«Die letzte Meile unserer Nutztiere blenden die meisten Tierhalter und Tierhalterinnen aus, obwohl sie sich die Jahre davor sorgsam um die Tiere gekümmert haben – das ist einfacher, als den Tatsachen ins Gesicht zu schauen», analysiert Mischa Hofer am Montagmorgen früh, nachdem seine Firma Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH im Auftrag des Tierhalters zwei Schweine im Kanton Aargau auf dem Hof getötet hat.

Aktuell sind rund 100 Betriebe bewilligt, 10 für die Weidetötung

Aktualisiert Hoftötung «Es gab auch schon Bauern, die haben geweint wie ein Schlosshund» Friday, 11. November 2022 Von den über 83 Millionen Schlachttieren, die Proviande 2021 in der Schweiz verzeichnete, wurden nur «wenige hundert» hof- oder weidegetötet, wie das BLV die Diskussion um die Hof- und Weidetötung ins Verhältnis stellt. «Seit dem 1. Juli 2020 ist die Hof- und Weidetötung zur Fleischgewinnung in der Schweiz zugelassen. Die Anzahl der auf dem Hof und auf der Weide getöteten und dann in einer bewilligten Schlachtanlage ausgeschlachteten Tiere ist vergleichsweise gering», so Doris Schneeberger vom BLV.

Bei der Weidetötung werden nur Rinder ab vier Monaten geschossen und auf der Weide entblutet; bei der Hoftötung sind es ebenfalls mehrheitlich Rinder, die auf diese Weise geschlachtet werden. «Schweizweit sind bisher rund 100 Betriebe für die Hoftötung und einige wenige (< 10) für die Weidetötung bewilligt», wie das BLV bekannt gibt.

Interesse?

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Wenige Tierhaltende machen es

Aktualisiert Hoftötung «Es gab auch schon Bauern, die haben geweint wie ein Schlosshund» Friday, 11. November 2022 Sind die Bedingungen gemäss der Lebensmittelverordnung erfüllt, um Hoftötungen zu machen, können Tierhaltende – mit der entsprechenden Ausbildung – Nutztiere auch selber betäuben, töten und zum Schlachthaus bringen. Meistens wird dies von einem Metzger vollzogen, wie Eric Meili, Sekretär der IG Hof- und Weidetötung, anmerkt.

Im Graubünden sind es beispielsweise Georg und Claudia Blunier, die ihr Rindvieh mit dem Bolzenschuss-Apparat vom Metzger betäuben und entbluten lassen, im Raum Zürich sind es Nils Müller und Claudia Wanger, die ihre Tiere von der Kanzel aus schiessen und vom Metzger entbluten lassen. Alle arbeiten an denselben Zielen, allerdings mit unterschiedlichen Herangehensweisen. Diese Ziele sind: dem Tier den Transport ins Schlachthaus zu ersparen, es somit weniger Stress auszusetzen und dadurch auch die Fleischqualität positiv zu beeinflussen.

Von 45 auf 90 Minuten

Entscheidet sich ein Tierhalter für die Hof- und Weidetötung für die Lebensmittelgewinnung, gelten folgende Vorschriften (siehe Merkblatt «Fachkundigkeit für die Hof- und Weidetötung»):

  • Sicherstellen einer artgerechten Fixierung und einer anschliessenden fachgerechten Betäubung und Entblutung.
  • Bei der Weidetötung muss der Abschuss immer von einem amtlichen Tierarzt überwacht werden.
  • Bei der Weidetötung muss der Abschuss unter sicheren Bedingungen erfolgen.
  • Der Prozess wird überwacht und wenn nötig kann sofort nachbetäubt werden.
  • Das Stichblut muss aufgefangen und im Schlachthaus abgegeben werden.
  • Der Transport ins Schlachthaus geschieht innerhalb von 45 Minuten nach dem Entbluten auf dem Herkunftsbestand.

Abo Hof-und Weidetötung «Wir wollen den ‹Tote-Tiere-Tourismus› vermeiden» Friday, 21. October 2022 Der letzte Punkt dürfte in Zukunft allerdings ändern: Anfang Oktober ging eine lebensmittelrelevante Verordnung in die Vernehmlassung, worin u. a. die Hof- und Weidetötung geregelt ist. Deshalb wird aktuell darüber debattiert, ob die Limite vom Entbluten auf dem Betrieb bis zum Ausnehmen im Schlachthaus auf 90 statt 45 Minuten erhöht werden soll. Dadurch könnten auch abgelegenere Betriebe das Angebot des Hoftötens durch einen Dienstleister nutzen.

70 % laufen über Dienstleister

Obwohl bekannt ist, dass auch Tierhalter auf dem Betrieb betäuben und töten, erfolgt die grosse Mehrheit (über 70 %) der bewilligten Hoftötungen über Dienstleister, wie Doris Schneeberger vom BLV bestätigt. «Die Anzahl der effektiv durch die Dienstleister betäubten und entbluteten Tiere ist jedoch nicht bekannt», so das BLV. Laut einer Umfrage des Fachmagazins «die grüne» wurden letztes Jahr im Kanton Bern 38 Gesuche für eine Hof- oder Weidetötung eingereicht. Das sind so viele wie in keinem anderen Kanton. Im laufenden Jahr ist die Zahl der eingereichten Gesuche auf 53 gestiegen, wie das Bernische Amt für Veterinärwesen auf Anfrage schreibt.

Schnell gelesen

2021 wurden in der Schweiz über 83 Mio Tiere für die Fleischgewinnung geschlachtet. Gemäss dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen wurden davon wenige 100 auf dem Hof oder auf der Weide getötet. Die Hof- und Weidetötung ist noch eine Nische, gerade weil die Anforderungen an die Schlachtbetriebe und die Tierhaltenden, die ihre Tiere so schlachten möchten, hoch sind. Zudem muss der Metzger nicht nur in der nützlichen Fahrdistanz liegen, der innerhalb von 45 Minuten nach dem Entbluten erreicht werden kann, sondern sich ausserdem dazu bereit erklären, den Zusatzaufwand auf sich zu nehmen.