Im Gegensatz zu den Bundesbeiträgen kommt das Projekt Klimastar Milch von Marktakteuren. Das hält Simon Kopp für sinnvoll, denn es gelte die Bemühungen zum Klimaschutz in Wert zu setzen: «Ich finde es wichtig, die Milch als nachhaltiges Lebensmittel zu vermarkten – was sie auch ist.»

Das Risiko eingegangen

«KlimaStaR Milch» Emmi, Nestlé, ZMP und Aaremilch wollen Schweizer Milch klimafreundlicher machen Monday, 21. February 2022 Der Betrieb der Familie Kopp in Dotzigen BE ist einer von 232 Höfen, die am Ressourcenprojekt Klimastar Milch von Aaremilch, Emmi, Nestlé, ZMP und AgroCleanTech teilnehmen. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) unterstützt finanziell. Die Teilnehmenden konnten sich entscheiden, für die beiden ersten Jahre entweder acht von ihnen selbst ausgewählte Massnahmen umzusetzen und dafür eine Pauschalprämie zu erhalten. Oder aber man wählte das wirkungsorientierte Modell, bei dem es je nach Menge reduzierter Treibhausgas-Emissionen und gesenkter Nahrungsmittelkonkurrenz einen finanziellen Anreiz gibt.

Simon Kopp ging das Risiko ein und meldete sich für die wirkungsorientierte Prämie an. Er sah sich nach Workshops zu möglichen Massnahmen für Klimastar in seinem Weg bestätigt. «Vieles, was dem Klimaschutz hilft, setzen wir bereits um», erklärt Kopp. Für ihn ist eine effiziente Milchproduktion das Ziel. Steigt die Milchleistung, verteilen sich die bei der Produktion entstehenden Emissionen auf eine grössere Menge, die Klimabelastung pro Liter Milch sinkt.

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Roboter macht effizienter

Einen grossen Schritt zu mehr Effizienz ermöglichte der Einbau eines Melkroboters im Winter 2021. Simon Kopp erklärt die Steigerung der Milchleistung in erster Linie durch mehrmaliges Melken. «Die Kühe gehen etwa 2,7-mal pro Tag durch den Roboter», erläutert er. Gerade bei jungen Tieren, bei denen die Euterkapazität die Leistung limitiert, sei das wirkungsvoll. Für Klimastar rechnete man die Jahre 2019, 2020 und 2021 zur Ausgangslage zusammen. Der Melkroboter trug so zur besseren Ökoeffizienz des Betriebs im ersten Projektjahr bei. «Mit der Prämie sind wir zufrieden», resümiert der Landwirt. Der Hauptgrund für den Einbau des Melkroboters sei aber die Arbeitserleichterunggewesen.

Neben den Emissionen pro Liter Milch legt Klimastar einen Fokus auf die Nahrungsmittel- und Flächenkonkurrenz. Um Ersteres zu senken, wäre ein geringerer Kraftfuttereinsatz sinnvoll. Bei Kopps ist der Verbrauch mit dem Melkroboter zwar gestiegen, in der Gesamtbilanz macht die höhere Milchleistung das aber wieder wett. «In diesem preislichen Umfeld verfüttert sowieso niemand zu viel Kraftfutter», ist Simon Kopp überzeugt. Wegen sinkender Effizienz hält er eine drastische Kraftfutterreduktion langfristig für nicht nachhaltig. Statt die Menge zu reduzieren, könnte auch die Zusammensetzung geändert werden. Rapskuchen zum Beispiel gilt bei Klimastar als Nebenprodukt und nicht für die menschliche Ernährung geeignet, anders als Sojaextraktionsschrot.

Bei der Flächenkonkurrenz geht es darum, Futter möglichst nur auf nicht ackerfähigem Boden zu produzieren. Eine Klimastar-Massnahme ist denn auch der Zukauf von Wiesenfutter von solchen Flächen sowie die Auslagerung der Remontierung auf nicht ackerfähige Parzellen.

Das Projekt Klimastar Milch in Zahlen

234 Betriebe mit insgesamt
8070 Kühen und
58 Millionen kg Milch nehmen am Projekt Klimastar Milch teil.
0,883 kg CO2-Äquivalente/l war ihr Mittelwert der Jahre 2019-2021.
1 Prozent davon konnte 2022 reduziert werden.
20 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen und eine um
20 Prozent tiefere Feed-Food-Konkurrenz (Nahrungsmittel- und Flächenkonkurrenz) bis
2027 sind die Ziele von Klimastar.
9 Prozent Reduktion gelang 2022 bei der Nahrungsmittelkonkurrenz.
3 Rp. /kg Milch betrug die durchschnittliche Prämie 2022, was
7'679 Franken pro Betrieb entspricht, wobei die Spannbreite
500 bis 30'000 Franken umfasste.
7641 kg betrug die mittlere Jahresmilchleistung 2022 bei Klimastar, das sind
1,25 Prozent weniger als im Mittel über 2019 bis 2021.
15 Organisationen bilden das neue Kompetenznetzwerk für Wissensaufbau und -transfer im Bereich Milch und Klima.

