Neben einem neuen Präsidenten und einer neuen Geschäftsführerin zeigt sich auch im Feldtestreglement des Eidgenössischen Verbandes des reinrassigen Freibergerpferdes (RRFB) eine Veränderung. Anders als bisher ist nun die Vorstellung der jungen Pferde auch am Zweispänner mit einem erfahrenen Partner an der Seite erlaubt.
Sichtlich weniger gestresste Tiere
Bereits im vergangenen Jahr konnte die Vereinigung erste Erfahrungen damit sammeln. «Die Zugleistung konnte auch am Zweispänner gut beurteilt werden, und die Pferde als Herdentiere waren sichtlich weniger gestresst», lässt sich Zuchtkommissionsleiterin Daniela Bouvard in einer Medienmitteilung der Vereinigung zitieren.
Der Feldtest ei das erste Turnier eines jungen Pferdes, dabei solle es positive Erfahrungen sammeln, so Bouvard weiter. Mit der Änderung des Reglements habe der RRFB einen Schritt zu einer pferdegerechteren Zuchtprüfung gemacht.
Angepasst an die Fähigkeiten der Jungpferde
Auch an der diesjährigen Delegiertenversammlung des Schweizerischen Freibergerverbandes (SFV) war der Tierschutz ein Thema. So schlug der Vorstand seinen Delegierten eine Änderung des bisherigen Fahrprogramms vor. Geändert werden müsse dies insbesondere aus Gründen des Tierschutzes, so die Begründung des Verbandes (das Dokument liegt der BauernZeitung vor). Mit der Änderung solle dabei das Programm an die Fähigkeiten der jungen Pferde angepasst werden.
Um diesen gerecht zu werden und damit die Züchter unter anderem kein neues Programm erlernen müssen, schlug der Vorstand seinen Delegierten statt eines neuen Fahrprogramms eine Änderung des Textes des alten Fahrprogramms vor. So sollen die Bezeichnungen «starker Trab» durch «Trab, Tritte verlängern», «versammelter Trab» durch «Arbeitstrab» und der «Schritt am Gebiss» durch die Bezeichnung «freier Schritt» ersetzt werden. Einstimmig wurde der Vorschlag von den Delegierten angenommen, sodass die Änderung am 1. Januar 2025 in Kraft treten wird.
Nicht einmal dreijährig
Der Schweizer Tierschutz (STS) besuchte im vergangenen Jahr mehrere Veranstaltungen des SFV wie die Vorselektion in Glovelier JU, den anschliessenden Stationstest der Zuchthengste in Avenches VD sowie zwei Feldteste in Saignelégier JU und Fehraltorf ZH. Der STS fordere dabei aus tierschützerischer Sicht eine sofortige Anpassung bei der Zuchtselektion der Hengste wie auch bei den Feldtests der dreijährigen Freiberger, schreibt der STS in seinem dazu veröffentlichten Bericht «Pferdeanlässe 2023».
Die bereits in der zweiten Januarwoche stattfindende Hengstselektion in Glovelier JU findet dabei laut STS zu früh im Jahr statt. Die Hengstanwärter seien zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal drei Jahre alt. Der direkt im Anschluss durchgeführte 40-tägige Stationstest am Nationalgestüt mit der finalen Abschlussprüfung sei zudem fatal für die selektionierten Junghengste.
«Wer dann die noch nicht einmal Dreijährigen mit teils heruntergeschnallter Kandare vor dem Wagen sieht, fragt sich unwillkürlich, wie lange wohl mit den Körkandidaten schon vor der Selektion gearbeitet wurde», schreibt der STS in seinem Bericht. Vom Verband fordert der Tierschutz eine Neugestaltung der Hengstselektion. Konkret fordert der STS dabei eine provisorische, Anfang Jahr stattfindende Körung an der Hand und einen anschliessenden, im Herbst stattfindenden Stationstest.
