Am 24. August 2022 fand im thurgauischen Amlikon-Bisseg der Bio-Milch-Stamm des Arenenberg statt. Im Fokus standen die neuen Bio-Fütterungsrichtlinien, die per Anfang Jahr eingeführt wurden: Neu muss das gesamte Futter aus inländischer Produktion stammen, der maximale Kraftfutter-Einsatz wurde auf fünf Prozent gesenkt. 

Wo sind Verbesserungen möglich?

Die neuen Regelungen umzusetzen ist für viele Betriebe an sich schon herausfordernd. Nun sind weitere Faktoren wie etwa die Trockenheit und die gestiegenen Öl- und Gaspreise erschwerend hinzugekommen. «Daher macht es Sinn, zu überprüfen, wo bei der Fütterung Verbesserungen möglich sind, die der Wirtschaftlichkeit entgegenkommen», stellte Jenifer van der Maas, Bioberaterin am Arenenberg, an der gut besuchten Veranstaltung fest. 

Der Anlass im Rahmen von Workshops bot die Gelegenheit, sich auszutauschen und von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Zum Beispiel von Gastgeber Peter Sauter, der seinen Milchbetrieb bereits vor 22 Jahren auf Bio umgestellt hat. Er bewirtschaftet 39 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche, unter anderem mit 60 Milchkühen samt Nachzucht bis zum Alter von sechs Monaten. Bei seinen Holstein-Kühen sei ihm nicht die Milchleistung wichtig, sondern vielmehr Gesundheit und Langlebigkeit, sagte der Biolandwirt. Darauf achte er besonders bei der Wahl der Stiere. 

Genügend Gräser für den Zuckergehalt

Doch auch er bekomme nun die Einführung der neuen Richtlinien von Bio Suisse zu spüren: «Die Fütterung ist schon herausfordernd», bilanzierte Sauter. «Jetzt gilt es zu schauen, was wir daraus machen können.» Mit der Reduktion des Kraftfutters sei die tägliche Milchleistung auf dem Betrieb um 200 kg gesunken. Grosses Potenzial sieht er im Weidegang: «Im Sommer lässt sich mit täglichem Weiden punkto Milchleistung viel herausholen». Mit der Fütterung von Silomais macht er gute Erfahrungen. Davon erhalten seine Kühe im Winter 10 kg, im Sommer 15 kg und im Herbst 20 kg. «Der Maisanbau wird immer wichtiger», ist der Bauer überzeugt. 

Was die Grassilage betrifft, ist Peter Sauters Ziel, künftig 5 bis 6 Schnitte pro Jahr zu erreichen. Er achtet darauf, dass die Kunstwiese, welche derzeit mit der Mischung «Queen Gold» angesät ist, nebst dem entsprechenden Klee- und Luzerneanteil genügend Gräser aufweist. Damit erhält die Silage den gewünschten Zuckergehalt und wird von den Kühen gern gefressen. Als Dünger setzt der Thurgauer jeweils 20 m3 Gülle ein. 

Nährstoffgehalt versus Masse

Ebenfalls zur Sprache kam die Wahl des Schnittzeitpunkts: Dabei gilt es, zwischen höherem Nährstoffgehalt bei einem früheren Schnitt gegenüber mehr Masse bei einem späteren Zeitpunkt abzuwägen. Sauter bemerkte zudem, dass er Kunst- und Naturwiese unterschiedlich nutze. Zum Mähen bevorzuge er letztere. Mit Herbstsilage kann die Winterration gut mit Eiweiss versorgt werden. Allerdings muss das Gras sauber und einwandfrei siliert werden.

Die Teilnehmer(innen) tauschten auch ihre Gedanken zu den Auswirkungen der neuen Bio­regelungen auf ihren Milchviehbetrieben aus. Ein Bauer meinte zum Beispiel, er spiele bereits mit dem Gedanken, seinen Kuhbestand als Folge der verschärften Bedingungen zu reduzieren. Jemand anders meinte, dass ein Teil der Kühe in seinem Stall von den Anforderungen her nicht mehr passe, weil sie mit der Reduktion des Kraftfutters nicht klarkommen. Peter Sauter fragte sich zudem, wie wohl der Milchmarkt in Zukunft mit den deutlichen saisonalen Schwankungen der Milchmengen umgehen wird. 

