«Ich bin immer noch der einzige Biobauer im Dorf», sagt Stefan Künzli vom Feldhof. In der Gegend werde sehr tierintensiv gewirtschaftet, mit Schweinen und Kühen. Das werde wohl auch so bleiben, Künzli glaubt nicht, dass sich aufgrund der aktuellen Strukturen, aber auch aufgrund der Marktlage viele Bauern in der Region zu einer Umstellung auf Bio bewegen lassen.
Spezialisiert auf Schweine
Intensiv bewirtschaftet wurde auch der Feldhof. Hier wird traditionell Schweinezucht betrieben. Bis 2003 war es gar ein gemischter Betrieb mit zusätzlich Rindvieh. Dann gab Vater Künzli die Milchviehhaltung auf, stockte bei den Schweinen auf.
2003 kam ein Bio-Luftwäscher
Schon 1999 war der Feldhof ein Labelbetrieb für Coop Naturaplan, bis 2017 liefen 120 Sauen unter diesem Programm, es wurden Jager vermarktet. Weil der Schweinestall unmittelbar in Siedlungsnähe liegt und die Schweine vermehrt im Auslauf zu halten waren, hat Künzli schon 2003 einen Bio-Luftwäscher eingebaut, der auch die Luft aus dem Auslauf ansog und reinigte.
Teilweise mästet Künzli selbst
Heute sind es im Rahmen eines Biorings zwei Gruppen zu 15 Sauen, die während acht Wochen zum Abferkeln auf dem Betrieb sind, dann zum Decken acht Wochen weg sind, anschliessend wieder zurückkommen. Die Ferkel bleiben hier, bis sie 25 Kilogramm schwer sind. Die meisten gehen dann zu einem Biomäster, einige mästet Künzli selber aus.
«Wir haben eben Freude an Hühnern.»
Stefan Künzli zum Einstieg in den neuen Betriebszweig
Die Gelegenheit noch nutzen
Den Junghennenstall für 4000 Plätze plante er im Sommer 2017, zum Start der Umstellung auf Bio ein Jahr später. Es sei wohl die letzte Gelegenheit gewesen, noch einen Bau zu realisieren, kurz darauf galten die schärferen Raumplanungsvorschriften für innere Aufstockung. Und auch die Mindestabstände und Ammoniakauflagen wurden noch mehr zum Thema. «Ein Hühnerstall 70 Meter neben dem Wohnquartier war eine Herausforderung», sagt Stefan Künzli. Für ihn war immer klar, dass er eine Luftreinigung wollte. Der Lamellenfilter entfernt auch im Wintergarten 98 Prozent des Staubs und das Meiste des Ammoniaks. Der Rest wird durch einen Wurzelholzfilter gereinigt. Das sorgt für ein gutes Klima, belastet die Anwohner nicht. So erhielt er die Baubewilligung erstaunlich zügig Ende 2017.
Die Familie hat die Herausforderung gesucht
Dem Entscheid für Bio sei ein langer Prozess über einige Jahre vorausgegangen, sagt Stefan Künzli. Eigentlich lief der Betrieb rund und es waren keine baulichen Anpassungen nötig. Aber damals sei er rund 40-jährig gewesen, die Familie suchte eine neue unternehmerische Herausforderung, auch ein neues Standbein neben der Schweinezucht. Und sie hätten auch neue Wege im Umgang mit der Natur und für mehr Tierwohl gesucht. «Wir waren überzeugt, dass wir mehr mit der Natur arbeiten müssen und diese weniger belasten dürfen.» Im Kollegenkreis stellten sie zudem fest, dass Bio einem Bedürfnis vieler Konsumenten entspreche, nachhaltig sei und ein Marktpotenzial biete.
Die Umstellung ist eine Herausforderung
Allerdings sei die Kenntnis des «sehr umfassenden Bio-Regelwerks» bei der Umstellung schon eine administrative Herausforderung gewesen. Auch im Ackerbau müsse bei Bio viel ganzheitlicher gedacht werden, beim Bodenaufbau, der Kulturenwahl und beim Pflanzenschutz, zur Bewältigung des Unkrautdrucks. Deshalb schaffte Künzli einen Striegel an, neu kommt ein Hackgerät dazu.
Bei den Junghennen wurde alles anders
Bei den Schweinen musste er wenig umstellen, mehr Auslauf für die Sauen und Ferkel sowie die Jager. Alles neu lernen musste er hingegen bei den Junghennen. Mit dem Bau des Hühnerstalls wurde im Frühling 2018 gestartet, im November zogen die ersten Junghennen ein.
Hühnerhaltung würde ihnen eben Freude machen, sagt der Landwirt, zudem sei dies ein guter Markt. Und sie seien gewohnt an Umtriebe und an die Arbeit mit jungen Tieren. Auch der Mist ergänze die Schweinegülle ideal, begründet Künzli den neuen Zweig.
