Der Aargauer Peter Anderhub gewinnt den Ceres Award 2024 in der Kategorie Schweinehalter des Jahres. Die Auszeichnung gab es an der Nacht der Landwirtschaft, die Mitte vergangener Woche in Berlin stattfand. Der Ceres Award des deutschen Fachmagazins «Agrarheute» zeichnet jährlich die besten Bäuerinnen und Bauern aus Deutschland und dem europäischen Ausland für ausserordentliche Leistungen aus.

Abo Internationale Auszeichnung Blicke über den Tellerrand: Die Gewinner(innen) des Ceres Awards 2024 Saturday, 9. November 2024

Der 47-jährige Peter Anderhub aus Muri AG hat ereignisreiche Tage hinter sich. Die Preisübergabe sei ihm vorgekommen wie eine kleine Oscar-Verleihung, sagt er rückblickend mit einem Schmunzeln. Die Veranstalter hätten keine Mühe gescheut und die Landwirtschaft bestens inszeniert. Zurück in der Schweiz war Anderhub am Montagabend bereits wieder am «Leue-Höck» der Sektion Suisseporcs Zentralschweiz. Hier arbeitet er im Vorstand mit und wurde mit einem Apéro geehrt. Um die 70 Berufskollegen waren vor Ort, als er nochmals vom Prozedere erzählte. Den Award kannte auch Anderhub vor einem Jahr noch nicht. Aufgefordert, sich anzumelden, wurde er von den Organisatoren, die ihrerseits den Tipp von «Stadtkind Nik» bekamen. Der Zürcher begann zu Corona-Zeiten spontan, Schweinebetriebe in der Schweiz und halb Europa zu besuchen und zu porträtieren.

«Habt keine Angst vor Reaktionen.»

Peter Anderhub zeigt seine Tierhaltung und ermuntert auch seine Berufskollegen dazu.

Viel Öffentlichkeitsarbeit

[IMG 2]Angefangen hat die Karriere von Nik bei Peter Anderhub. Der junge Städter hatte auf den sozialen Medien einen «Söieler» gesucht, der ihm seine Tierhaltung zeigt. Anderhub lud ihn spontan ein, wie er das immer macht, wenn es um Öffentlichkeitsarbeit geht, auch bei spezielleren Projekten. Nik hat seitdem eine Vielzahl an Betrieben besucht und der Jury in Deutschland auch weitere Höfe vorgeschlagen. So hat sich Anderhub eines Abends für den Award beworben. «Das war recht aufwendig, gefragt waren viele Kennzahlen zum Betrieb», so der Landwirt. 180 Bewerbungen seien schliesslich eingegangen, die Jury bewertete diese nach einem Punktesystem und gab im Sommer die drei Finalisten bekannt. In der dreiköpfigen Jury sassen nebst Nik ein Agrarjournalist von «Agrarheute» und ein Branchenkenner aus Deutschland. So hat Anderhub seinen Betrieb mit den 140 Zuchtsauen, Abferkelbuchten, Galtsauengruppen und der Jageraufzucht gezeigt. Es wurden Fragen gestellt und fleissig fotografiert und gefilmt.

Und dann ging es eben nach Berlin an die Nacht der Landwirtschaft. Der Award hat in Deutschland eine schöne Bedeutung, und die Agrarprominenz zeigt sich gerne. Den Finalisten wurde ein Medienbetreuer zur Seite gestellt, obwohl dies im Fall von Anderhub nicht nötig gewesen wäre. Der Aargauer macht seit über zwei Jahrzehnten Öffentlichkeitsarbeit zugunsten der Schweizer Schweineproduktion und steht auch hin, wenn die sogenannten weissen, also nichtlandwirtschaftlichen Medien mit kritischen Absichten auffahren. Dafür wird er in der Branche geschätzt. Das bestätigt Suisseporcs-Geschäftsführer Stefan Müller. Peter Anderhub sei seit Jahren ein Botschafter und Aushängeschild, und er gönne ihm diesen Award von Herzen. Es sei ein gutes Zeichen, auch für Berufskollegen, dass Öffentlichkeitsarbeit honoriert werde. So macht Anderhub etwa beim Suisseporcs-Projekt Saugut mit und hat eine Livecam im Stall.

