«Ich habe mich schon immer für Politik interessiert. Schon als Kind, ich erinnere mich noch an die Debatten über die Schwarzenbach-Initiative», sagt Jacques Bourgeois. Für den ehemaligen Direktor des Schweizer Bauernverbandes und Freiburger FDP-Nationalrat endete kürzlich die letzte Session. 2007 war der heute 65-Jährige gewählt worden. Doch eigentlich war der Plan ein anderer: «Ursprünglich war ich dazu bestimmt, den Familienbetrieb in Vullierens VD zu übernehmen, aber eine Schulterverletzung nach einem Unfall hinderte mich daran.»
«Eine der grössten Herausforderungen wird darin bestehen, den Selbstversorgungsgrad beizubehalten, wenn zwei Millionen Menschen mehr zu ernähren sind.»
Jacques Bourgeois über die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft
Erst Gemüsebau
Der gelernte Landwirt schloss eine kaufmännische Ausbildung ab und studierte Agronomie an der Hochschule in Lullier GE. «Dank meiner Mutter fand ich eine Stelle als Allrounder bei der Schweizerischen Zentralstelle für Gemüsebau mit Sitz in Rizenbach», erzählt Jacques Bourgeois von seinen Anfängen. Eine steile Karriere begann: 1985 kam er zum Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP), wo er zwölf Jahre lang blieb, davon sieben als Direktor. 1998 holte ihn Melchior Ehrler, damals Direktor, zum Schweizer Bauernverband (SBV), um die frei werdende Stelle des stellvertretenden Direktors zu übernehmen. Von 2002 bis März 2020 war Jacques Bourgeois SBV-Direktor.
«Ich bin vor allem ein Dossiermensch, der weniger auf Parteipolitik ausgerichtet ist», sagt der Freiburger. «Verantwortung, unternehmerische Freiheit, Pragmatismus und die Suche nach Kompromissen waren meine Triebfeder.» Das war auch der Grund, warum er sich für die FDP entschied.
Nicht immer die gleiche Position
«Als SBV-Direktor habe ich mich immer für die Verteidigung der Schweizer Landwirtschaft eingesetzt. Meine FDP-Kollegen wussten das.» Bei gewissen Themen wie den Freihandelsabkommen habe seine Partei nicht die gleiche Position wie die landwirtschaftlichen Kreise gehabt, «was ich verstehe».
Jacques Bourgeois definiert sich «als Verteidiger der Landwirtschaft in ihrer Gesamtheit». Er möchte, dass die Schweizer Bauernfamilien unabhängig von ihrer Produktionsweise «weniger von Bundesbern abhängig sind und ihr Einkommen hauptsächlich durch den Verkauf ihrer Produkte erzielen». Es beschäftigen ihn die steigende Zunahme an Vorschriften, während bei jeder Budgetkürzung das Einkommen der Bauernfamilien angetastet werde.
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Kampf für den Schweizer Zucker
Jacques Bourgeois, eher als stiller Schaffer denn als Mann grosser Worte bekannt, konnte einige politische Erfolge erzielen. Neben den verschiedenen Agrarpolitiken erinnert er sich an den «langwierigen Kampf mit meiner parlamentarischen Initiative zugunsten der einheimischen Zuckerwirtschaft». Er hat ein Postulat zur Digitalisierung eingereicht, um die administrative Belastung der Landwirte zu verringern, das derzeit umgesetzt wird. «Und ich habe mich für die Betrugsbekämpfung eingesetzt und die Kohlenstoffsequestrierung im Boden thematisiert, um das Verbesserungspotenzial in diesem Bereich zu ermitteln.»
Beim Littering knapp gescheitert
Herbe Niederlagen habe es keine gegeben. «Im Jahr 2016 lehnte der Nationalrat meine parlamentarische Initiative zur Bestrafung von Littering mit wenigen Stimmen ab.» Das sei frustrierend gewesen, aber «ich hatte das Gefühl, dass ich alles versucht hatte». Doch es kam alles gut: «Derselbe Ansatz wurde kürzlich in den Gesetzesentwurf zur Entwicklung der Kreislaufwirtschaft aufgenommen.»
Wie sieht er die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft? «Eine der grössten Herausforderungen wird darin bestehen, den Selbstversorgungsgrad beizubehalten, wenn zwei Millionen Menschen mehr zu ernähren sind», dazu nennt er den Klimawandel. «Um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, sollten meiner Meinung nach neue Züchtungstechnologien zugelassen werden» – und es sei wichtig, die Digitalisierung nicht zu bremsen.
Mehr Zeit für Familie und Sport
Langweilig wird es Jacques Bourgeois in Zukunft nicht werden: «Ich bin seit Kurzem ehrenamtlich Vizepräsident des Stiftungsrats der Schweizer Berghilfe.» Ansonsten werde er einige Verwaltungsratsmandate behalten sowie «mehr Zeit für meine Familie haben und reisen». Er will weiter seine Lieblingssportarten ausüben, Radfahren im Sommer und Skitouren im Winter. «Ich plane, zum siebten Mal an der ‹Patrouille des Glaciers› teilzunehmen.»

