Schwefel hat, was die Umwelt angeht, keinen besonders guten Ruf. In Abgasen enthalten, stammt er hauptsächlich aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Erdgas (siehe Kasten unten).
Schwefel ist aber auch in der Fütterung ein Thema. Dieser ist ein essenzielles Element für alle Lebewesen. Geht es ums Milchvieh, wird mit Vorliebe über Kalzium, Phosphor oder Magnesium gefachsimpelt. Was aber, wenn zu wenig oder auch mal zu viel Schwefel verabreicht wird? Wir haben Jonas Salzmann von der UFA AG in Herzogenbuchsee BE dazu befragt. Er weiss, dass der Schritt zu einer Verbesserung der Luftqualität hier einiges verändert hat.
Schwefel wird in der Milchviehfütterung oft übersehen. Warum ist Schwefel so wichtig für die Gesundheit und den Stoffwechsel der Kühe?
Jonas Salzmann: Obwohl Schwefel auch zu den wichtigsten Mengenelementen gehört, fällt er doch manchmal etwas unter den Radar. Bei der Versorgung der Mengenelemente stehen nach wie vor Kalzium, Phosphor, Magnesium, Kalium und Natrium eher in Fokus. Klar ist aber auch: Je höher die Leistung, desto mehr Beachtung muss auch dem Schwefel sowie dem Chlor geschenkt werden. Da die Kationen-Anionen-Bilanz laufend und vor allem in der Galtphase an Bedeutung gewinnt, nimmt die Wichtigkeit von Schwefel ebenfalls zu. Eine der wohl wichtigsten Aufgaben des Schwefels ist allerdings, dass er Bestandteil von schwefelhaltigen Aminosäuren ist, wie zum Beispiel der erstlimitierenden Aminosäure Methionin. Ein Methioninmangel schränkt die bakterielle Proteinsynthese ein und somit auch die Proteinversorgung der Kuh.
«Je höher die Leistung, desto mehr Beachtung muss dem Schwefel sowie dem Chlor geschenkt werden.»
Jonas Salzmann, Bereichsleiter Marketing, UFA AG.
Das tönt komplex. Welche Symptome oder Gesundheitsprobleme können bei Milchkühen denn auftreten, wenn sie zu wenig Schwefel in ihrer Ration erhalten?
Ein Schwefelmangel kann nicht zu vernachlässigende Folgen mit sich bringen. Die reduzierte Proteinsynthese ist eine davon. Weitere Folgen sind reduzierte Futteraufnahme und Faserverdaulichkeit. Zudem ist Schwefel Bestandteil von endogenen, also körpereigenen Antioxidantien, welche freie Radikale im Körper binden. Letztlich führt ein Schwefelmangel also auch zu einer verminderten Immunität, wenn der oxidative Stress für die Kuh zu hoch ist. Weiter wird bei Schwefelmangel auch die Klauenhornbildung eingeschränkt, was die Klauengesundheit negativ beeinflusst.
Und wie wirken sich allenfalls zu hohe Schwefelgehalte in der Ration auf die Milchproduktion und die Gesundheit der Kühe aus?
Ein Schwefelüberschuss wirkt sich besonders negativ auf die Futteraufnahme und somit auch auf die Milchleistung aus. Zudem kann es auch bei einem Überschuss zu Fermentationsstörungen im Pansen kommen, was wiederum die Milchleistung mindert. Die Auswirkungen eines Schwefelüberschusses zeigen, dass die Spannweite bei der Versorgung relativ eng ist.
Welche Faktoren beeinflussen den Schwefelgehalt in Futtermitteln, und wie können Landwirte diese kontrollieren?
Ein wichtiger Einflussfaktor ist der Eintrag aus der Luft. Diese Schwefelquelle verliert jedoch an Bedeutung, da Umweltmassnahmen den Eintrag in die Luft reduzieren. So lag der Eintrag an Schwefel in den 80er-Jahren noch bei rund 50 kg/ha. Heute liegt der Eintrag deutlich unter 10 kg/ha. Somit ist die Düngung im Futterbau ein wichtiger Hebel für den Schwefelgehalt in den Futtermitteln. Negativ auf den Schwefelgehalt wirken auch Bodenverdichtung, hohe Niederschlagsmengen im Winter oder auch Trockenheit im Sommer. Zur Kontrolle dient eine Raufutteranalyse, bei welcher die Mineralstoffe mit analysiert werden.
Wie sollten Landwirte den Schwefelgehalt in ihren Futtermitteln überwachen und anpassen, um eine optimale Versorgung sicherzustellen?