Futterwachstum auf Weiden gegen Null 

Ein weiteres Thema war die Trockenheit dieses Sommers. Um künftig besser mit regenarmen Phasen umgehen zu können, empfahlen mehrere Teilnehmer, in guten Jahren möglichst viel Reserven anzulegen.

Viele Landwirte stellen derzeit fest, dass die Weiden aufgrund der Trockenheit zu wenig hergeben. Daniel Nyfeler, Futterbauberater am Arenenberg, bestätigte, dass das Futterwachstum auch auf den Weiden je nach Region praktisch auf Null zurückgegangen ist. Vor diesem Hintergrund empfahl er: 

  • Die Bestände nicht zu übernutzen. Das heisst, sie weniger häufig und weniger tief zu nutzen.
  • Die vertrockneten Halme und Blätter beim wieder einsetzenden Wachstum stehen zu lassen.
  • Bei längerem Wachstumsstopp evtl. auf Güllegabe zu verzichten (und wenn doch, sehr gut verdünnte Gülle verwenden).

Natürliche Übersaat fördern

Daniel Nyfeler riet auch dazu, vermehrt gezielt Pflanzen anzusäen, die gegenüber der Trockenheit besonders tolerant sind, beispielsweise Luzerne, Rotklee, Knaulgras oder Rohrschwingel. Für Wiesen, die bereits Schaden genommen haben, empfiehlt er eine Übersaat. Damit diese gelingt, sollte bei verfilzten Beständen scharf gestriegelt werden. Die anschlies­sende Übersaat kann beispielsweise mit Geräten wie etwa Krummenacher oder Vredo vorgenommen werden. Bei guten Beständen empfehle sich hingegen, Weidereste stehen zu lassen, da diese versamen und somit als natürliche Übersaat genutzt werden können. 

Bei hohem Unkrautbesatz in diesen Geilstellen (z.B. Scharfer Hahnenfuss oder Wiesenblacke) ist dies jedoch überhaupt nicht zu empfehlen. Nyfeler erinnerte zudem daran, dass die Weide eine intensive Kultur ist. Gräser wie die Wiesenrispe und das Englisch Raigras hätten einen hohen Stickstoffbedarf. Daher solle sie auch bei guten Anteilen an Leguminosen mit genügend Gülle versorgt werden. «Auf Biobetrieben muss dem wichtigsten Pflanzen-Nährstoff, dem Stickstoff, ganz besonders Sorge getragen werden», so Nyfeler.

Anpassungen für Biobetriebe
Jenifer van der Maas wies am Bio-Milch-Stamm auf die kommenden Anpassungen bei den Direktzahlungsprogrammen (Pa.Iv.) hin, welche die Bio-Milchviehbetriebe ab 1.Januar 2023 betreffen:

RAUS «Standard»: Für ÖLN-Betriebe Reduktion von Weidefläche von 8 auf 4 Aren/GVE. Für Biobetriebe gelten weiterhin die 8 Aren/GVE. Die Beiträge bleiben dabei gleich.
RAUS «Weidebeitrag»: Beitrag bei einem Anteil Weide 70 % der TS, wenn RAUS für alle Tiere erfüllt ist. Das Programm ist für Biobetriebe fakultativ.
Versorgungssicherheit: Wegfall von Versorgungssicherheitsbeiträgen (300.– Fr./ha) im Talgebiet.
Schleppschlauch: Im Kanton Thurgau Wegfall des Schleppschlauch-Beitrages (120.– Fr./ha). 
Längere Nutzungsdauer: Ab 2024 wird ein Beitrag für langlebige Kühe eingeführt (Anmeldung 2023).
Suisse Bilanz: Streichung 10 % Toleranz für N und P in der Suisse Bilanz ab 2024.
Kraftfutter und Dünger: Der Bund plant die Einführung einer Offenlegungspflicht.
Biobetriebe teilnahmeberechtigt: Beitrag für Verzicht auf Herbizide im Ackerbau und Beitrag für Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sowie Beitrag für effizienten Stickstoffeinsatz im Ackerbau.