«Wir müssen Bio noch besser erklären.»
Stefan Künzli will Biofleisch als anderes Produkt positionieren.
Die jungen Hühner anlernen
18 Wochen bleiben die Junghennen, dann gehen sie zu Legebetrieben. Bei Bio seien Einheiten zu 4000 Junghennen Standard. Legebetriebe umfassen 2000 Hühner, so dass jeweils über einen Vertragshändler zwei Betriebe beliefert werden. Die Eintagesküken kommen aus Brütereien in der Region. Auch die Bio-Elterntiere stammten übrigens aus der Region, klärt Künzli auf. 37 Grad Wärme und genügend Luftfeuchtigkeit sind Bedingungen beim Einstallen der Küken. Mit zunehmendem Alter bekommen sie mehr Platz im Stall. Erst mit 42 Tagen können sie erstmals in den Wintergarten und auf die Weide. Die jungen Hühner müssten angelernt werden, an die Fütterung, das Wasser und dass sie auf den Stangen in der Höhe übernachten.
Die Haltung zahlt sich aus
«Das heisst auch viel Handarbeit und ein gutes Auge, trotz der grossen Automation im Hühnerstall.» Gute Haltung zahle sich wirtschaftlich aus. Die Rendite könne erhöht werden beim Futtereinkauf, mit möglichst wenig Abgängen und mit einer Erhöhung der Umtriebe. Kalkuliert wird mit zwei Umtrieben jährlich, jeweils nach Ostern und nach Weihnachten. Wenn weniger Eier gefragt sind und die Legehennenställe geräumt sind und später wieder eingestallt wird.
Der Stall ist eine grosse Investition
Weil der Markt floriere, seien bis 2,3 Umtriebe möglich, was finanziell einschenke. Pro Umtrieb kalkuliert Bio Suisse mit 330 Arbeitsstunden zu 34 Franken. Die gesamten Produktionskosten für eine Junghenne machen gut 24 Franken aus. Die Investition in einen solchen Stall, rund 13 mal 38 Meter gross, sind mit rund 600 000 Franken gemäss Künzli aber nicht zu unterschätzen.
Betriebsspiegel Feldhof
Betrieb: Familie Künzli, Feldhof, Ettiswil
Fläche: 13 ha Eigenland, 4 ha Pacht
Ackerfläche: 12 ha (Raps, Weizen, Urdinkel, Mais, Luzerne im Vertragsanbau)
Viehbestand: Schweinezucht (zwei Gruppen mit je 15 Sauen zum Abferkeln, im Rahmen Bioring); 4000 Junghennen; zwei Pferde
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie, Mithilfe des Vaters
Bald ein Bauernhof-Trail
Künzlis sind inzwischen überzeugte Biobauern, sie schätzen nicht nur die Wertschöpfung, sondern auch die höhere Wertschätzung dieser Produkte. Und sie haben auch einige Pläne für die Zukunft. Sie wollen mithelfen, Bio den Konsumenten noch besser zu erklären, auf die Gesamtheitlichkeit und Nachhaltigkeit hinzuweisen. Derzeit würden wenig Hofprodukte selber vermarktet, ausser etwas Fleisch. Das soll künftig mit einem Hofladen ausgebaut werden. Auch Bio-Eier sollen angeboten werden, einige Junghennen möchten sie künftig selber weiter als Legehennen halten.
Ab Sommer möchten Künzlis ein «Erlebnis Landwirtschaft» anbieten, einen Bauernhof-Detektiv-Trail. «Damit soll die Landwirtschaft, aber auch die Bioproduktion den Leuten nähergebracht werden.»
Biomarkt ist bald gesättigt
Zwar floriert der Bio-Eiermarkt und damit auch die Nach-
frage nach Legehennen. Mit 27,6 Prozent Marktanteil sei das Bio-Ei das erfolgreichste Bioprodukt im Detailhandel.
An der gesamten Schweizer Eierproduktion hat Bio einen Anteil von 17,7 Prozent, Tendenz steigend.
Künzli mahnt gleichwohl zur Vorsicht für einen Neueinstieg. Es sei eine schmale Gratwanderung auch für noch mehr Legehennenställe, zumal auch die Bauauflagen verschärft wurden. Der Biomarkt zeige in vielen Bereichen Sättigungstendenzen. Nicht nur bei Biomilch, wo bald dreijährige Wartefristen bestehen. Auch Biofleisch verzeichne nicht die gleiche Nachfrage wie andere Bioprodukte. Bei Schweinefleisch mache der Bioanteil nur zwei Prozent aus, bedauert Künzli. «Biokonsumenten sind nicht typische Fleischesser.» Zudem gelinge es offenbar zu wenig, Biofleisch gegenüber Labelfleisch entsprechend als völlig anderes Produkt zu positionieren. Da sei noch viel Aufklärungsbedaf nötig.