Abo Der Vorstand der Berner Junglandwirte mit Gastgeber Felix Neuenschwander (Zweiter von links) und Refernt Simon Lanz (Dritter von Links) AP 2030 50 Prozent produktiver werden: «Das ist nicht aus der Luft gegriffen» Sunday, 24. November 2024 Weniger Bürokratie, mehr Stabilität und faire Preise, so lauteten die Forderungen der Bauernproteste in diesem Frühling. Seitdem wurden ein neues Verordnungspaket (VP) verabschiedet und die Stossrichtungen der AP 2030 konkretisiert. Die Tagung «Update Agrarpolitik» gab einen Überblick über die politischen Entwicklungen in diesem Jahr, bei denen weniger Bürokratie, mehr Stabilität und die wirtschaftliche Situation der Landwirt(innen) tatsächlich immer wieder im Fokus standen.

Nicht alles eingeführt

Christian Hofer, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), fasste vor den Anwesenden die Neuerungen im VP 24 zusammen (u.a. Prämienverbilligung für Ernteversicherungen und besserer Schutz mitarbeitender Ehepartner(innen); wir berichteten). Die per 2027 eingeführte digitale Nährstoffbilanz werde «eine der aufwändigsten Aufzeichnungspflichten massgeblich vereinfachen», so Hofer. Die nötigen Daten würden soweit möglich automatisch bezogen, was das Risiko für Fehler reduziere und wobei der Datenschutz stets gewährleistet sei.

Erwähnenswert ist allerdings auch, worauf im Rahmen des VP 24 nach der Vernehmlassung verzichtet wurde. So gibt es bis auf Weiteres keine Pflicht, Buchhaltungsdaten für die Erhebung des landwirtschaftlichen Einkommens zur Verfügung zu stellen. Das Verbot des Mähaufbereiters auf QI-Flächen wird nicht eingeführt und der ab 2027 vorgeschriebene Versicherungsschutz für mitarbeitende Ehepartner(innen) wird nicht jährlich, sondern risikobasiert und stichprobenhaft kontrolliert. «Um mehr Stabilität zu gewährleisten, gibt es 2025 keine Änderung der Direktzahlungsverordnung», ergänzte Hofer.

«Es profitiert, wer effizienter arbeitet.»

Simon Lanz, BLW, über Lenkungsabgaben bzw. Ressourceneffizienz-Anreize.

Keine ökologischen Massnahmen

In der AP 2030 seien in Sachen Ökologie auf Stufe Produktion keine weiteren Massnahmen vorgesehen, fuhr der BLW-Direktor fort. Vielmehr solle die Wirkung der Absenkpfade beobachtet und die Wertschöpfungskette in die Pflicht genommen werden. «Es bringt nichts, wenn die Landwirtschaft immer ökologischer produziert und dann heisst es, der Konsument wolle es nicht», stellte Christian Hofer fest.

Ins Sortiment

Abo Paket verabschiedet Geänderte Verordnungen sollen Vereinfachung und Schutz bringen Wednesday, 6. November 2024 «Der Detailhandel beeinflusst die Nachfrage», sagte Simon Lanz vom Fachbereich Agrarpolitik und Strategieentwicklung beim BLW. Über Zielvereinbarungen will das Bundesamt z. B. erreichen, dass robuste Sorten ins Angebot kommen. Neben der nachhaltigen Produktion hat man bei den Zielvereinbarungen aber auch anderes im Blick, so Lanz: «Die Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen entlang der Wertschöpfungskette wirken sich auf wirtschaftliche und soziale Aspekte der Landwirtschaft aus», gab er zu bedenken. Die Grundidee der Zielvereinbarungen hat das BLW bereits mit den Detailhändlern diskutiert und sei auf offene Ohren gestossen. «Keiner hat gesagt, er mache sicher nicht mit.» Demnächst sollen Rückmeldungen dazu folgen, was sich der Detailhandel konkret vorstellen kann, umzusetzen.

Generell sei es von Bundesseite schwierig, die Wertschöpfung eines Landwirtschaftsbetriebs direkt zu verbessern, erklärte Christian Hofer. «Der wichtigste Faktor dafür ist der Betriebsleiter: Zwei Betriebe mit denselben Voraussetzungen können wirtschaftlich unterschiedlich erfolgreich sein.» Je mehr Wissen pro Quadratmeter er aufweise, desto erfolgreicher sei man, ist Hofer überzeugt. Daher soll die AP 2030 insbesondere die richtigen Rahmenbedingungen in Form guter Aus- und Weiterbildung sowie der Innovationsförderung schaffen.