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«Es ist der Markt»

Familie Kopp hält selbst Kälber und Aufzuchtrinder, ihr Ziel ist die Versorgung der Tiere mit möglichst viel eigenem Futter. Gleichzeitig liegt ihr Hof im Berner Seeland, das für seine fruchtbaren Böden bekannt ist. Für Simon Kopp ist die Antwort auf dieses Dilemma klar: «Es ist der Markt», sagt er. Wenn die Preise für Ackerfrüchte so hoch wären, dass sich das Gras nicht mehr lohnen würde, wäre seine Strategie langfristig eine andere. «Wir sind nicht derart traditionsbewusst, dass wir nur deswegen weiter melken würden.» Heute sei der Milchpreis aber auf einem akzeptablen Niveau und angesichts des Weizenpreises lohne sich der Zukauf von Futter zugunsten von mehr Ackerbau nicht.

Abo Zeithorizont 2050 Klimastrategie des Bundes will weniger Tiere und eine sanfte Konsumenten-Erziehung Tuesday, 5. September 2023 Kopp ist ein gutes eigenes Grundfutter wichtig. Daher habe er 2022 wann immer möglich früher gemäht, um junges Gras mit guten Gehalten nutzen zu können. Das habe tatsächlich die Futterqualität verbessert, 2023 liess sich diese Massnahme wetterbedingt aber kaum umsetzen.

Zielkonflikt bei Düngung

Der Melkroboter dosiert das Kraftfutter tierindividuell, für eine Wirkungskontrolle verlässt sich Simon Kopp aber lieber auf die Daten der Milchleistungsprüfung (MLP). «Die sind genauer», sagt er. Mit einer ausgeglichenen Ration (Stichwort Rohprotein) sinkt der Harnstoffgehalt in der Milch und damit werden die Treibhausgas-Emissionen reduziert. Im Futterbau setzen Kopps auf Klee-Gras-Mischungen, wegen der Trockenheit immer ergänzt mit Luzerne. Viel Potenzial sähe der Landwirt noch in der Nutzung von Zwischenfutter, «aber das bräuchte ebenso wie Gras und Mais eine gute Düngung». Hier gebe es einen Zielkonflikt, denn die Vorgaben der Suisse-Bilanz schränken seiner Meinung nach die Möglichkeiten ein, das Potenzial einer Fläche voll auszunutzen.

Es fängt bei der Zucht an

Im Massnahmenkatalog von Klimastar stehen auch Spermasexing, das Milch-Fleischverhältnis zu verbessern und das Vermeiden vorzeitiger Kuhabgänge. Bei Familie Kopp wird teilweise mit Fleischrassestieren besamt, das Jungvieh intensiv aufgezogen und die Tiere bis ins höhere Alter gesund gehalten.

Das war vor Klimastar nicht anders. «Wir behalten weder wegen einem Bundesbeitrag noch einer Prämie die Kühe länger, es ist Teil des Konzepts», so Simon Kopp. Effizienz fange schon bei der Zucht und den Jungtieren an und jeder Milchproduzent strebe nach Effizienz und Nachhaltigkeit. Trotzdem bringe die Teilnahme am Projekt dazu, sich vertiefter mit Massnahmen zu befassen, die für den eigenen Betrieb geeignet sein könnten. «Sie müssen zum Betrieb, dem Landwirt und den Tieren passen», betont Kopp. Wie es auf Anfrage bei den Projektverantwortlichen heisst, haben die massnahmenorientierten Klimastar-Betriebe am häufigsten bei der Wiesenfutterqualität, der Eutergesundheit und der Fruchtbarkeit angesetzt.

Da Kopps in der Klimastar-Vertiefungsgruppe sind, folgt nächstes Jahr eine umfassende Nachhaltigkeitsanalyse ihres Betriebs (RISE). Ausserdem liegt 2024 ein Fokus des Projekts auf der Flächenkonkurrenz. Feststeht für Simon Kopp bereits, dass er weiterhin an der Qualität seines Grundfutters arbeiten will.

Branche in Bewegung

«Schlussendlich geht es darum, der Öffentlichkeit klarzumachen, dass sich die Milchbranche bewegt», so Simon Kopp. Das liege im Interesse der Produzenten genauso wie in jenem der Verarbeiter.

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Betriebsspiegel Familie Kopp

LN 32 ha
Tierbestand 50 Kühe der Rassen Red Holstein, Holstein und Swiss Fleckvieh, eigene Aufzucht
Milch Herdendurchschnitt bei 9000 l pro Jahr, Milch geht an Emmi
Kulturen Kunstwiese, Mais, Winterweizen, Gerste, Zuckerrüben
Arbeitskräfte Franz Kopp (Betriebsleiter), Simon Kopp (angestellt), 1 Lehrling