«Ammoniak ist ein wichtiger Dünger, aber er muss dort sein, wo ihn die Kulturpflanzen brauchen und nicht in die Luft verpuffen», betonte Peter Inhelder, Leiter des Amts für Umwelt und Energie Schwyz. Er sprach bei der Präsentation des ersten Musterstalles im Rahmen des Zentralschweizer Ressourcenprojekts Ammoniak und Geruch bei Roman Zimmermann, Buseri Merlischachen.

Jährlich gingen der Landwirtschaft wegen Ammoniakemissionen schweizweit 50'000 t Dünger und damit Wertstoff verloren, und an 13 von 17 Messtandorten in der Zentralschweiz seien die Ammoniak-Grenzwerte in der Luft teils massiv überschritten.

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Im Stall und Laufhof

Thomas Kupper von der HAFL Zollikofen wies auf die negativen Umweltwirkungen der zu hohen Stickstoffverluste hin: Gefährdung der Ökosysteme und Biodiversität. Belastung der Böden, des Wassers, der Luft und damit der menschlichen Gesundheit. Und indirekt auch Klimaerwärmung. 36 Prozent der Ammoniakverluste entstehen im Stall und Laufhof, unter anderem dort wird mit baulichen Massnahmen im Musterstall angesetzt: Erhöhter Fressplatz, regelmässige Reinigung der möglichst minimalen verschmutzten Fläche und konsequente und möglichst rasche Trennung von Kot und Harn. Allein die Erhöhung der Fresstände bringe ­gemäss Untersuchungen von ­Agroscope eine Reduktion von 10 Prozent und die Flächen mit Quergefälle eine Reduktion von 20 Prozent der Ammonikemissionen.

Eine Tonne Dünger sparen

Auf dem Betrieb Zimmermann stünden so nach dem Umbau 300 Kilo Stickstoff als Dünger zur Verfügung. «Das ist immerhin über eine Tonne Ammonsalpeter, die nicht zugekauft werden muss», rechnete Kupper vor. Und gleichzeitig würden die umliegenden Wälder und Flachmoore mit 300 kg weniger Stickstoff belastet. Wichtig seien aber auch weitere emissionsmindernde Massnahmen wie die Abdeckung der Güllegruben und Ausbringen der Gülle mit dem Schleppschlauch.

Für das Betriebsleiterpaar Janine und Roman Zimmermann war es wichtig, dass mit dem Neubau vor allem das Tierwohl verbessert werden kann, und dies lasse sich dank den emissionsmindernden Massnahmen in der Tat sogar fördern. Das Quergefälle von drei Prozent sei kein Problem, und auch die 10 cm hohe Stufe zum Fressplatz störe die Kühe überhaupt nicht, sorge aber für mehr Sauberkeit. Damit der Entmistungsroboter eingesetzt werden kann, wurde die Harnrinne an die Ränder unmittelbar unter die Stufen gesetzt. Das Gerät könne auch Wasser versprühen, so könne eine Schmierschicht verhindert werden, was das Tierwohl wiederum verbessere.

Kühe liegen und sonnen sich

Abo Entmistungsroboter, geneigte Laufflächen und Harnsammelrinne senken beim Betrieb Zimmermann die Ammoniakbelastung. Ressourcenprojekt Ein Musterstall mit weniger Ammoniakbelastung Saturday, 25. March 2023 Und positive Auswirkungen hätten auch die viel trockeneren Laufflächen auf die Klauengesundheit. Im alten Laufstall – mit viel mehr Stufen für die Kühe – habe er im Winterhalbjahr oft Probleme mit Mortellaro gehabt. Damals seien die Kühe im Winter oft im Laufhof herumgestanden und hätten sich im Winter gesonnt. Nun sonnen sie sich dank dem offenen und sehr luftig gebauten Stall bei flacher Wintersonne liegend und wiederkäuend in den Boxen, «so wie es sein sollte». Einen eigentlichen Aussen-Laufhof gibt es nicht mehr, der befindet sich zwischen Fress- und Liegebereich, was die verschmutzte Fläche reduziert. Für die gegenüber der Raus-Auflage von 2,5 m2 verminderte ungedeckte Fläche bekam Zimmermann  eine Ausnahmebewilligung.