«Wichtigster Faktor ist der Betriebsleiter.»

Christian Hofer, BLW, über den wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebs.

Gute Chancen

Was direkt aufs Portemonnaie der Landwirt(innen) wirkt, sind fraglos die Direktzahlungen. Für 2025 ist eine lineare Kürzung um 1,7 Prozent vorgesehen. Die Debatte im Parlament steht aber noch aus und die Chancen sind laut Christian Hofer nicht schlecht, dass die Räte bei den Sparprogrammen im Agrarsektor auf die Bremse treten. Von Kürzungen ist indes auch das BLW nicht verschont, das selbst rund eine Million Franken einsparen müsse.

Effizienz fördern

Damit Bundesgelder mit weniger administrativem Aufwand in die Landwirtschaft fliessen, arbeitet das BLW an ziel- statt massnahmenorientierten Beiträgen. Dafür sei man im Austausch mit verschiedenen Organisationen, die Nachhaltigkeitsindikatoren entwickeln, erläuterte Simon Lanz. Ein weiteres Instrument, das administrative Entlastung bringen soll, sind Lenkungsabgaben. Der Begriff ist zum Reizwort geworden, das BLW spricht mittlerweile lieber von «Ressourceneffizienz-Anreizen». Sie sollen z. B. der Stickstoff in Kraftfutter und Kunstdünger sowie Pflanzenschutzmittel – je nach dem von ihnen ausgehenden Risiko – verteuern. «Die Einnahmen fliessen nicht in die Bundeskasse, sondern von ihnen profitieren dank der Rückverteilung Betriebe, die effizienter arbeiten», so Lanz.

Die Ausgestaltung der Rückverteilung wird noch diskutiert und werde entscheidend sein für die Wirkung der Ressourceneffizienz-Anreize. Diese könnten in Zukunft die heutigen Direktzahlungsprogramme ersetzen und das System verständlicher machen. «Heute muss man die Übersicht behalten über die Anmeldung zu all den Programmen und deren Anforderungen», sagte Simon Lanz. Die neuen Anreize sollten einfacher sein und die Effizienz fördern – «nicht eine weitere Extensivierung». Definitiv sei es das erklärte Ziel, vor der Einführung der AP 2030 Vereinfachungen umzusetzen, z. B. im Kontrollwesen.

Treffen vor dem BLW

Der Plan geistert bereits seit Längerem herum, jetzt ist der Aufruf konkret: Die Protestierenden vom Frühling wollen an ihre Forderungen erinnern und richten sich damit direkt an das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Am kommenden Dienstag will man sich vor deren Sitz in Liebefeld BE treffen – ohne Traktoren, dafür mit Treicheln, Glocken und gerne der ganzen Familie. Mangels Parkplätzen ist die Reise per ÖV zu planen.

Nur eine Forderung erfüllt
Die Aktion nimmt die Forderungen von Anfang Jahr wieder auf, von denen nur eine bisher erfüllt worden sei: Die Bevölkerung habe an Abstimmungen klar ihre Wertschätzung für die Landwirtschaft zum Ausdruck gebracht. Hingegen sei bei administrativem Aufwand, Stabilität und Planungssicherheit sowie angemessener Entschädigung bisher zu wenig gegangen.

Keine Banalitäten
Die Mitteilung der Organisatoren nennt folgende Punkte:
Aufzeichnungspflicht: Keine Banalitäten, nur den Einsatz von Antibiotika und Pflanzenschutzmitteln.
Bund: Senkung der Staatsquote, keine Kürzungen beim Zahlungsrahmen für den Agrarsektor, um 50 % höhere Arbeitsproduktivität in der Bundesverwaltung, Bewilligung von Pflanzenschutzmitteln und Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln sicherstellen.
Grenzschutz: Schwierige Produktionsbedingungen und Vorschriften machten die Schweizer Produktion nicht konkurrenzfähig mit dem Ausland. Daher werde der Grenzschutz immer wichtiger und müsse besser gehandhabt werden.

Volkswillen wahrnehmen
«Bundesverwaltung und Politik müssen den Volkswillen endlich wahrnehmen und die überfälligen Forderungen umsetzen», so der Aufruf.