Den Simmentalerbestand verdoppeln – das ist das ambitiöse Ziel des Vereins Simmentaler Original. Der Trend zeigt derzeit aber in eine andere Richtung. «Die Hochleistungskühe verdrängen weiterhin die heimischen Rassen», sagt Josef Dähler. Er ist ehemaliger Leiter Geschäftsbereich bei Bell und engagiert sich heute, in diesem Verein, aus persönlicher Überzeugung für die Simmentalerkuh. Und zwar nicht als Mutterkuh, sondern im Rahmen der Milchproduktion. Er ist sicher: Mit ihren Produkten liessen sich einzigartige Geschichten verkaufen und das sei schliesslich auch genau das, wonach die Konsumenten fragten.

Die Milchleistung der Kühe steigt

Ginge es nach der Meinung vieler Konsumentinnen und einem bedeutenden Teil der Politiker vom linken Flügel, dann hätte die Hochleistungskuh hierzulande längst ausgedient. Sie sehen es nicht gerne, dass die Milchmenge stabil bleibt, obschon die Anzahl Kühe rückläufig ist. Denn das bedeutet, dass die Milchleistung pro Kuh steigt. Und obschon es ebenfalls ein Politikum ist, dass es zu viel Rindvieh in der Schweiz gibt, finden eben diese Kreise wenig Gefallen daran, dass eine Hochleistungskuh unter Umständen so viel Milch produziert wie zwei Zweinutzungskühe zusammen. Weniger Methanausstoss für gleich viel Milch reicht ihnen als verteidigendes Argument demnach nicht.

Auch Mitarbeiter verschiedener Bundesämter schlagen zuweilen in die gleiche Kerbe. «Hochleistungskühe konkurrieren die menschliche Ernährung», sagen sie. Und damit sei der Kraftfuttereinsatz für solche Kühe nicht mehr länger zu rechtfertigen.

Vor der eigenen Haustür

Josef Dähler ist überzeugt, dass es ein Umdenken braucht. «Wir haben die Grundlagen für eine nachhaltige Produktion vor der eigenen Haustür», erklärt er. «Sie stehen da, diese Rassen. Neben der Simmentaler auch das Original Braunvieh.» Anspruchslose Rassen, wie er sie nennt, von hier und nicht irgendwoher.

Mehr Milch aus weniger Kühen

Die Fleischbranche müsse man nicht lehren, sagt Josef Dähler, der diese selber über Jahre mitprägte. Auf dem Milchmarkt sieht er hingegen mehr Potenzial. «Mehr Milch aus weniger Kühen – ja, haargenau so sehen diese Kühe auch aus», sagt Dähler und wirft den Ball der Milchbranche zu. Sie habe sich bislang nicht ums Tier gekümmert. Vielmehr sage man, wie produziert werden sollte, aber womit – das sei bislang kein Thema gewesen.

«Nicht Auftrag der Branchenorganisation»

Michael Grossenbacher von der Branchenorganisation Milch (BOM) gibt ihm recht: «Unserer Meinung nach ist es nicht unser Auftrag, dem Bauer oder der Bäuerin zu sagen, mit welcher Kuh sie die Milch zu produzieren haben.» Statt sich in die Zuchtstrategie Einzelner einzumischen, sei die Aufgabe der BOM viel mehr, Exzesse zu verhindern. Grossenbacher nennt als Beispiel den Kraftfuttereinsatz. Der Durchschnitt liege in der Schweiz bei 100 g pro kg Milch. «Im Vergleich mit dem Ausland liegen wir auf tiefem Niveau.» Italien, aber auch Deutschland würden beispielsweise das Doppelte einsetzen. Doch im Zusammenhang mit eben jenen Exzessen, die es zu verhindern gilt, sei auch klar, dass die Bandbreite des Kraftfuttereinsatzes gross sei – und nach oben offen. Auf die Frage, ob so etwas nicht mit einer Zahl zu limitieren wäre, sagt Grossenbacher mit Erinnerung an Protein- und Energiegehalte im Futter: «Wenn es so einfach wäre, hätte man das umgesetzt.»

Via Grüner Teppich

Auch wenn die Branche demnach die Zweinutzungskuh nicht namentlich unterstützen will, indirekt würde das eben doch über die Fütterung gemacht. «Wir werben ja damit», sagt er mit Hinweis auf die raufutterbasierte Werbung von Swissmilk. Zudem sei es ein Anliegen, dass das Futter regional sei und damit so wenig wie möglich Futtertourismus betrieben werde. Konkretes dazu dürfte in zwei Jahren folgen. Denn am 2. September 2023 endet die Massenbilanz – dann muss sämtliche Milch auf den Grünen Teppich. Derzeit befindet man sich in der Skizzierphase, also gibt es noch nichts Zitierfähiges zu schreiben.

Das Schweigen des Bundes

Beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) tönt es ähnlich. Es ist zwar vorgesehen, dass im Rahmen des landwirtschaftlichen Verordnungspakets 2022 für tiergenetische Ressourcen Erhaltungsprämien eingeführt werden. Wie hoch die Gesamtsumme der Beiträge dafür ausfallen wird und welche Rassen in den Genuss kommen, wird aber noch nicht bekannt gegeben. Auch nicht, ob bisherige Zahlungen, wie sie beispielsweise an Freibergerpferde fliessen, darunter leiden könnten. Damit ist auch nicht bekannt, ob die Simmentaler über diesen Kanal Rückenwind erhalten. «Die Vernehmlassung zum Verordnungspaket 2022 wird voraussichtlich im 1. Quartal 2022 eröffnet – dann wird ersichtlich sein, wie die Einführung von Erhaltungsprämien umgesetzt werden soll. Bis dahin können wir leider keine Angaben machen», lässt sich das BLW zitieren.