Es war nur eine Randbemerkung an der Hauptversammlung des alpwirtschaftlichen Vereins des Kantons Schwyz. 20 Prozent aller Schafalpen im Kanton Schwyz seien aktuell zumutbar schützbar, informierte Theo Pfyl von der landwirtschaftlichen Beratung. Eine Zahl, die aufhorchen lässt.
Alpbegehungen durchgeführt
Aufrund 37 Schwyzer Schafalpen fanden letztes Jahr Begehungen statt. Dabei nahmen Älpler und Fachpersonen die Ist-Situation auf und entwickelten zusammen mögliche Strategien im Bereich des Herdenschutzes. Ziel war es, die gemäss Kriterien des Bafu und der Regierungskonferenz der Gebirgskantone zumutbaren Massnahmen zur Schützbarkeit dieser Alpen zu eruieren, um so besser auf eine mögliche Wolfspräsenz vorbereitet zu sein.
Das Resultat dieser Begehungen zeigt nun, dass unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen vier von fünf Schwyzer Kleinviehalpen als nicht zumutbar schützbar eingestuft wurden. Ein wirksamer Herdenschutz ist somit mit einem wirtschaftlich verhältnismässigen Aufwand auf 80 Prozent der Schwyzer Schafalpen nicht zu erreichen.
Schwieriges Zäunen in unwegsamen Gelände
Der aktuell hohe Anteil an nicht zumutbar schützbaren Alpen hat gemäss Theo Pfyl mehrere Gründe. Viele Weidgänge würden unterhalb der Waldgrenze in unwegsamen Gelände liegen, wodurch das Arbeiten mit Zäunen, welche einen erweiterten Grundschutz bieten könnten, enorm aufwendig sei. Auf den grösseren Schafalpen, welche vielfach im Karstgebiet liegen, sei eine sichere ganzheitliche Umzäunung sowohl technisch wie auch wirtschaftlich nicht möglich.
Auch mobile Pferche zur kontrollierten Übernachtung der Tiere seien infolge der Topografie und des Geländes oftmals schwierig zu realisieren. «Denn Zäune für Nachtpferche müssten über eine entsprechende Qualität aufweisen, ansonsten verschlimmern diese die Situation bei einem Wolfsangriff noch zusätzlich», so Pfyl. Die Schafherden auf den grossen Schwyzer Alpen bestünden zudem aus vielen Kleingruppen, was den Einsatz von Herdenschutzhunden sehr anspruchsvoll mache.
Als grosse Herausforderung sieht Theo Pfyl den Herdenschutz auf den grossen Schwyzer Vorweiden Cholmattli und in Rothenthurm, welche sich noch unterhalb der Waldgrenze befinden. Auf diesen Weiden bedürfe es umfangreicher Zaunerweiterungen.
Zumutbar schützbare Alpen werden voraussichtlich ab 2024 stärker unterstützt. Noch bis Anfang Mai läuft die Vernehmlassung zu einem Verordnungspaket, wo ein Zusatzbeitrag von 250 Franken pro Normalstoss zur Abgeltung des einzelbetrieblichen Aufwands im Herdenschutz vorgeschlagen wird.
Dieser Betrag soll für Tiere der Schaf- und Ziegengattung sowie Rindvieh bis 1-jährig ausgerichtet werden, wenn die betreffende Alp zumutbar schützbar gilt, über ein vom Kanton bewilligtes einzelbetriebliches Herdenschutzkonzept verfügt und dieses auch umsetzt. Sehr umstritten innerhalb der Bauernsame ist, dass laut Verordnungspaket die dafür benötigten Mittel zukünftig aus dem Landwirtschaftsbudget kommen sollen.
«Die Zahl schützbarer Alpen wird ansteigen.»
Theo Pfyl, Alpfachmann im Kanton Schwyz.
Für Schafalpen wird die Personalsuche schwierig
Viel deutet also darauf hin, dass schützbare Alpen zukünftig finanziell bedeutend stärker unterstützt werden. Dieser grössere finanzielle Support führe dazu, dass Schäfer und Älpler mehr Ressourcen in den Herdenschutz investieren könnten, was zu einer höheren Zahl an schützbaren Alpen führen werde, so Theo Pfyl.
Dennoch seien die Herausforderungen enorm. Der Stress und die schlaflosen Nächte infolge der Wolfspräsenz machen den Job des Schafälplers sicher nicht attraktiver, entsprechend herausfordernd werde die Personalsuche.
Ganz schwierig wird die Bewirtschaftung von nicht zumutbar schützbaren Alpen. Herrschte lange die Meinung vor, man sei mit nicht schützbaren Alpen auf der besseren Seite, fand nun durch die vermehrte Wolfpräsenz vielerorts ein Umdenken statt.
Die Wolfsproblematik ist ein Lernprozess
«Grundstücksbesitzer, Tierhalter und die Politik müssen alles daran setzen, dass auch solche Alpen den Status schützbar oder teilweise schützbar erreichen, denn nur so können diese noch wirtschaftlich gepflegt werden», erklärt Ruedi Fässler von der Vereinigung zum Schutz von Jagd- und Nutztieren vor Grossraubtieren. Es zeige sich, dass die Wolfsproblematik für alle Beteiligten ein grosser Lernprozess sei.
Tierverluste aus ungeschützten Herden würden zwar aktuell noch entschädigt. Fässler geht aber davon aus, dass diese Zahlungen dereinst stark umstritten sein werden. Es sei nötig, alle vorhandenen Instrumente, welche zu einem verbesserten Herdenschutz führen, zu nutzen.
Dabei erwähnt er auch die finanzielle Unterstützung wie Zaunbeiträge oder die im Sommer durch die Herdenschutzberatung geplanten Tests mit Drohnen. Auch wenn der Einsatz von Schutzhunden nicht frei von Konfliktpotenzial sei, seien diese zukünftig in der Kleintieralpung unabdingbar. Der Druck zum Herdenschutz auf den Alpen steige, auch von den Tierhaltern selber. Alpen mit grossen Tierverlusten würden es zukünftig schwer haben, genügend Vieh zu erhalten.
Absolut entscheidend sei der Umgang mit Wölfen: «Ohne konsequentes Wolfsmanagement und der sofortigen Entnahme von schadstiftenden Tieren hat die Alpung keine Zukunft.»
