Kohlköpfe sind nirgends zu finden auf dem Kabisboden. «Auch wenn man einen Zusammenhang vermuten könnte, die Geschichte hinter dem besonderen Namen ist uns nicht bekannt», sagt Nicole Frey, Bäuerin auf dem Hof auf 750 m ü. M. oberhalb von Ebnat-Kappel SG. Dafür ist der Kabisboden heutzutage bekannt für seine Truten. Ihr Mann, Hansueli Frey, hatte 2010 – weil sich gerade eine Gelegenheit bot – mit ein paar Exemplaren angefangen. «Die Tiere passten hierher, so blieben wir dabei», sagt er. Damals hätten sie noch hauptsächlich Milchkühe gehabt, wie die meisten Betriebe in der Gegend.
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Bewiligungen eingeholt
Freys liessen die Truten von Metzgereien in der Region schlachten. «Doch das Fleisch war nie so sorgfältig zerlegt, wie wir es gerne gehabt hätten», erinnert sich Nicole Frey. So kam es, dass das Ehepaar Frey vor rund neun Jahren damit begann, Pläne für eine eigene Hofmetzgerei zu schmieden. Dazu gehörte auch die Erweiterung des Stalls sowie der Neubau des Wohnhauses. Zunächst galt es jedoch, einige Hürden zu überwinden, um die entsprechenden Bewilligungen einzuholen. «Uns kam entgegen, dass wir auf dem Betrieb eine Sägerei hatten, die wir sowieso aufgeben wollten», erzählt der Landwirt. So sei es grundsätzlich möglich gewesen, ein Gewerbe weiterzuführen. Dennoch brauchte es eine Reihe weiterer Bewilligungen, für die Hofmetzgerei, für den Stall, das Haus – das Projekt als Ganzes.
Zügig voran
Dabei konnte die Familie nicht damit rechnen, bei den Ämtern und Finanzinstituten auf offene Türen zu stossen: «Gerade was eine Hofmetzgerei für Truthennen anbelangt, gab es kaum Erfahrungswerte», erläutert Nicole Frey. Doch sie hätten ihre eigenen Geschäftszahlen vorgelegt. Dass sie gelernte Köchin ist und ihr Mann ein Jagdpatent besitzt, sei ihnen wohl entgegengekommen. Das Wichtigste jedoch: «Wir selbst wussten schon damals, dass unser Projekt rentieren kann.» Nun sei es darum gegangen, mit viel Fingerspitzengefühl auch alle anderen davon zu überzeugen – was schliesslich gelang.
Nachdem Nicole und Hansueli Frey im April 2020 die Baubewilligung erhalten hatten, fingen sie gleich mit dem Hausbau an. Dabei war es von Vorteil, dass der Bauer und sein Vater ursprünglich Zimmermann gelernt hatten. So konnten sie einen Grossteil der Arbeiten in Eigenregie bewältigen, mit Unterstützung von Angehörigen und Freunden. Auch stand etwa ein Bagger zur Verfügung und das Holz kam grösstenteils aus dem eigenen Wald. Es ging zügig voran: Im Juli feierten sie die Aufrichte des Hauses, im September diejenige des Stalls.
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Verzicht auf Intensivmast
«Es war eine strenge Zeit», sagt die zweifache Mutter im Rückblick. Nebenher habe man ja auch den Hof bewirtschaften müssen. Die Familie konnte noch im selben Jahr einziehen. 2021 war dann der neue Stall bezugsbereit für seine Bewohner: Ziegen, Pferde und Truthennen. Doch noch wartete ein weiterer Brocken Arbeit. Eine Bedingung für den Erhalt der Baubewilligung war die Renaturierung des Bachs, welcher zwar der Gemeinde gehört, aber mitten durch den Hof fliesst. Auch dazu waren Vorabklärungen notwendig gewesen. Zum Glück gab es hier ebenfalls Unterstützung. Eine Nachbarin, die Ingenieurin ist, half bei den Berechnungen des Gewässerraums. «Die Sanierungsarbeiten wie etwa das Baggern haben wir selbst erledigt und mehrheitlich aus der eigenen Tasche bezahlt», sagt Hansueli Frey. Trotz der vielen Arbeit mache das Resultat Freude, fügt er hinzu und schaut auf den kleinen Bach, der nun durch den Auslauf der Pferde plätschert.
Vom Stall her ist lautes Schnattern zu hören. Es stammt von den rund 120 Truten, die in drei Gruppen gehalten werden. Die Tiere kommen im Alter von sechs Wochen auf den Betrieb. Nach einigen Wochen werden sie in Hennen und Hähne getrennt. Die Hennen werden im Alter von etwa vier Monaten geschlachtet, pro Tier werden durchschnittlich 6,5 kg Fleisch erzielt. Für die Hähne kommt der Schlachtzeitpunkt rund zwei Monate später, dafür ist pro Tier mit rund 13 kg Fleisch – also doppelt so viel – zu rechnen. «Man könnte in weniger Zeit mehr herausholen. Doch wir betreiben bewusst keine Intensivmast», betont Nicole Frey. So füttern sie die Truten zum Teil mit sojafreiem Futter sowie mit Gras und Heuwürfeln.
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«Der Mix stimmt für uns»
Einmal pro Monat findet eine Schlachtwoche statt. Am Montag metzgen Nicole und Hansueli Frey jeweils etwa 20 Truten, von Dienstag bis Freitag sind sie mit Ausbeinen, Zerlegen, Portionieren und Vakuumieren beschäftigt. Dabei erhalten sie Unterstützung von Angestellten im Stundenlohn. Am Samstag schliesslich liefern Freys das Trutenfleisch aus. «Wir vermarkten nur direkt», so die Bäuerin. «Unser Ziel ist, dass alles frisch weggeht.» Das Prinzip laute: Es werden nur so viele Tiere geschlachtet, wie Fleisch bestellt worden ist. Etwa 90 Prozent der Kunden stammt aus der Region. Nicole Frey investiert viel Zeit in die Betreuung der Kunden. Diese würden den persönlichen Kontakt schätzen, sagt sie.
Trutenfleisch ist fettarm und verfügt über einen hohen Gehalt an Zink und Vitamin B. «Die Leute sind jeweils überrascht, wie gut das Fleisch schmeckt», sagt Nicole Frey. Um das ganze Tier zu verwerten, stehen Mischpakete (unter anderem mit Schnitzel, Braten, Flügeli, Gehacktem) ab drei Kilogramm im Angebot. Freys vermarkten zudem das Fleisch ihrer Ziegen und Schweine, die in einer externen Metzgerei geschlachtet werden. Die Produkte seien ohne Nitritpökelsalz hergestellt, betont die Toggenburgerin.
Mit der Pferdepension hat sich auf dem Kabisboden ein weiteres Standbein entwickelt. Der grosszügige Offenstall mit Auslauf bietet Platz für insgesamt 10 bis 12 Pferde, eigene und betreute. «Für uns stimmt der Mix aus den verschiedenen Betriebszweigen», sagt Hansueli Frey. «Auch dass wir schwerpunktmässig auf die Truthennen gesetzt haben, hat sich bewährt.»
Betriebsspiegel Kabisboden
Nicole und Hansueli Frey
Ort: Ebnat-Kappel SG
LN: 25 ha
Tierbestand: rund 120 Truten, 80 Ziegen, 11 Pferde, 6 Schweine
Produkte: Fleischprodukte von Truten, Ziegen und Schweinen
Weiterer Betriebszweig: Pensionspferdehaltung
Vermarktung: vor allem direkt via Kundenstamm und Webseite