Peter Eugster aus Lüchingen im St. Galler Rheintal hat im Juni keine Gänse mehr eingestallt. Das bedeutet, dass es an Weihnachten auch keine Gänsebraten vom Gehrenhof geben wird. Aufgehört mit der Weidegans-Haltung hat Eugster aufgrund der verschärften Bestimmungen des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).
Bio-Standart für alle
In der 2016 veröffentlichten Fachinformation Tierschutz steht, dass alle Weidegans-Produzenten den Gänsen eine ganztägige Badegelegenheit im Freien zur Verfügung stellen müssen. «Wir müssten auf der Gänsewiese einen Weiher bauen. Das Wasser müsste regelmässig gewechselt und als Schmutzwasser entsorgt werden», sagt Eugster. Das könne und wolle er nicht umsetzen.
Angefangen mit der Gänsehaltung hatten Peter und Cornelia Eugster vor zehn Jahren mit sieben Gänsen. Wegen der grossen Nachfrage nach Schweizer Gänsefleisch ist der Betriebszweig stetig gewachsen. Ab 2016 hielten sie 300 Gänse. Die Bauernfamilie aus dem Rheintal produzierte bis letztes Jahr Ribelgänse. Tagsüber weideten die Gänse auf dem Ribelmaisfeld, die Nacht verbrachten sie im Stall. «Das Maisfeld ermöglichte ihnen viel Auslauf, Nahrung und Schutz vor grosser Hitze», führt Peter Eugster aus. Bademöglichkeiten hatten sie im Stall. Jetzt, wo dieser leer steht, wird er als Lagerraum genutzt.
Ein vielseitiger Betrieb
Mit dem Wegfall der Gänsehaltung bricht dem Gehrenhof ein interessanter Betriebszweig weg. Zahlen will Eugster keine nennen. Er sagt: «Unser Betrieb ist recht breit aufgestellt.» Ein Betriebszweig ist der Maisanbau mit dem für das St. Galler Rheintal typischen Ribelmais sowie Popcornmais.
Auch in der Tierhaltung hat sich der Betrieb diversifiziert. Neben der Milchviehhaltung mit Aufzucht hat Cornelia Eugster ab 2009 die Wachtelhaltung aufgebaut mit der Zucht und dem Verkauf von Legewachteln sowie deren Eier. Ausserdem produzieren sie seit 2018 Ribelmaispoularden. Die 300 Poularden werden in einem mobilen Stall gehalten, wo sie täglich Auslauf ins Freie haben. Die Futtermischung besteht zur Hälfte aus Ribelmais.
BLV zeigt sich gesprächsbereit
«Das Problem bei den Gänsen ist, dass es lange keine Haltungsvorschriften gab», sagt Peter Eugster. Was das BLV jetzt aber fordere, sei für die grossen Gänse-mastbetriebe nicht umsetzbar, geschweige denn rentabel. Wie die BauernZeitung erfahren hat, haben auch Biobetriebe Mühe, die Forderung nach der ganztägigen Badegelegenheit im Freien zu erfüllen. Der grösste Bio-Weidegans-Produzent, der Wendelinhof in Niederwil AG, hat aus denselben Gründen wie Eugster letztes Jahr aufgehört.
Für Eugster ist offen, ob er wieder mit Weidegänsen anfängt: «Ich befasse mich nicht mehr damit. Dann sollen sie die Gänse halt billig importieren.» Im Ausland werden die Tiere in zwölf Wochen fett gemacht, das ist doppelt so schnell als hierzulande, wo die Gänse extensiv gemästet werden. Er nennt weitere Nachteile gegenüber der Schweizer Haltung: «Im Ausland werden die Gänse lebend gerupft, das ist in der Schweiz verboten.»
Das Argument des Tierwohls scheint für das BLV zweitrangig zu sein. Letzten November schrieb das Amt in einer Stellungnahme, das höhere Tierwohl in der Schweiz dürfe nicht mit den schlechteren Haltungsbedingungen im Ausland verglichen werden. Immerhin zeigte sich das BLV bereit zu Gesprächen mit der Branche. Aktuell ist auf mehreren Betrieben ein Projekt am Laufen, welches das tatsächliche Verhalten der Gänse untersucht.

