Abo Hund im Schafspelz. Herdenschutzhunde fühlen sich als Teil der Herde und lassen sich auf den ersten Blick oft kaum von den Schafen unterscheiden. Der Treibhund (hinten im Bild) hält dagegen Abstand. Wolfspräsenz Herdenschutzhunde, die Hüter der Herden Wednesday, 19. April 2023 Die Wolfspräsenz brachte 2022 Hirtinnen, Hirten und Herdenschutzhunde in verschiedenen Regionen ans Limit. Einige Alpen wurden vorzeitig verlassen, da die Herden trotz Riesenaufwand nicht genügend geschützt werden konnten. Geschätzt wird, dass die Wölfe im Jahr 2022 erstmals mehr als 1000 Nutztiere gerissen haben. Die offizielle Zahlen sollten im Laufe dieses Monats bekannt sein. 90 Prozent der getöteten Nutztiere sind Schafe.

Daher ist auch der Bedarf an Herdenschutzzäunen und die Zahl der Herdenschutzhunde deutlich gewachsen: Im Jahr 2011 waren knapp über 200 offizielle Herdenschutzhunde registriert, 2022 waren es bereits 457. Letztes Jahr waren 312 dieser Hunde auf Alpen im Einsatz, 43 auf anderen Landwirtschaftsflächen. 83 Hunde waren in Ausbildung und 19 nicht mehr im Einsatz, zum Beispiel weil sie zu alt waren. 

Material und Hunde

Die landwirtschaftliche Beratungszentrale Agridea koordiniert im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt die Herden-schutzmassnahmen in der Schweiz. Der Auftrag läuft allerdings Ende 2023 aus. «Wie es weitergeht, wissen wir noch nicht», sagt Felix Hahn, Herdenschutzfachmann bei Agridea. Denn voraussichtlich ab 2024 ist das neue Jagdgesetz in Kraft. «Es ist entscheidend, was dann kommt.»[IMG 2]

Neben technischem Material sind für viele Alpen Herdenschutzhunde unerlässlich. Die Nachfrage nach den Arbeitshunden wird von Agridea jeweils im Dezember falls nötig priorisiert und mit dem Angebot in Übereinstimmung gebracht. «Wir dachten jedes Jahr, wir hätten zu wenig Hunde», sagt Hahn. «Doch bisher konnten in der Regel alle prioritären Betriebe berücksichtigt werden, das sind normalerweise die Sömmerungsbetriebe.»

Etwas anders sieht es bei den Ganzjahresbetrieben aus. Hier steigen die Anfragen, doch meist können nicht sofort Hunde vermittelt werden. «Die Mehrzahl dieser Betriebe hat andere Möglichkeiten für den Herdenschutz», erklärt Hahn dazu.

Nur mit Bewilligung

Nicht jeder Hof darf offiziell registrierte Herdenschutzhunde halten. Drei Stellen müssen dazu ihr Okay geben: Die kantonale Herdenschutzberatung bestätigt zum einen, dass für ein bestimmtes Weidegebiet Hunde die sinnvollste Lösung für den Herdenschutz sind. Zudem wird geklärt, ob die Hunde effizient arbeiten können – was nur möglich ist, wenn die Herden eher kompakt gehalten werden.[IMG 3]

Als Zweites bestätigt die Fachstelle Herdenschutzhunde, dass auf dem Betrieb die Haltung und der Einsatz von Herdenschutzhunden fach- und tierschutzgerecht möglich sind. Als Drittes muss die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft bestätigen, dass auf dem Betrieb ein möglichst konfliktfreier Einsatz von Herdenschutzhunden realistisch ist.

Nachfrage bleibt gleich

Trotz des stärkeren Wolfsdrucks kamen für 2023 nicht mehr Nachfragen nach Herdenschutzhunden. «Dies hat verschiedene Gründe», meint Felix Hahn. «Unter anderem sind sich viele Bäuerinnen und Bauern bewusst, dass die ganzjährigen Anforderungen für die Haltung und den Einsatz von Herdenschutzhunden hoch sind.»

Auch ist man nicht überall in der Schweiz glücklich darüber, dass es nur zwei Hunderassen offiziell für den Herdenschutz zugelassen sind. So wird im Kanton Graubünden bereits heute die Rasse Kangal eingesetzt.

Dünne genetische Basis

Aus genetischer Sicht wäre es laut Felix Hahn wünschenswert, dass man sich weiterhin auf zwei Rassen beschränken würde. «Genetisch haben wir eine eher dünne Basis. Doch das Ziel wäre, aus möglichst vielen Hunden mit den Besten weiterzuzüchten.»

Doch unabhängig von der Rasse sei die Qualität der Hunde wichtig und dass sie die Einsatzbereitschaftsüberprüfung bestehen. Bei dieser Prüfung müssen die Arbeitshunde unter anderem ihre Gesellschaftstauglichkeit, Herdenbindung und Herdentreue, Stress-Toleranz und ein differenziertes Abwehrverhalten beweisen.

Weitere Informationen:www.herdenschutzschweiz.ch