Alle sprechen von Pflanzen, doch Nischen gibt es auch im Tierbereich. In einer solchen produzieren Toni und Doris Habermacher vom Hof Mullwil, Rickenbach LU. Seit bald zwanzig Jahren setzen sie auf Schafmilch. Damals herrschte noch Aufbruchstimmung. An den landwirtschaftlichen Schulen wurde gerne auch die Variante Milchschafe gerechnet, etwa als Alternative zum Milchvieh. Bereits vor zehn Jahren gab es Anzeichen, dass der Zenit wohl erreicht sein könnte, sagt Toni Habermacher rückblickend. «Käse verkauft sich immer noch gut», so der 55-jährige Präsident der Schweizer Milchschafzuchtgenossenschaft (SMG). Schwieriger sie es bei Trinkmilch und Joghurt. Der im Vergleich zu Kuhmilch deutlich höhere Preis setze Grenzen beim Absatz. Ein Liter Schafmilch kostet im Laden um 5 Franken. «Der Markt ist gesättigt», stellt er klar.
Ein «hoher» Milchpreis
Auf Stufe Verarbeitung haben sich in der Zentralschweiz eine Handvoll innovative Verarbeiter behauptet. Habermachers liefern in die Fläcke-Chäsi nach Beromünster LU. Die Käsereifamilie Scheuber verarbeitet dort die Milch von noch vier Schafbauern. Doch auch auf Stufe Landwirtschaftsbetrieb sind Grenzen gesetzt. «Milchschafe sind anspruchsvoll und die Haltung arbeitsintensiv», so Habermacher. Der Milchpreis von gegen 3 Franken ist auf den ersten Blick verheissungsvoll. Milchschafe sind bezüglich Fütterung Hochleistungstiere und produzieren je nach Rasse gegen die 500 Kilo pro Laktation.
Habermachers setzen auf die Rasse Ostfriesen. Verbreiteter sind die Lacaune aus Frankreich. Für Toni Habermacher war die Wahl der Rasse damals auch ein Bauchentscheid. «Die Ostfriesen haben mir besser gefallen», sagt er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Nebst Milchschafen setzt man auf dem 30-ha-Betrieb auf Mutterkühe und Ackerbau. Mutterkühe seien eine gute Ergänzung zu den rund 100 Milchschafen, findet er. Das Rindvieh frisst vor allem das rohfaserreiche Dürrfutter, und auf den Weiden wird zwischen den Tiergattungen abgewechselt, damit der Wurmdruck für die Schafe nicht zu hoch wird.
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Seit zwanzig Jahren im Geschäft
1991 übernahm Toni Habermacher als 23-Jähriger den elterlichen Betrieb. Dieser war damals wegen gesundheitlicher Probleme des Vaters noch parzellenweise verpachtet. Muttersauen und Geflügel waren die Standbeine. Da ohne Milchkontingent, setzte er schon früh nach Rücknahme des Landes auf Mutterkühe. 2004 machte das Geflügel den Milchschafen Platz im Stall.
In Spitzenzeiten wurden in Beromünster gegen 300 000 kg Schafmilch verarbeitet, Habermacher war der erste Lieferant. Heute seien es noch rund 230 000 kg.
Die Schafe sind immer noch auf der Nachtweide, im Frühling und Herbst dafür über den Tag draussen. Portionenweide habe sich bei ihm bewährt. Nach spätestens sechs Tagen geht es auf eine neue Koppel. Als Zaunmaterial kommen lediglich zwei Drähte zum Einsatz, im Winter aber ein Netz. Im Stall wird Sommer und Winter gutes Grundfutter gefüttert. Im Winter zusätzlich Gras- und Maiswürfel. Gemolken wird morgens und abends im Melkstand mit vierzehn Plätzen und sieben Aggregaten. Etwas mehr als eine Stunde braucht eine Person dafür.
Schafmilchproduzenten haben kaum Lobby
Nebst Böcken der Rasse Ostfriesen gibt es auf dem Betrieb auch einen fleischigen Texel. Dieser sorgt für Muskeln bei den Masttieren. Viele Milchschafhalter hierzulande setzen auf Bio. Bei Habermachers war das kein Thema. Auch weil der Abnehmer in erster Linie auf Regionalität setzt und dabei mit seinen Käseinnovationen aus Kuh- oder Schafmilch schon viele Preise, auch internationale, gewonnen hat.
Nicht nur auf dem Markt, sei es bei Milch, Fleisch oder der Wolle, braucht es vollen Einsatz seitens Produzenten in der Nische. Auch agrarpolitisch gehe man dann und wann ein wenig vergessen, sagt Habermacher. Organisiert sind die Halter vor allem in der Zucht, etwa die Hälfte der 12 000 Schweizer Milchschafe sind in der SMG registriert. Aktuell ist die Tierzuchtverordnung ein Thema. Eine Zuchtwertschätzung wird vorausgesetzt, damit das Zuchtprogramm weiter vom Bund unterstützt werde. Und bei den Nährstoffen wurde unlängst der TS-Verzehr der Milchschafe für die Berechnung der Nähstoffbilanz nach unten korrigiert. Eine Studie soll nun das Gegenteil beweisen.
Zurück in die Praxis: Die Schafe werden jährlich entwurmt, und zwar zum Beginn der Galtzeit im Herbst. Heikel ist die Geburtsphase, vor allem bei Mehrlingsgeburten könne ein Milchschaf rasch in einen Energiemangel geraten, dies schon vor der Geburt. Eine weitere Herausforderung ist die Eutergesundheit. «Nach einer Mastitis kommt es selten gut», weiss Habermacher. Diese Tiere werden meist ausgemerzt.
Gute Preise beim Fleisch
Das Fleisch vermarkten Habermachers zu einem grossen Teil selbst. Nebst den Muttertieren auch Milchlämmer (12 bis 18 kg), Weidelämmer (25 kg) und mit gut 40 Kilo Masttiere. Rund ein Drittel der Herde wird mit Texel eingekreuzt. Die Fleischpreise bei den Schafen seien aktuell gut, freut sich der passionierte Schäfeler.