg›», sagt Lisa Rothenbühler. Ihre Aktionen führe sie jeweils mit grosser Selbstverständlichkeit aus.

Jellybeans Fellmusterung sei speziell und nicht perfekt. Und mit ihrem Charakter steche sie aus der Herde heraus. «Sie ist ein Schlitzohr durch und durch, aber trotzdem eine Herzens-Kuh. Wir lieben sie alle, deshalb haben wir sie trotz ihres Fellfehlers behalten», sagt Rothenbühler.

 

Biohof Marlenberg VON Familie Rothenbühler