Das Zehenpicken bei Legehennen wird als «modernes Problem» in der Legehennenhaltung beschrieben obwohl bisher viel mehr über das Federpicken als das Zehenpicken geforscht wurde. Dabei sind weisse Legehybriden stärker vom Zehenpicken betroffen als braune. Als Folge des Pickens kann es bei zu starkem Blutverlust und Infektionen zum Tod kommen. Der Schweizer Tierschutz (STS) bezeichnet als Hauptursachen von Verletzungen in der Geflügelhaltung das Feder-, Kloaken- und Zehenpicken. «Die blutigen Wunden regen die Tiere noch mehr zum Picken an. Auch entzündete Fussballengeschwüre können zu Wunden führen, die bepickt werden», schreibt der STS in einem Merkblatt. Somit stellt die Verhaltensstörung gemäss dem Kompetenzzentrum Aviforum für das Tierwohl sowie für die Produzentin oder den Produzenten ein Problem dar.
Eine Untersuchung des Avi-forums und des Eierproduzentenverbands Gallosuisse zeigt, dass die Verhaltensstörung diverse Ursachen hat, welche teils vermeidbar sind. Klar ist gemäss einer Studie der Universität Bern, dass das Zehenpicken einen hohen Stresszustand abbildet.
Lange Liste von Ursachen
Für die Aviforum-Untersuchung konnten Daten von 96 Betrieben zugezogen werden, wovon die Hälfte Zehenpickprobleme hatte. Dabei wurde untersucht, inwiefern Stress zu Zehenpicken führt. Um leichten Stress zu erzeugen, wurde in einigen Abteilen des Versuchsstalles die letzte Fütterung des Tages weggelassen. «Erstaunlicherweise pickten die Hennen in den Abteilen ohne letzte Fütterung andere Hennen seltener an den Zehen und am Kamm. Das Picken an den eigenen Zehen unterschied sich in den beiden Gruppen nicht», wie das Zentrum für tiergerechte Haltung der Geflügel und Kaninchen in Zollikofen (ZTHZ) in der «Schweizer Geflügelzeitung schreibt. «Man kann also sagen, dass ruhende, inaktive Hennen kaum Zehenpicken zeigten», beobachtet das ZTHZ. Daher werde die Vermutung gestützt, dass gestresste Herden ein höheres Risiko haben, ein Zehenpickenproblem zu entwickeln. Bei ruhigen Herden wäre das Risiko demnach geringer, so das ZTHZ. Dies stimme auch mit den Ergebnissen der Umfrage überein, in der Infektionsdruck und direktes Sonnenlicht (Steigerung der Aktivität) ein höheres Risiko bedeuteten.
Laut Vermutungen von involvierten Produzenten und Produzentinnen waren trockene/schuppige Haut, Verletzungen vom Haltungssystem, Wetterwechsel, Sonneneinstrahlung, frühe oder sehr hohe Legeleistung und der tiefe Futterkonsum in der Startphase die meist genannten Auslöser des Zehenpickens.
Überbelegung und Stress
Diverse Geflügelzüchter sind überzeugt, dass das Hauptproblem des Zehenpickens grundsätzlich in der Überbelegung der Ställe während der Aufzucht und der Unterbeschäftigung der Tiere liegt. Weitere Auslöser sind gemäss Untersuchungen Hautkrankheiten oder Parasitenbefall.
Auf die Frage, was die Situation bezüglich Zehenpicken verbessert hätte, antworteten die meisten der Befragten im Rahmen der Aviforum-Untersuchung mit folgenden Punkten:
- Reduktion der Lichtintensität
- Mehr Beschäftigung bieten
- Verwendung von Futterzusätzen anbieten
- Mehr Einstreumaterial zur Verfügung stellen
- Verwendung von Wasserzusätzen
- Licht teils ganz ausschalten
Dabei gaben zwei Drittel der Befragten an, dass rund 1–5 % der Abgänge auf das Zehenpicken zurückzuführen sind. Rund 20 % gaben an, dass über 5–10 % der Abgänge Zehenpick-bedingt sind und rund 10 % gaben an, über 10 bis 50 % ihrer Abgänge aufdas Zehenpicken zurückzuführen sind.
Licht hat grossen Einfluss
Die Universität Bern zieht in einer Studie zum selben Thema den Schluss, dass das Zehenpicken viele Faktoren hat. Es sei primär mit Stressfaktoren wie einem hohen Infektionsdruck, der Genetik und der Lichtbestrahlung in Verbindung zu stellen. Zudem würden Verhaltensstörungen wie das Federpicken bisher vor allem symptomatisch und nicht ursächlich bekämpft.
Geschlechtsreife stresst
Wie das ZTHZ schreibt, kommt das Zehenpicken am häufigsten zu Beginn der Legetätigkeit vor. Der Wechsel vom Aufzucht- in den Legestall und das Erreichen der Geschlechtsreife belasten die Tiere besonders. Daher sei es zentral, den Tieren diesen Übertritt zu erleichtern, damit sie die Legetätigkeit möglichst stressfrei aufnehmen können.
Um das zu ermöglichen, sind gemäss Fachexperten aus der Branche eine angepasste Fütterung, genügend lange Ruheperioden, gute Lichtverhältnisse und ein gutes Stallklima zentral.