Bestätigung für Tierhaltung

Anderhubs Sieg sei auch eine Bestätigung für den Schweizer Weg in der Schweinehaltung, findet Stefan Müller weiter. Sein Produktionsstandard mit höchstem Tierwohl sei in sieben von zehn Schweizer Ställen anzutreffen. Mit dem Unterschied vielleicht, dass bei Anderhub im Zweifelsfall eher noch etwas mehr Stroh zum Einsatz kommt. Jetzt gehe es noch darum, dass die Konsumenten diesen Mehraufwand auch an der Ladentheke honorierten.

Doch zurück nach Berlin: Durchgesickert war nach der Preisübergabe, dass der Sieg des Schweizers Anderhub alles andere als knapp war. Die Kombination von hohem Tierwohl, guten wirtschaftlichen Kennzahlen und seiner Öffentlichkeitsarbeit überzeugte (siehe Kasten unten). So sieht es auch Peter Anderhub selbst. Es brauche nicht den grössten und schönsten Betrieb. Wichtig seien Freude und Leidenschaft für den Beruf. Das färbte in seinem Fall auch auf die beiden Kinder ab. Diese sehen ihre berufliche Zukunft ebenfalls in der Tierproduktion, sei es in der Ausbildung zur Fleischfachfrau Verarbeitung (Tochter) oder als Landwirt in Ausbildung (Sohn).

Betriebsleiter, die sich in der Öffentlichkeitsarbeit engagieren, gibt es nicht wie Sand am mehr. Gerade bei den Schweinehaltern. Anderhub rief denn am «Leue-Höck» seine Berufskollegen wieder dazu auf, sich zu zeigen. «Habt keine Angst vor Reaktionen», sagte er. Offenheit gegenüber Interessierten findet er wichtig. Irgendwann komme alles zurück – und sei es in Form eines Awards.

 

«Herausforderungen für Deutsche sind für ihn gelebter Alltag»

Die Jury des Ceres Award zeigt sich besonders beeindruckt vom hohen Tierwohlstandard im Betrieb von Peter Anderhub in Muri AG. Für ihn seien das freie Abferkeln und Schweine mit Ringelschwanz – «für die meisten deutschen Schweinehalter noch eine echte Herausforderung» – Normalität, heisst es anerkennend. Und weiter: «Der 47-Jährige ist nämlich Schweizer.»

Schuldenfrei und IP-Suisse
Die Alpenrepublik gelte mithin als Vorreiterin für einen tierwohlgerechten Umbau der Schweinehaltung, schreibt «Agrarheute». In der Beschreibung des Betriebs von Peter Anderhub, der 140 Sauen sowie 200 Mastschweine hält und 22 ha mit Ackerfrüchten und Gras bewirtschaftet, wird unter anderem dessen Schuldenfreiheit erwähnt. Auch handle es sich um einen besonders tierfreundlichen IP-Suisse-Hof.

Peter Anderhub gehe es nicht um maximale, sondern optimale Leistungen mit möglichst geringem Arbeitsaufwand. Trotzdem gehöre der Aargauer mit fast 30 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr sowie Masttageszunahmen von rund 1000 g zu den besten Schweizer Betrieben, auch hinsichtlich Wirtschaftlichkeit.

Wirtschaftliches Tierwohl
«Er bietet seinen Schweinen ein höchstes Mass an Tierwohl und kann dies auch wirtschaftlich gestalten», fasst die Jury zusammen. Die Tiere hätten «sehr viel Platz», eine mit Stroh eingestreute Liegefläche und ab 25 kg Gewicht permanenten Auslauf.
Die meisten Ferkel verkauft Anderhub an vier regionale Mäster, ebenfalls IP-Suisse-Betriebe. Sein Ziel sei, den Hof in den nächsten Jahren komplett auf ein geschlossenes System umzustellen und alle Ferkel selbst auszumästen.