Auf den Weiden in Deitingen SO sieht man bisweilen etwas Ungewohntes vor dem Bergpanorama der Jurakette: Schimmelfarbige Mutterkühe mit weit vorstehendem Brustbein. Es handelt sich um Shorthorn, eine aus England stammende Rinderrasse, die in zwei Linien einerseits für die Fleisch- (Beef-Shorthorn) und andererseits für die Milchproduktion (Dairy-Shorthorn) gezüchtet wird. Die Tiere gehören zur Herde von Simon Kaufmann, der als Einziger in der Schweiz Shorthorn auf seinem Betrieb hat.
Erster Stier aus Deutschland
Die ersten Rinder dieser Rasse hatte sein Vater Josef importiert, der einst Hochlandrinder gezüchtet hat. Auf einer Reise nach Schottland seien ihm Kreuzungen von Hochlandrindern mit Shorthorn aufgefallen und sein Interesse für diese Rasse geweckt worden, erzählt Simon Kaufmann. Der erste genetisch hornlose Shorthorn-Stier, der nach Solothurn kam, stammte aus Deutschland «dort gibt es noch mehr Betriebe mit Beef-Shorthorn», erklärt er. In Grossbritannien wird ebenfalls Fleisch von Shorthornrindern produziert, während man die Rasse in Australien und Amerika vermehrt für Milch hält.
Zutraulich und gute Mütter
Wie sein Vater hat auch Simon Kaufmann Freude an den Tieren mit ihrem eher dichten, rot-schimmelfarbenen Fell. Er beschreibt seine Shorthorn als durchwegs zutraulich, ausser in der ersten Zeit nach der Geburt. «Die Kühe haben einen ausgeprägten Mutterinstinkt. Da bin ich froh, dass man kaum je etwas nachhelfen muss», meint der Betriebsleiter. Nach zwei Wochen komme jeweils der ruhige und freundliche Charakter wieder zum Vorschein. «Während bei den Limousin auch mal eine Kuh mit viel Temperament dabei ist, sind Shorthorn eigentlich immer umgänglich», vergleicht Kaufmann die Shorthorn-Kühe mit dem Rest seiner Herde. Heute bildet Limousin den Grossteil seines Viehbestandes, nur zwei der insgesamt 35 Kühe sind noch reinrassige Shorthorn. Hinzu kommen 15 F1-Kreuzungstiere, die mal mehr, mal weniger in der weiss-schimmelfarbenen Fellfarbe nach der englischen Rasse kommen. Auffallend bei fast allen Kühen mit Shorthornblut ist das lange Brustbein, das selbst Tiere mit dem ansonsten einheitlich roten Fell der Limousin aufweisen.
Limousin passte zum Betrieb
Für Simon Kaufmann ist Shorthorn × Limousin eine gute Mischung. «Ich war auf der Suche nach einer Rasse, die in unser Talgebiet mit der guten Futtergrundlage passt», erklärt er die Wahl. Der Limousin-Stier bringe eine starke Bemuskelung und leichte Geburten mit, die Shorthorn-Seite zeichne sich eher durch Frühreife und gute Fettabdeckung aus. «Zusammen geben die beiden Rassen einen guten Heterosis-Effekt und ergänzen sich in den Kreuzungstieren», führt Kaufmann aus. Für die Produktion von Natura-Beef nutzt der Solothurner seine F1-Kühe und reinrassige Limousin.
Betriebsspiegel
Name: Simon Kaufmann
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, gelegentlich Vater Josef
Ort: Deitingen SO
Fläche: 32 ha
Tiere: 2 Shorthorn, 18 Limousin, 15 F1-Kreuzungstiere
Kulturen: Kunstwiese, Getreide, Raps, Mais, Sonnenblumen
Das Züchten habe er schon von seinem Vater her im Blut, erklärt Simon Kaufmann. Dies, obwohl er erst gar nicht Landwirt werden und als Jüngster von sechs Kindern den elterlichen Betrieb in Deitingen übernehmen wollte. «Ich habe zuerst Mechaniker gelernt und erst später als Zweitausbildung Landwirt.» Dann nahm es ihm aber doch «den Ärmel rein» und er schloss die Betriebsleiterschule und die Meisterprüfung an. Heute verkauft er ein bis zweimal pro Jahr reinrassige Limousin-Zuchtstiere am Stierenmarkt in Brunegg AG und importiert auch Tiere aus Deutschland. «Dort ist die Hornlosigkeit bei Limousin stärker vertreten. Zudem sind genetisch hornlose Stiere in der Schweiz zunehmend gefragt», erklärt er. Seine ersten Limousin kamen aus Frankreich, wo die Rasse ihren Ursprung hat. Kühe und Stiere aus dem nahen Ausland zu importieren, sei nicht wahnsinnig kompliziert, sie müssten aber sowohl im Herkunftsland als auch in der Schweiz vorübergehend in Quarantäne. Ein Bluttest soll sicherstellen, dass keine Krankheiten eingeschleppt werden.
Für alle dasselbe Futter
Seine Rinder füttert Simon Kaufmann alle gleich, «obwohl bei den Limousin mehr Mais drinläge», meint der Solothurner. Shorthorn hingegen würden zum Verfetten neigen, «da muss man aufpassen mit Mais». Da der Aufwand für eine separate Fütterung zu gross wäre, verzichtet Kaufmann ganz auf Mais in der Ration und verfüttert im Winter Grassilage und Heu. Im Sommer stehen die Tiere jeden Tag auf der Weide. Die Kälber werden auf seinem Betrieb nebst mit der Milch von der Mutter mit Mais und dem eigenen Getreidemix versorgt.
«Das wäre schade»
In seiner Herde schleicht sich die Shorthorn-Rasse langsam aus, die rot-schimmligen Kühe kommen in die Jahre und Limousin dominiert immer mehr. Ganz aufgeben will er sie aber nicht: Kaufmann hat eine seiner Shorthorn-Kühe mit Samen aus Grossbritannien belegt, um ein reinrassiges Rind nachzuholen. «Es wäre doch schade, wenn die Shorthorn ganz aus der Schweiz verschwinden würden», erklärt er lächelnd.
Die Rasse Shorthorn
Namensgebend für die aus England stammende Rasse sind die kurzen Hörner und das lange Brustbein, das weit zwischen die Vorderbeine vorsteht. Es gibt genetisch hornlose Züchtungen.
Ursprünglich eine Zweinutzungsrasse, gibt es heute einerseits auf die Milchproduktion ausgelegte Linien (Dairy-Shorthorn), andererseits solche für die Fleischproduktion (Beef-Shorthorn). Bei Shorthorn treten drei Farbschläge auf: Rotes, weisses und schimmelfarbenes Fell.
Ihr Charakter ist zutraulich, die Kühe haben einen ausgeprägten Mutterinstinkt. In der Fütterung sind Shorthorn anspruchslos, die britische Beef Shorthorn Cattle Society lobt zudem ihre gute Futterverwertung, Robustheit gegenüber winterlichen Temperaturen und die hohe Fruchtbarkeit.