Baucoach Erich von Ah vom Schwyzer Landwirtschaftsamt betonte, dass solche baulichen Massnahmen für Tierwohl und die Umwelt freiwillig sein sollten, so stünden die Bauern auch dahinter. «Unter Zwang findet man viele Gründe, wieso es nicht funktioniert.» Die Mehrkosten schätzt Zimmermann auf rund 15'000 bis 20'000 Franken, die würden durch das Projekt finanziert. Ingesamt kostete der Stallneubau für 60 Kühe rund 22'000 Franken pro GVE.

Freude an diesem Musterstall äusserte auch die Schwyzer ­Regierungsrätin Petra Steimen-Rickenbacher. Der Bau sei wegweisend, wie Umwelt- und Tierwohlanliegen unter einen Hut gebracht werden könnten. Schliesslich sei die Zentralschweiz als Grasland auf die Wiederkäuer angewiesen. «Milch und Fleisch sind hier standortgerecht, das entspricht auch der Schwyzer Landwirtschaftsstrategie.»

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Pilotbetriebe gesucht

Das Zentralschweizer Ressourcenprojekt wird geleitet vom Luzerner Bäuerinnen-und Bauernverband. Dahinter stehen die Landwirtschafts- und Umweltämter der Zentralschweiz, sowie der Bund. Bis 2025 stehen 5,1 Millionen Franken für das Projekt zur Verfügung. Bis 2025 sollen zwölf Musterställe mit Rindvieh und sechs Musterställe mit Schweinen fertiggestellt sein.

Es werden weitere Pilotbetriebe gesucht. Konkret Rindvieh- und Schweineställe, die demnächst neu oder umgebaut werden, und wo die Betriebsleiter offen sind für innovative bauliche Lösungen für mehr Tierwohl und Umweltschonung. Für die Deckung allfälliger Mehrkosten beim Bauen stehen pro Betrieb bis zu 50'000 Franken zur Verfügung, zudem wird das Bauprojekt durch einen erfahrenen Bau­coach beratend begleitet. Ziel ist, dass nach dem Bau die Ammoniakemissionen mindestens 40 Prozent tiefer sind.

Die RAUS-Bedingungen sollten gelockert werden
10 m2 Platz pro Kuh, davon 2,5 m2 ungedeckter Auslauf. Das schreibt die Direktzahlungsverordnung für die RAUS-Beiträge vor. Das ist für das Tierwohl gut, bezüglich Emissionen schlecht, denn Ziel sind möglichst wenig verschmutzte Flächen. Beim Musterstall Zimmermann sind es aber nur etwas über 1 m2 ungedeckte Fläche. Dies wurde im Rahmen des Projekts als Ausnahme bewilligt, was die Verordnung zulässt.

Erich von Ah, Zentralschweizer Baucoach vom Landwirtschaftsamt Schwyz, weist auf den klassischen Zielkonflikt hin. Die Kuh habe gerne Aus­senklima, in geschlossenen warmen Ställen sei es ihr eigentlich nicht wohl. Die Fachleute seien sich einig: Wenn ein Stall Aussenklimaqualitäten wie Licht und Luft biete, habe die Kuh eigentlich nicht das Bedürfnis nach ungedeckter Auslauffläche. In der Gesellschaft würde aber wohl eine Reduktion der gesetzlich vorgeschriebenen Aussenfläche als Abbau des Tierwohl wahrgenommen und müsste gut begründet werden.

Die Zentralschweizer Landwirtschaftsämter hätten die Absicht kundgetan, dass sie Auslauffläche unter einem hohen Vordach anerkennen möchten, wenn dies mit einem Mehrwert für das Klima und für die Tiere verbunden ist. Dazu würden nun die Kriterien bereinigt und bald publiziert. Und aktuell warte die Branche auch auf ein Merkblatt des BLW zum Auslauf zwischen zwei Gebäuden. Es sei davon auszugehen, dass künftig für RAUS weniger überdachte Fläche als die 2,5 m2 akzeptiert werden könnten. «Aber es kann sicher nicht sein, dass Auslaufflächen unter Vordach anerkannt werden, wenn die Kühe weiterhin in engen, schlecht durchlüfteten Ställen leben. So wäre dies kein Mehrwert», betont von Ah.