«Es hat keine Kalzium-Infusionen mehr», titelte die BauernZeitung Ende Juli. Denn trotz vielfacher Bemühungen stünden zurzeit keine in der Schweiz zugelassenen Kalzium-Infusionen mehr zur Verfügung, informierte die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST). Wie gross die Lagerbestände bei den einzelnen Praxen noch sind, könne nicht abgeschätzt werden, hiess es vor gut einem Monat. Eine Nachfrage der BauernZeitung zeigt, die Lage scheint zumindest teilweise sehr angespannt. «Wir haben noch bis November», sagt beispielsweise eine Tierärztin aus dem Kanton Bern. 

Schweizer Tierarzneimittelhersteller unter Druck

Eine der Ursachen für die Mangellage ist ein laufendes Verwaltungsverfahren, von der die Produktion der Firma Dr. E. Graeub AG betroffen ist. Hier werden Tierarzneimittel produziert. Nach einer routinemässigen behördlichen Inspektion wurde klar, dass Teile der bewährten Produktionsprozesse an die steigenden regulatorischen Anforderungen angepasst werden müssen, was wiederum mit Lieferengpässen verbunden ist.

Die Situation bei einem der letzten Schweizer Hersteller von Tierarzneimittel ist seit Monaten angespannt. Auf Anfrage der BauernZeitung bei der Zulassungsbehörde Swissmedic verweist diese an die Firma Graeub. Grund: «Das Verwaltungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.»

Abo Kühe können auch mehrere Tage nach dem Abkalben festliegen. Weil Infusionen ausgehen, muss vermehrt präventiv gearbeitet werden. Tiergesundheit Es hat keine Kalzium-Infusionen mehr Friday, 28. July 2023 Graeub-Geschäftsführer Matthias Knöri erklärt auf Anfrage: «Wir haben die Infusionslinie wieder in Betrieb, wir rechnen mit der ersten Freigabe produzierter Ware Ende Monat.» Bei der Infusionslinie ist laut Knöri vorerst einmal Calcamyl betroffen – eine Kalzium-Infusion für Kühe. «Hier konnten wir mit Sonderimporten von Calcitat einen Notstand verhindern. Für die Kund(innen) ist die Situation aber trotzdem belastend», weiss er. Zudem bedeute Produktion nicht gleich Marktfreigabe. «Dazwischen liegen wieder mehrere Wochen», so Knöri.

Bei den Injektionslösungen sei man aktuell am Hochfahren der Produktion. Parallel dazu werde auch die Produktion der Euterinjektoren hochgefahren. Hier rechne man mit einer ersten Freigabe Ende November.

Bei der Injektionslinie ist primär das Anästhetikum Morphasol betroffen, was aber für die Schweiz noch am Lager liegt und ein Notstand entsprechend verhindert werden konnte. «Bei den Injektoren steht Gentapen im Vordergrund. Hier wird aktuell auf andere Antibiotikaklassen ausgewichen, die sonst nicht First-Line eingesetzt werden», sagt Matthias Knöri.

Die oberste Priorität hat Kalzium

Die Firma setze deshalb nach dem Kalziumpräparat Calcamyl die oberste Priorität auf Gentapen, damit baldmöglichst wieder First-Line therapiert werden könne. Leider sind hier auch die behördlich auferlegten Anpassungen am grössten, so dass sich eben dieser Prozess hinzieht. Laut Knöri darf generell die Aussage gemacht werden, dass die Vermeidung von Antibiotika-Resistenzen den Einsatz von konventionellen Wirkstoffen fordert, diese Wirkstoffe aber auf dem Weltmarkt immer schwieriger zu beschaffen sind.

Ein Fazit aus Knöris Ausführungen ist schnell gemacht: Die steigenden behördlichen Anforderungen an Wirkstoffe werden wichtige bewährte Produkte verschwinden lassen, mit entsprechenden Folgen für die Resistenzlage.