Die Mastrinder auf dem Hof Blomberg sind am «plärren». Am Tag zuvor wurden sie in den neu umgebauten Stall gezügelt. Für Betriebsleiter David Wanner ist damit ein grosses Bauprojekt fast abgeschlossen. «Aber es war ein steiler Einstieg», gesteht er ein.
Traumberuf Bauer
Was gibt einem jungen Mann den Mut, im heutigen herausfordernden landwirtschaftlichen Umfeld einen Hof zu übernehmen und zu investieren? «Bauer ist mein Traumberuf», erklärt David Wanner, 29-jährig. «Das brauchte keinen Mut!» Für ihn gab es nie einen anderen Lebensweg. Er hat wohl die Lehre als Landmaschinenmechaniker gemacht, denn seine Eltern wollten, dass er noch einen anderen Beruf erlernte. Nach der Rekrutenschule absolvierte er dann die Landwirtschaftslehre und besuchte den Betriebsleiterkurs.
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Einstieg mit Kartoffeln
Während der Lehre begeisterten ihn die Kartoffeln. Sein Vater, Jakob Wanner, konnte sich mit dieser Kultur nebst dem intensiven Rebbau nicht so recht anfreunden. Diesen Betriebszweig sollte sein Sohn gleich selbst übernehmen, mit all den damit verbundenen Risiken. «Das war der erste Schritt zur Hofübergabe», meint David Wanner.
Ausser den Kartoffeln war der Vater aber bis zur Übergabe voll für den Betrieb zuständig, der Sohn arbeitete bis zur Hofübernahme auf den 1. Januar 2022 auswärts. «Die ganze Verantwortung lastet jetzt auf mir», sagt der Jungbauer. «Ich manage alles, mache die Saatgutbestellung, die Buchhaltung und plane die Fruchtfolge. Vorher habe ich einen Betriebszweig gemanagt, jetzt den ganzen Betrieb.» Und dem Junior gefällt das. Die leitende Funktion zu haben, etwas führen und organisieren zu können, macht ihm Spass. «Das Miteinander, mit meiner Frau Carol, mit den Eltern, das ist schön und gibt mir Mut.»
Büroarbeit wird aufgeteilt
Seit 2017 ist David Wanner mit Carol verheiratet, das Paar hat zwei Kinder, Josia ist zweijährig und Timon neun Monate alt. «Die Kinder, das Haus und der Garten sind zurzeit mein Reich», sagt die Bäuerin. Mit Freude geht sie abends in den Stall zu den Kälbern, und wenn möglich auch mal mit dem Traktor aufs Feld. Die Büroarbeit teilt sich das Paar.
Blomberg Hof, David Wanner, Wilchingen SH
LN: 28 ha mit Kartoffeln, Getreide, Silomais, Raps
Viehbestand: Rindermast im Aufbau (bis zu 100 Tiere), ein eigenes und zwei Pensionspferde
Betriebszweig: Die Reben werden von den Eltern selbstständig bewirtschaftet.
Soziale Absicherung
Für alle auf dem Betrieb, Carol, David und die Eltern, ist die soziale Absicherung der Bäuerin ein wichtiges Thema. Carol soll entlöhnt werden für ihre Arbeit. Alle finden, das sei zu ihrem und Davids Selbstschutz, sollte sich in Zukunft etwas Gravierendes ändern.
Bei der Hofübergabe beschlossen die Eltern Margrit und Jakob Wanner, beide 62-jährig, den Hauptbetriebszweig Rebbau wie gewohnt selbst weiterzuführen. Damit können sie sich das Einkommen bis zur Pensionierung sicherstellen. Auch wollte Vater Jakob nicht einfach Angestellter sein auf dem Betrieb. «Ich habe noch nie für jemanden gearbeitet», hält er fest.