Kritik an Kandarenverwendung
Auch die jährlichen Feldtests finden laut dem STS teilweise zu früh im Jahr statt. «Für eine Teilnahme zählt allein das Geburtsjahr – dreijährig ist ein Pferd ab dem 1. Januar, ob es nun früher oder später im Jahr geboren worden ist», schreibt der STS in seinem Bericht. Der Fakt, dass gute Feldtestresultate verkaufsfördernd wirken, sei zudem nachteilig für die Jungpferde. «Um am Schluss vorne platziert zu sein, werden Feldtestkandidaten vorab entsprechend gefördert, was eigentlich zu falschen Resultaten führt», so der STS.
«Dem Schweizer Tierschutz zugestellte Hinweise auf tierschutzwidrige Vorkommnisse an Feldtests sowie eigene Beobachtungen verlangen einen pferdefreundlicheren Ablauf dieses Zuchtinstruments», schreibt der STS weiter in seinem Bericht. Besonders der Fahrtest am Feldtest ist laut STS an das Alter der jungen Freiberger anzupassen, ohne Lektionen wie Schritt am Zügel, versammelter und starker Trab. Wie auch bei der Hengstselektion kritisiert der STS hier die Kandarenverwendung bei den noch jungen Pferden.
Bis jetzt keine Reaktion vonseiten des Freibergerverbands
Bereits seit zwei Jahren findet laut Sandra Schaefler, Leiterin Fachstelle Pferde beim STS, auf Initiative des Tierschutzes ein jährlicher Austausch mit dem Schweizerischen Freibergerverband statt. Die angebrachte Kritik werde dabei teilweise aufgenommen, so Schaefler weiter. Auf aktuelle Ereignisse wie Rückmeldungen zu Veranstaltungen wird laut der Fachstellenleiterin ausserhalb der Jahrestagung jedoch meist nicht reagiert. Auch auf den zugeschickten Protokollentwurf über die Beobachtungen der im letzten Jahr besuchten Veranstaltungen habe der SFV bis heute nicht reagiert.
Die an der Delegiertenversammlung verabschiedeten Anpassungen beim Feldtest-Fahrprogramm begrüsse der STS, so Schaefler. Um den Fähigkeiten der Jungpferde gerecht zu werden, müsse der SFV aber unbedingt weitere Schritte in diese Richtung unternehmen. Besonders der Körprozess der Hengste wird laut der Leiterin Fachstelle Pferde weiterhin aufmerksam beobachtet. Der STS will das Pferdewohl weiterhin verbessern.
Der SFV muss aufwachen
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Kommentar von Flurina Monn
Die Sensibilität der Gesellschaft gegenüber der Tierhaltung hat sich in den vergangenen Jahren sowohl bei Heimtieren als auch bei Nutztieren stark verändert. Das Pferd nimmt hierbei eine spezielle Rolle ein. Während die Pferde früher von Landwirten zur Feldarbeit genutzt wurden, träumen heute viele junge Frauen bereits in ihrer Kindheit von einem eigenen Pferd, mit dem sie vielleicht sogar ohne Sattel und Gebiss über die Weide galoppieren.
Mit Ausbildungsmethoden, wie sie noch vor 50 Jahren gang und gäbe waren, will der Freibergerverband seiner Kundschaft ein modernes Freizeitpferd anbieten. Nicht nur aus tierschützerischer Sicht entspricht diese Jungpferdeausbildung nicht der heutigen Zeit – auch ein bedeutender Teil der Kundschaft kann sich mit diesen Methoden nicht mehr identifizieren.
Die heutige Kundschaft möchte am Feldtest kein überfordertes dreijähriges Pferd sehen, das ein Programm absolvieren muss, welches keineswegs seinen Fähigkeiten entspricht. Statt eines dreijährigen Jungpferdes, das mit einer «Schnellbleiche» ausgebildet wurde, sucht der heutige Freizeitreiter ein zuverlässiges und gesundes Pferd. Um seine Kundschaft nicht an die ausländische Konkurrenz zu verlieren, gilt es nun für den Freibergerverband, die Spur der modernen Pferdeausbildung einzuschlagen. Die Forderungen des STS können statt als Kritik auch als Chance gesehen werden, um nicht plötzlich zwar mit einem modernen Freiberger, aber ohne Kundschaft dazustehen.f.monn@bauernzeitung.ch


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