Abo Rücktritt im Bundeshaus Jacques Bourgeois: «Herbe Niederlagen gab es nicht» Monday, 23. October 2023 Andreas Aebi öffnet die grosse, schwere Türe. «Es ist niemand da», sagt er und betritt das Bundesratszimmer im Bundeshaus. Das hier ist Aebis Welt. Der Landwirt aus Alchenstorf BE hat das politische Parkett zweifelsohne so gekonnt genutzt wie kaum ein anderer. Er wusste sich zu präsentieren, zu positionieren, war nicht selten zur rechten Zeit am rechten Ort und nutzte dort die Gunst der Stunde. Ein Vollblutpolitiker. Und das, obschon er vor 16 Jahren, vor seiner Wahl in den Nationalrat quasi als Quereinsteiger galt. Er kandidierte und wurde auf Anhieb gewählt. «Das, dank einer Landwirtschaft, die voll dahinterstand», ist Aebi heute sicher.

Fertig ist er (noch lange) nicht

Nun ist Schluss. Aufgrund der Amtszeitbeschränkung der SVP Bern tritt Aebi diesen Sonntag nicht mehr zur Wahl an. «Fertig ist man nie», sagt er, gefragt danach, wie es nach Beendigung seiner Politkarriere weitergeht. Denn da warten noch Aufgaben, die er ohne sein Nationalrats-Mandat nie in Angriff nehmen könnte. So hat ihn Bundesrat Albert Rösti als künftigen Präsidenten der Kommission für den Fonds Landschaft Schweiz vorgeschlagen. Etwas, das er gerne in Angriff nehmen werde, sagt Aebi, aber zuerst müsse er gewählt werden.

Ändern wird sich aber doch einiges im Alltag von Andreas Aebi. Am meisten Mühe haben werde er mit dem Umstand, dass er im Bundeshaus nicht mehr «einfach so reinmarschieren» könne, denn daran hat sich der Politiker, der im Amtsjahr 2020/21 den Nationalrat präsidierte, gewöhnt.

Bauer in der Aussenpolitischen Kommission

Von Beginn an war Andreas Aebi Mitglied der Aussenpolitischen Kommission. Diese sei breit abgestützt. Der Landwirtschaft nütze sie am meisten mit sämtlichen Freihandelsabkommen. Und so brauche es auch mindestens einen Bauern in dieser Kommission. Lange sei er der einzige gewesen, bis die grüne Nationalrätin Christine Badertscher hinzugestossen sei. «Es ist entscheidend, dass Bauern dort sind, ihre Sicht einbringen und mit dieser etwas bewegen», sagt Aebi. Aber wie bewegt man?

Oft und gerne auf Reisen mit anderen

Abo Erich von Siebenthal, der Bergbauer aus dem Berner Oberland, setzte sich immer stark für die Alp- und Waldwirtschaft ein. Rücktritt im Bundeshaus Erich von Siebenthal: Ein Bergler verlässt das Bundeshaus Monday, 23. October 2023 Wer ihn kennt, weiss, dass Andreas Aebi «ein Reisender» ist. Zum einen bietet der SVP-Politiker mit seinem Unternehmen Reisen in die ganze Welt an, zum anderen ist er auch in seiner politischen Funktion gerne unterwegs. So dauert es auch nur kurz, bis wir uns im Gespräch auf Reisen begeben. Auch besagte Kommission gehe jährlich auf Reisen, so Aebi. Und dort würden Dinge passieren, die alles andere als alltäglich sind. «Bauern sehen unterwegs Dinge, die andere nicht sehen», ist er sicher. Das gebe eine andere Weltanschauung und stosse bei anderen auf Interesse. «Und genauso bewegt man, indem man auf etwas aufmerksam macht, das das Gegenüber noch nie wahrgenommen hat», erklärt er.

Andreas Aebi hat diese Andersartigkeit in der Politik gezielt eingesetzt. Er arbeitete mit Emotionen, hat Vernetzungen genutzt und so versucht, Mehrheiten zu gewinnen.

Alle sollen verstehen, was er sagt

Von dieser Arbeit mit Emotionen wollten wir noch etwas mehr wissen. «Bilder», sagt Andreas Aebi. Mit Bildern habe er gearbeitet. Hin und wieder schade es sicher nichts, Paragrafen zu zitieren, er habe aber stets versucht, in Bildern zu sprechen. Vor allem deshalb, weil es wichtig sei, dass alle verstehen würden, worum es geht. «Man muss die Zuhörer möglichst rasch in den eigenen Bann ziehen, sonst bringen alle Erläuterungen und Vorbereitungen nichts», ist Aebi sicher. Und manchmal brauche es gar nicht so viel. Oft habe er den Menschen einfach das Land gezeigt, in dem er lebe, habe Menschen zusammengebracht, aus verschiedenen Regionen, verschiedenen Kulturen – und sie aufeinander wirken lassen. «Mir geht es bei so was eigentlich nur um Freuden, nicht ums Geschäft», sagt der scheidende Nationalrat und scrollt auf seinem Handy auf und ab. Vernetzen und Mehrheiten bringen im richtigen Moment, sei eine der entscheidenden Aufgaben gewesen – «ganz sicher», sagt Aebi und sucht nach Erinnerungen. Unzählige Bilder mit Staatsoberhäuptern kramt der Bauer dabei auf seinem Handy hervor. Bilder, die er dann gekonnt mit Geschichten verbindet.

Die Motion Aebi und die Milch

In spezieller Erinnerung bleibt ihm die hart umkämpfte Motion Aebi, welche zu einer Stabilisierung des Milchmarktes hätte führen sollen. Die im Juni 2010 eingereichte Motion, die in vielen Kreisen als Rezept für eine Milchmengensteuerung gehandelt wurde, stiess im Nationalrat auf positive Resonanz. Doch im März 2011 begrub dann der Ständerat das Anliegen. «Auch das gehört dazu», weiss Aebi.