David Wanner wurde klar, wollte er ein Einkommen erzielen, wovon seine Familie leben kann, musste er den Betrieb intensivieren. So wurde der Stall für die Rindermast umgebaut und die Rapsfläche ausgedehnt. «Raps ist ein guter Stickstoffverwerter und passt gut mit der Tierhaltung zusammen», sagt er.
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Jahreseinkommen statt Lohn
Die Hofübergabe beschreibt David Wanner als reibungslos. Ein Treuhänder hat die Familie durch den Prozess begleitet und alles aufgezeigt, was zu regeln und verhandeln war. «Der Vorteil war, dass alle toll mitgemacht haben – wir, die Eltern und der Treuhänder. Das ist nicht selbstverständlich.» Die zwei älteren Schwestern waren von Anfang an voll informiert und unterstützten die Hofübergabe.
Die Finanzen verlangten von David Wanner ein rechtes Umdenken. Bis zur Hofübernahme hatte er ein sicheres regelmässiges Monatseinkommen. «Ich musste lernen, dass ich an das ganze Jahr denken muss und einkalkulieren, dass eine Kultur einmal nicht gelingt», gesteht der Bauer ein. «Jetzt kann ich das schon ziemlich gut.» Zu denken geben ihm die neuen Verordnungen mit dem Absenkpfad vom Bund. Er ist sich bewusst: «Nächstes Jahr kann ich nicht den Vater fragen, wie hast du das gemacht. Ich muss mich dann neu orientieren, mich gut einlesen und sehr früh gut planen.»
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Die Freude überwiegt
Am Vortag des Besuchs derBauernZeitung hatte die Familie die Kälber in den Umbau gezügelt. «Es ist so schön zu sehen, dass es funktioniert und es den Tieren wohl ist», freut sich David Wanner. Am meisten freut er sich, dass das Miteinander auf dem Betrieb so gut funktioniert. «Ich hatte etwas Bedenken, wie das mit dem Vater gehen wird», gesteht er. «Wir haben schon mal unsere Krisenmomente, aber wir finden uns schnell wieder.» Jeder hat seinen Betriebszweig. «Wenn dem nicht so wäre, würde es eher schwierig werden.»
Das Fazit des jungen Bauers lautet: «Bis jetzt hatten wir ein sehr gutes Jahr zum Starten. Wenn die Kartoffeln und der Rebbau noch gelingen, wäre das sehr gut für uns und käme uns gelegen. Aber das kommt gut.»
Wie die Eltern die Betriebsübergabe erlebten:
«Ich bin viel befreiter»
Wichtig bei der Übergabe war für die Eltern Margrit und Jakob Wanner die Wohnsituation. Die Grundsatzfrage war: «Bleiben oder gehen wir? Wollen wir für uns alleine wohnen oder miteinander als Generationen?» Es stehen zwei separate Häuser auf dem Betrieb, getrennt nur mit einem Zwischenraum. Die guten Beziehungen zu den Jungen gab den Eltern den Mut, zu bleiben. Ihre eigenen Erfahrungen mit den Eltern von Jakob Wanner lehrten sie, Klarheit – auch im Detail – zu schaffen. Was genau gehört zum Stöckli? Wo fängt es an, wo hört es auf? Wie wird der Garten genutzt?
«Wir sitzen regelmässig zusammen, machen eine Auslegeordnung, besprechen, was gut ist und was ansteht», sagt Mutter Margrit. «Toleranz ist wichtig. Jeder ist eine eigene Persönlichkeit und das ist zu respektieren.»
«Wichtig beim Hofübergabeprozess war, dass jeder gegenseitige Wünsche und Vorstellungen aussprach», erwähnt Jakob Wanner. «Dass wir Alten den Jungen das Recht gaben, zu sagen, was sie wünschen und nicht meinen, dass was sie sagen, sei nicht recht. Auch wir brachten unsere Vorstellungen und Wünsche ein.»
Fazit nach einem halben Jahr? «Ich bin viel befreiter», stellt Jakob Wanner fest.