Noch gut 50 Menschen leben in der Ortschaft Meien im Meiental. «Entweder lebt man in unserem Tal von der Landwirtschaft oder man geht weg», betont der einheimische René Baumann. Zusammen mit seiner Familie bewirtschaftet er unweit der Sustenpassstrasse einen Hof mit Rindvieh und Schafen. Noch sechs Betriebe gibt es heute in Meien, fast alles Vollerwerbsbetriebe. «Um über den Winter einem Nebenerwerb nachzugehen, muss ins Tal gefahren werden, was je nach Witterung nicht ungefährlich ist.» Wie auf allen Betrieben im Berggebiet sind die Direktzahlungen bei Baumanns eine wichtige Einkommensquelle. An Bedeutung gewonnen haben dabei in den letzten Jahren die Sömmerungsbeiträge. [IMG 2]
Leidenschaftlicher Schafälpler
Familie Baumann sömmert ihre rund 190 Schafe auf der Korporations-Alp Kartigel. Die Tiere werden in einer Umtriebsweide gehalten und vom Tal aus selber betreut. Für einen Hirten ist die Alp zu klein. Das Weidegebiet ist enorm weitläufig; bis 24 Kilometer zu Fuss legt René Baumann bei einem Kontrollgang zurück. «Ich mache das aber gerne. Meine Tiere auf den Alpweiden zu besuchen, macht mir Freude.» Doch diese Idylle wurde im August getrübt. Acht Schafe verlor Familie Baumann durch Risse. Da die Alp als nicht zumutbar schützbar eingestuft ist, wurde der Wolf zum Abschuss freigegeben. Ob es sich bei dem Mitte Oktober im Urserental erlegten Wolf um das entsprechende Tier handelte, ist unklar.
Enormer Aufwand infolge Risse
Der Vorfall mit dem Wolf war für die fünfköpfige Familie Baumann in-folge des Verlusts der selbst aufgezogenen Tiere nicht nur emotional belastend, auch der zusätzliche Zeitaufwand war enorm. «Wir benötigten rund eine Woche, um die Mehrarbeit zu bewältigen», so René Baumann.
Sie hätten zwar von der Wolfswehr, Nachbarn und Freiwilligen Unterstützung erhalten. Dennoch verursachten die Notfallmassnahmen, das Heruntertreiben und die Überwachung der Tiere eine enorme Mehrarbeit. Trotz dieses unschönen Abschlusses des Alpsommers 2024 wird Familie Baumann auch im nächsten Sommer ihre Tiere wieder auf die Alp Kartigel treiben. Sie hofft natürlich, dass es im 2025 zu keinen Rissen mehr kommt. «Die diesjährigen Verluste passierten gegen Ende Alpsommer und nicht bereits bei Alpbeginn. Über den ganzen Sommer Angst vor erneuten Wolfsrissen zu haben, dieser Druck wäre über Monate wohl nicht auszuhalten», so René Baumann nachdenklich.
Schwarzer Sommer für Urschner Schäfer
Über 100 Tiere wurden 2024 im Urserental gerissen. Die Schäfer und Hirten hatten eine schwierige Alpsaison. Anfang Sommer riss ein Wolf rund 15 Ziegen auf der Alp Schweig in Realp. Während des Sommers gab es dann auf verschiedenen Schafalpen im Urserental, welche als zumutbar schützbar eingestuft sind, Ereignisse mit Grossraubtieren. Mehrere Dutzend Kleinvieh wurden dabei gerissen, zusätzlich werden noch Tiere vermisst. Mitte September entdeckten dann Schafzüchter auf einer Alp im Pazola-Gebiet beim Oberalppass sechs gerissene Schafe. Rund zwei Wochen nach diesen Rissen fielen auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche zwischen Hospental und Realp neun Tiere dem Wolf zum Opfer. reb