Die Raufutteranalyse gibt die entscheidenden Hinweise auf den Schwefelgehalt, denn das Raufutter macht auf den Schweizer Betrieben nach wie vor den grössten Teil der Futteraufnahme aus. Unsere Auswertungen zeigen, dass wir bei den Grassilagen im Mittel um 2 g/kg stehen. Allerdings liegt die Schwankung zwischen 0,9 g und 4,4 g/kg. Beim Dürrfutter liegt das Heu im Mittel bei 1,55 g/kg und das Emd bei 2,25 g/kg. Die Schwankungen sind beim Dürrfutter noch etwas ausgeprägter und gehen von 0,6 g bis 5,3 g/kg. Bei der Maissilage haben wir tiefere und konstantere Schwefelgehalte, die bei 0,9 g/kg liegen. Auch ist die Spannweite zwischen 0,6 g und 1,2 g/kg deutlich geringer als bei den Graskonserven.
Was sollen Tierhalter demnach bei der Rationsberechnung berücksichtigen, insbesondere bei der Verwendung von Silage und Maissilage?
Ein Fütterungsplan von einem Fütterungsspezialisten sollte aufzeigen können, welche Schwefelgehalte mit der Ration aufgenommen werden. Die Situation bei den wichtigsten Grundfuttern ist oben erklärt. Die Zielwerte für laktierende Kühe liegen je nach Milchleistung zwischen 1,5 g und 2,5 g/kg TS. Die meisten Rationen bei der UFA liegen zwischen 1,9 g und 2,3 g/kg TS. Diese Genauigkeit ist allerdings nur mit Raufutteranalysen bestimmbar.
«Die Raufutteranalyse gibt die entscheidenden Hinweise auf den Schwefelgehalt.»
Jonas Salzmann über die Art, wie Landwirte den Schwefelgehalt in Futtermitteln kontrollieren können.
Welche Rolle spielt denn das Tränkewasser in der Schwefelversorgung?
Es gibt Berichte aus dem Ausland, die zeigen, dass das Tränkewasser zu einem Ungleichgewicht bei der Schwefelversorgung und zu einem Schwefelüberschuss führen kann. Solche Berichte sind mir aus der Schweiz aber noch nicht zu Ohren gekommen.
Welche Unterschiede gibt es im Schwefelgehalt von Rapsextraktionsschrot und anderen Futtermitteln, und wie beeinflusst dies die Rationsplanung?
Rapsextraktionsschrot ist dasjenige Futtermittel, welches am meisten Schwefel in die Ration bringt. Ein hoher Anteil von Rapsextraktionsschrot als Einzelfuttermittel kann zu einem Überschuss an Schwefel führen. Sobald mit Mischfutter gearbeitet wird, verringert sich dieses Risiko, da Mischfutterherstellerinnen wie die UFA keine Einzelkomponenten verkaufen.
Wie kann ein Überschuss an Schwefel in der Ration die Verfügbarkeit von anderen essenziellen Mineralstoffen wie Kupfer und Selen beeinträchtigen?
Ein Schwefelüberschuss kann die Aufnahme von Kupfer, Zink und Selen hemmen, indem der Schwefel die Aufnahmestelle der genannten Elemente besetzt. So kann es sein, dass – obwohl z. B. genügend Zink in der Ration ist – ein Zinkmangel auftritt, weil der Schwefelüberschuss diesen verursacht.
Schwefel im Futterbau:
Laut Forschung lässt sich mit Schwefel der Ertrag im Futterbau um bis zu zehn Prozent steigern. In den 80er- und 90er-Jahren gelangte der Mineralstoff noch in grösserer Menge via Luft in den Boden, doch diese ist sauberer geworden. Gute Schwefelquellen für die Kulturen sind Hofdünger (0,5 kg/m3, also rund 0,75 kg in einer Tonne Mist). Der S-Bedarf einer intensiven Kunstwiese wird von Fachleuten mit 35 kg/ha beziffert. Dieser könne auch einmal im ersten Aufwuchs mineralisch gegeben werden. Mit einer Güllegabe nach dem zweiten und dritten Schnitt ist die Wiese meist gut versorgt. Schwefelmangel lässt sich an hell verfärbten jungen Blättern erkennen. Dies im Gegensatz zu einem Stickstoffmangel, der sich durch bleiche ältere Blätter zeigt.
Aber Vorsicht: Es darf nicht übertrieben werden. Schwefel ist nämlich ein Antagonist von Selen und hemmt dessen Aufnahme. Selen ist ein essenzielles Spurenelement, das nur in geringen Mengen benötigt wird, aber für wichtige Stoffwechselprozesse beim Rind unverzichtbar ist. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Knochenbildung und -festigung sowie bei der Fruchtbarkeit. Ein Mangel an Selen kann sich vielfältig äussern: durch eine erhöhte Infektionsanfälligkeit, durch Leistungseinbussen, Abmagerung, Fruchtbarkeitsstörungen, Euterentzündungen oder Klauenprobleme.

