Wenn Gabi Winistörfer die Pensionspferde ruft, die sie morgens zu füttern hat, kommen nur diejenigen, die sie auch ansprechen will. «Die anderen kehren sich nicht einmal um», sagt Gabi Winistörfer in der Fütterungskammer, fast selber ein bisschen erstaunt, wie gut das System funktioniert. Von den 18 Pferden, die sie im zwei Jahre alten Pensionsstall unterbringt, füttert sie am Morgen sieben selber, die anderen werden von den Pensionär(innen) selbst versorgt. «Das funktioniert gut», sagt Gabi und zeigt auf die ordentlich gestapelten Tupperware-Behälter, worin für jedes Pferd die spezifische Mischung bereit steht.
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Fünf Jahre lang planen
Die Idee, eine möglichst naturnahe und artgerechte Pferdehaltung anbieten zu können, schwebte Gabi Winistörfer schon lange im Kopf rum. Auch die Tätigkeit der Stiftung Pro Pferd, artgerechte Pferdeställe auszuzeichnen, verfolgte sie von Anfang an und hat sich nun dieses Jahr für die Auszeichnung mit dem Gütesiegel «Der Gute Stall» angemeldet (Beurteilung ausstehend). Als sie dann vor einigen Jahren das Haus ihrer Grosseltern im ländlichen Subingen (Kanton Solothurn) übernehmen konnte, zügelte sie schon etwas näher an diesen Traum. «Ohne den Zusammenschluss mit meinem Nachbarn Jürg Leuenberger wäre das Projekt jedoch nie umsetzbar gewesen», weiss die Pferdespsychologische Verhaltenstherapeutin.
«Das ist so, die Initiative für das Errichten eines Bewegungsstalls kam ganz klar von Gabi», sagt Jürg Leuenberger nach der Besichtigung der Anlage mit einem Kaffee in der Hand, Sonne im Gesicht und sichtlich zufrieden, wie alles rausgekommen ist. «Aber die Planungsphase war langwierig», erinnert sich Jürg Leuenberger zurück, denn diese ist in der Tat schon eine Weile her. «Vor sieben Jahren hatte ich die Idee, fünf Jahre haben wir geplant und Gesuche gestellt – gebaut haben wir schliesslich vor zwei Jahren», so Winistörfer.
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Milchkühe oder Aktivstall
Landwirt und Agronom Jürg Leuenberger stand vor der Umsetzung des Projekts vor einer wegweisenden Entscheidung: Entweder in der Milchwirtschaft bleiben und seine rund 30 Kühe weiter melken oder eine neue Richtung einschlagen. Er entschied sich für Letzteres und ist heute froh darum. «Wir sind motiviert, diesen Aktivstall betreiben zu können», so Leuenberger. Den Betrieb bewirtschaftet er zusammen mit seiner Frau und den Kindern weiterhin und produziert das Futter für die 18 Pensionspferde des Aktivstalls (rund 75 Tonnen jährlich). Daneben baut er Zuckerrüben, Weizen, Gerste und Mais an. «Im Herbst nenne ich das einen modernen Fünfkampf», scherzt der Landwirt, der gedanklich wohl schon bei seiner nächsten Aufgabe ist.
Weil Leuenbergers ihre Kühe diesen Sommer verkauft haben, fällt für die Düngung entsprechend weniger Hofdünger an, was Jürg Leuenberger ergänzend zum Pferdemist mit der Zufuhr von Biogasgülle kompensiert.
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Bäume mussten weichen
Nach einer langen Planungsphase wurde das Projekt gutgeheissen, unter der Bedingung, dass die alten Obstbäume wegen der Instandhaltung des Landschaftsbildes stehen bleiben. «Also bauten wir rundherum. Drei junge Obstbäume haben wir sogar versetzt», so Jürg Leuenberger. Tatsächlich sind die grosse Liegehalle mit Fotovoltaikanlage, der Sand-Reitplatz (20 × 30 m) mit Unterflurbewässerung, der lange, fünf Meter breite Trail und die zwei gedeckten Heuraufen in die Hostett eingebunden.
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«Barfussweg» für Pferde
Der mit Ecoraster unterlegte Paddock-Trail ist ein zentrales Element der Anlage. «Damit wollen wir die Wanderrouten der Wildpferde simulieren», erklärt Gabi Winistörfer, während sie die verschiedenen Abschnitte des Pfades zeigt, die teils relativ grobe Steine enthalten. Andernorts haben die Pferde die Möglichkeit, über Holzschnitzel, feine Rundkieselsteine oder Sand zu gehen. «Tatsächlich wählen einige Pferde ab und zu die groben Steine – das ist gut für die Resilienz der Hufe», beobachtet die Verhaltenstherapeutin.
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Den eigenen Rhythmus ausleben
Winistörfer ist es ein Anliegen, dass die Pferde körperlich und mental stark sind. Deshalb setzt sie auf eine naturnahe und möglichst artgerechte Haltung: «Für mich ist das die Zukunft.» In ihrem Stall können sich die Pferde 24 Stunden auf dem Trail und in der Liegehalle frei bewegen. Das Ergebnis dieser natürlichen Haltungsform mit viel Bewegung, dem engen Kontakt mit Artgenossen und der Möglichkeit zum Ausleben des eigenen Rhythmus seien gesunde und zufriedene Pferde, die ausgeglichen seien, ist Winistörfer überzeugt. Je nach Jahreszeit und Zustand der Weiden stehen der Herde die weitläufigen Weideflächen von rund 39'000 m2 inner- und ausserhalb des Paddock-Trails zur Verfügung. Zudem ergänzten die Betreibenden die Anlage diesen Sommer mit einer Wasserfurte zur Abkühlung und Beschäftigung der Pferde in den wärmeren Monaten.
Ein weiteres spezielles Element der Anlage ist die 216 m2 grosse Liegehalle, die mit Einstreu aus Miscanthus (Chinaschilf) und Leinen ausgestattet ist. Das Gemisch wirkt emissionsmindernd und wird einmal monatlich nachgestreut.
Weitere Informationen vom Betrieb finden Sie hier.
